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Meinung: Zu welchem Preis?

Von Carsten Brönstrup

Vor fast zwölf Jahren hat die Politik begonnen, aus der verstaubten, stets verspäteten Behörde Bundesbahn ein modernes Unternehmen zu machen. Nur vor dem letzten Schritt, der Privatisierung, war sie bislang zurückgezuckt. Jetzt kann diese Phase beginnen, wo auch das letzte Expertengutachten zum Börsengang der Bahn auf dem Tisch liegt. Es geht um nicht weniger als um die wichtigste struktur- und wirtschaftspolitische Entscheidung der letzten Jahre: Soll die Bahn, die noch komplett dem Bund gehört, samt ihres 35 000 Kilometer langen Schienennetzes an private Investoren verkauft werden? Oder soll der Staat die Hoheit über das Netz behalten?

Einfache Antworten auf diese Fragen gibt es nicht. Grundsätzlich wollen zwar alle mehr Verkehr auf der Schiene. Im Detail stehen sich aber viele widerstreitende Interessen gegenüber: Die Bahnkunden wollen sinkende Preise und mehr Qualität. Der klamme Staat hofft, dass ihm der Bahnverkauf viel Geld in die Kasse spült, die Industrie wünscht sich mehr Aufträge einer wachsenden Bahnbranche mit mehr Wettbewerb – schließlich geht es um Milliarden. Und nicht zuletzt fürchtet ein angeschlagener Bahnchef Hartmut Mehdorn um sein Lebenswerk – die Sanierung des Konzerns. Denn ein Börsengang ohne Netz ist „Nonsens“, wie Mehdorn einmal eingeräumt hat. Nur die profitable Logistiksparte wäre für Anleger attraktiv, für den Rest würde kaum ein Käufer sein Geld hergeben.

Bei Telekom und Post ist die Privatisierung weitgehend geglückt, daher liegt die Messlatte nun hoch. Das neue Gutachten zur Privatisierung zeigt aber ein schwieriges Spannungsverhältnis: Will der Staat vor allem viel Geld einnehmen, wird es auf der Schiene weniger Wettbewerb geben. Verzichtet er aber auf vier bis fünf Milliarden Euro, könnte sich eine stärkere Konkurrenz entfalten, als es sie heute gibt. Doch der zuständige Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) traut sich nicht, sich eindeutig zu positionieren – trotz der jahrelangen Debatte, trotz der nun vorliegenden Expertise. Von politischem Mut und ordnungspolitischen Grundsätzen zeugt das nicht. Und es lässt befürchten, dass es eine sachliche Debatte über die komplexe Materie kaum geben wird.

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