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Meinung: Zukunft „Made in Germany“

Der Umverteilungs- sozialismus hat ausgedient Von Franziska Eichstädt-Bohlig

Deutschland durchlebt aktuell einen harten Lernprozess. Die Zeiten, in denen gesellschaftliche Probleme durch Geld und Umverteilung gelöst wurden, sind definitiv vorbei. Mehr noch als durch Praxisgebühr und die letzte Rentenreform wird durch Hartz IV offenbar, welch umfassenden Sparzwängen sich unser Land unterwerfen muss.

Hartz IV ist ein unerlässlicher Teil der notwendigen Sparmaßnahmen. Die Politik muss nun aber auch sagen, welches die Sparbeiträge der Mehrheitsgesellschaft sind: derer, die Arbeit, Einkommen und Besitz haben. Die Antwort ist nicht ganz leicht. Denn die Zeiten von national abgeschirmten Volkswirtschaften sind vorbei. Bei Steuern, Abgaben und Löhnen steht unsere Volkswirtschaft in internationaler Konkurrenz und sie kann Arbeitsplatzverlagerungen ins Ausland nicht tatenlos zusehen. Darum hat RotGrün in drei Stufen die Einkommensteuer und die Körperschaftsteuer gesenkt. Dies dient der Sicherung von Arbeitsplätzen, auch wenn es als Widerspruch zu den Hartz-Beschlüssen erscheint.

Die PDS, Attac, die Parteienneugründer und Teile der Gewerkschaften sagen: Den Gürtel enger schnallen ist nicht nötig! Wir machen einfach Steuererhöhungen und verteilen das Geld nach unten. Dies können Betroffene und Demonstranten fordern. Parteien und Gewerkschaften müssen aber ernsthaft nach Lösungen suchen, die die Zwänge der globalen Konkurrenz und die hohe Staatsverschuldung berücksichtigen.

Aber auch die Rezepte von FDP und Teilen der CDU, die weitere radikale Steuersenkungen und ein „hire and fire“ auf den Arbeitsmärkten fordern, helfen nicht. Spätestens seit diesem Hartz-Sommer wird klar, dass perfekte neoliberale Wirtschaftstheorien den Bürgern noch weniger vermittelbar sind, als die rot-grüne Politik – egal wie die Umfragewerte der CDU gerade sind.

Weder der simple Umverteilungssozialismus noch der sozial indifferente Wirtschaftsliberalismus geben die richtigen Antworten auf die Probleme. Notwendig ist ein Brückenschlag, der Gerechtigkeit, Schuldenabbau und Arbeitsplatzsicherung bestmöglich miteinander verbindet. Dazu müssen alle politischen Kräfte – nicht nur Rot-Grün – ihren Beitrag leisten. Das erfordert parteienübergreifende Zusammenarbeit.

Ohne den Faktor Arbeit unangemessen zu belasten, müssen Bund, Länder und Kommunen wieder handlungsfähig werden, um in die Zukunft unseres Landes, in Bildung und Forschung, in lebenswerte Städte und umweltverträgliche Innovationen zu investieren und damit auch Arbeit zu schaffen.

Dazu vier Vorschläge.

Erstens: Die Parteien verabreden einen nationalen Entschuldungsplan und beschließen sofort den überfälligen umfassenden Subventionsabbau von der Eigenheimzulage über das Dienstwagenprivileg bis zum Flugbenzin.

Zweitens: Die Kommunen gewinnen durch Hartz IV mehr Finanzspielraum. Um ihre Investitionskraft zu stärken, sind aber weitere Schritte nötig. Die Grundsteuer ist die legitime Kommunalsteuer zur Finanzierung der Infrastruktur. Diese Steuer muss angehoben werden. Hausbesitzer und Mieter sollten über höhere Grundsteuern ihren Beitrag zur Schaffung von Arbeit durch die Kommunen leisten.

Drittens: der Beitrag des öffentlichen Dienstes. Die Versorgung von Beamten und Politikern muss voll an die Kürzungen der letzten Rentenreform angepasst werden. Die bisher beschlossene Senkung des Versorgungshöchstsatzes auf 71,75 Prozent reicht nicht aus.

Viertens noch eine Bitte: Wer ein gutes Gehalt „Made in Germany“ hat, sollte sich hin und wieder auch Produkte „Made in Germany“ leisten.

Wenn all diese Schritte mutig angegangen werden, wird die Politik Hartz IV besser erklären können.

Franziska Eichstädt-Bohlig ist Bundestagsabgeordnete für Bündnis 90/Die Grünen, Mitglied im Haushaltsausschuss des Bundestages sowie bau- und wohnungspolitische Sprecherin ihrer Fraktion.

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