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Meinung: „Zwangs- verheiratung …

… ist ein Skandal, egal, zu welchem Kulturkreis man gehört.“ Da hilft nicht einmal das feministische große I, um den Sachverhalt korrekt zu beschreiben.

… ist ein Skandal, egal, zu welchem Kulturkreis man gehört.“

Da hilft nicht einmal das feministische große I, um den Sachverhalt korrekt zu beschreiben. Alice wird RitterIn? Vom Ritter gibt es die weibliche Version so wenig wie von der Hebamme die männliche. Aber aus Frankreich kommen Jeanne d’Arc, die Aufklärung und die Galanterie. Und die Ritterwürde der Ehrenlegion für die berühmteste deutsche Frauenrechtlerin. Sagen wir es so formal unkorrekt, wie Aufklärer, Befreiungskämpfer und die Geehrte selbst es manchmal sein müssen: Alice wird Ritter.

In Frankreich hat Alice Schwarzer in den 70er Jahren gelebt und studiert. Sie ist Simone de Beauvoir begegnet. Aus Frankreich kam der Impuls, der durch Schwarzers Initiative zum Ausgangspunkt einer neuen Frauenbewegung in Deutschland wurde: Über 300 Frauen bezichtigten sich 1971 im „Stern“ der Abtreibung, prominente Schauspielerinnen und unbekannte Sekretärinnen. Niemand wird heute bestreiten, dass diese Kampagne wesentlich zur Reform des Abtreibungsrechts beigetragen hat. Aber sehr viele Menschen würden sich darüber wundern, dass auch dieser Satz in einem Schwarzer-Buch steht: „Ich bin gegen Abtreibung.“

Denn wer so kämpft und provoziert, polarisiert auch immer. Schwarzer, Jahrgang 1942, ist seit 30 Jahren das Objekt von Häme („Macho im Rock“) und Zuneigung. Erstaunlich ist es nicht, dass sie in Deutschland mit dem Bambi, in Frankreich mit einer hohen Auszeichnung im Namen des Staatspräsidenten geehrt wird Hier zu Lande ist sie fast populär geworden, weil ihre große menschliche Wärme auf Dauer selbst die dümmsten Vorurteile über eine „Emanze“ durchdringt. Frankreich hat weniger Schwierigkeiten, eine Frau, die sich die Koffer tragen lässt, Komplimente wie Honig genießt und den Flirt am Arbeitsplatz liebt, gleichzeitig als Frauenrechtlerin zu achten – eben als einen Ritter mit einem bemerkenswerten kämpferischen Repertoire. Für das „prächtig glänzende Bambi“ hat sich die „Emma“-Herausgeberin übrigens bedankt: „Wir haben uns auch selber ziemlich amüsiert dabei.“

1979, kurz nach der Machtergreifung Chomeinis, reiste Schwarzer nach Iran. Das Etikett „Rassistin“, das ihr danach wegen ihrer Kritik anhing, schreckt sie heute so wenig wie damals, wenn es um die Menschenrechte für Frauen geht. Und so hält sie eine Multikulti-Ideologie für „verlogen“, die „anderen nicht mit der Grundhaltung der Gleichheit“ begegnet.

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