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Meinung: Zwei, die die Sache regeln

Westerwelle kann FDP-Chef bleiben – muss aber die Macht wieder mit Gerhardt teilen

Braut sich bei den Liberalen ein Putsch zusammen? Es rumort, und Namen zirkulieren. Schatzmeister Rexrodt und Parteivize Brüderle werden als Kandidaten gehandelt: Sie dächten über die Nachhaltigkeit der Ära Westerwelle nach. Der soll abgesägt werden und, wo man schon einmal dabei ist, auch gleich die mindestens so häufig peinliche wie überzeugende Generalsekretärin Pieper. So hört man.

Nun ist es fraglos richtig, dass Westerwelle dem Ende seines schwierigsten Politik-Jahres entgegenblickt. Das vergangene, 2001, brachte ihm den Parteivorsitz, einen Mitglieder-Boom, umjubelte Parteitagsreden und eine Aufbruchsstimmung, bei der sich nur noch die Frage stellte, wo die Grenze zur Vermessenheit lag. Jetzt, im November 2002, ist er im siebenten Monat der Dauer-Affäre Möllemann. Die Bundestagswahl, Fixpunkt des Aufbruchs vom Vorjahr, ging verloren, das „Projekt 18“ ist zerfleddert. Dass in einer solchen Lage Putschgerüchte aufkommen, ist weniger erstaunlich, als wenn sie ausbleiben würden.

Nun sind indes die Namen Rexrodt und Brüderle das beste Indiz für die mangelnde Ernsthaftigkeit aller Überlegungen, die Führung auszuwechseln. Rexrodt hat einen guten Berliner Wahlkampf hingelegt, er profiliert sich als Spenden-Aufklärer, aber in ihm die Zukunft zu sehen, wäre eine definitive Fehleinschätzung. Und Brüderle ist das, wogegen die gut zehntausend neuen Mitglieder eingetreten sind. Zu den Teilen, zu denen der Aufbruch stecken geblieben ist, kann die Alternative schwerlich Vergangenheit heißen.

Nein, die stets zu Kabale neigenden Liberalen stehen kaum vor einem Putsch. Wo innerparteiliche Feindschaften über Jahre so gepflegt werden wie in der FDP, ist das Reservoir an latenter Boshaftigkeit groß genug für Gerüchte, Schienenbeintritte und Sägereien an Stuhlbeinen. Wenn sich etwas tut, dann ist es eher eine Kräfteverschiebung.

Zwei Tage lang saß die Spitze der Liberalen gerade in Klausur. Fraktionschef Gerhardt, Westerwelles Vorgänger in der Parteiführung, konnte sich in der Sitzung und hernach die eine oder andere süffisante Bemerkung über Jugendlichkeit und Härte nicht verkneifen: Westerwelle habe derzeit seine Feuertaufe zu durchleiden. Gerhardt nahm billigend in Kauf, dass es so aussah, als sei er selbst wieder Parteichef und Westerwelle der Generalsekretär. Westerwelle und Gerhardt als Tandem an der Spitze der Partei, Gerhardt dazu noch als Chef der Fraktion: Das ist die neue Machtbalance.

So weit war die Partei im Januar 2001 schon einmal. Die Rückendeckung seines Vorgängers könnte Westerwelle indes eine Atempause verschaffen. Was ihm entgegenschlägt, ist keine Rebellion. Es ist eine Mischung aus Mitleid und Vorbehalten. Und der dringende Wunsch nach einem Schlussstrich. Den muss Westerwelle ziehen. Und dabei heißt sein Problem nicht Möllemann, sondern NRW.

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