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ZWISCHEN Ruf: In der Not ist auf die Politik Verlass

Das Rettungspaket der Regierung zeigt: Wenn große Entscheidungen fällig sind, werden sie auch gefällt.

Es ist überraschend und lehrt auch den unerschrockensten Kommentator Demut: Da regt man sich jahrelang über das Mittelmaß, über mangelnde Prinzipientreue und über falsche Entscheidungen in der deutschen Politik auf. Und statt wie vermutet auch in der Stunde größter Not zu versagen, erheben sich die Kritisierten über das eigene Maß – und tun einmal das Richtige. Das ist in den vergangenen Wochen passiert, als Parlament und Bundesregierung beschlossen, einen Finanzierungsrahmen von bis zu 500 Milliarden Euro zur Rettung von Banken bereitzustellen.

Offenbar gibt es sogar ein Muster, das jedenfalls für die deutsche Nachkriegsgeschichte Westdeutschlands zuzutreffen scheint: Wenn große Entscheidungen fällig sind, werden sie auch gefällt. Und zwar meistens richtig. Wenn man nach den großen Bewährungsproben west- und dann gesamtdeutscher Politiker fragt, so haben die meisten mit ziemlicher Bravour bestanden: Die heute 60- bis 80-Jährigen haben nach dem Zusammenbrechen des Ostblocks und mit der deutschen Einheit bewiesen, dass sie mehr können als das Alltagseinerlei der Innen-, Außen- und Wirtschaftspolitik. Die noch Älteren haben mit der Ostpolitik mutige Akzente gesetzt, die erste Nachkriegspolitikergeneration hat weitblickend und konsequent die Westintegration betrieben und die richtige Wirtschaftsordnung verankert.

Natürlich kann man im Detail immer herumkritisieren. Aber die heute aktive Politikergeneration hat in den vergangenen Wochen Entscheidungen in einer Konsequenz und Eindeutigkeit getroffen, die ihr im Vorfeld niemand zugetraut hätte.

Es scheint also nicht davon abzuhängen, ob einer ein glänzender Redner ist, einen überragenden Intellekt besitzt oder ein hervorragender Analytiker ist. Es scheint nicht einmal zu schaden, wenn Menschen am Werk sind, die vor und nach der kritischen Situation kleinkrämerisch, interessengesteuert oder wahltaktisch handeln. In historischen Augenblicken scheinen die Politiker der neuesten Geschichte offensichtlich in der Lage zu sein, angemessen und richtungweisend zu entscheiden. Das ist beruhigend – und lässt auch die allfälligen Fehleinscheidungen im gesundheits, sozial-, finanz- und wirtschaftspolitischen Alltag in einem etwas milderen Licht erscheinen. Es hätte schließlich auch ganz schlimm kommen können.

Die Autorin ist Chefredakteurin von „Impulse“.

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