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ZWISCHEN Ruf: Eine gute Ernte

Der Ton auf der Welternährungskonferenz in Rom ist erstaunlich gelassen, obwohl vor wenigen Wochen noch schwere Krisen durch Nahrungsmittelmangel vorausgesagt wurden. Aber es besteht trotzdem Handlungsbedarf: Zunächst einmal sollten die Industrieländer aufhören, ihre Erzeugnisse zu Billigpreisen auf den Weltmarkt zu drücken.

Vor wenigen Wochen galt es noch als sicher, dass viele Weltregionen in den kommenden Jahren von Hungerrevolten erschüttert würden. Die Konkurrenz um Anbauflächen zwischen Nahrung und Industrierohstoffen sei daran schuld. Außerdem äßen die Reichen und die reicher Werdenden zu viel Fleisch, und die Weltbevölkerung wachse zu schnell, als dass alle satt werden könnten. Als die Preise für Weizen und Reis in diesem Frühjahr ihren Höhepunkt erreichten, erklärten die Klimaschützer, die aktuellen Nahrungsmittelunruhen seien nur die Vorboten für klimabedingte Katastrophen.

Und jetzt? In kleinen Schritten wird die Krise abmoderiert. Selbst die Tonlage auf der Welternährungskonferenz in Rom ist erstaunlich moderat. Die eingebrachten und zu erwartenden Ernten dieses Jahres signalisieren ebenfalls Entspannung. Die Preise an den Getreide- und Reismärkten sind gegenüber den Höchstständen um ein Drittel zurückgegangen.

Zu Recht hat UN-Generalsekretär Ban Ki Moon darauf hingewiesen, dass die Industrieländer aufhören müssen, die lokalen Märkte in armen Regionen mit heruntersubventionierten Lebensmitteln zu beliefern und sie dadurch zu zerstören. Mit demselben Recht hätte er auch die Welternährungsorganisation mahnen müssen, die im Ergebnis nichts anderes tut, wenn sie in notleidenden Regionen Lebensmittel kostenlos verteilt.

Wenn die Landwirte in den Entwicklungsländern anfangen würden, ihre Flächen effizient zu bewirtschaften und ihre Ernten zu verkaufen, wäre der größte Teil des Weges schon gegangen. Dazu aber müssen die Industrieländer aufhören, ihre Erzeugnisse zu Billigstpreisen auf den Weltmarkt zu drücken. Die Aufgabe der Staatengemeinschaft ist der Abbau der Handelsbarrieren – und vielleicht auch eine strengere Aufsicht über den Zugang zum Markt für Saatgut und Pflanzenschutzmittel. Wenn sie diese Pflichten so ernst nehmen würde wie die Klage über drohende Hungersnöte, könnte sie diese eher vermeiden als mit immer neuen Ad-hoc-Programmen.

Es ist erstaunlich, dass beim Klimaschutz inzwischen viele recht zuversichtlich sind. Der Landwirtschaft traut man erheblich weniger zu. Zu Unrecht.

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