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ZWISCHEN Ruf: Unter Bildungsbürgern redet sich’s leicht

Bundeskanzlerin Angela Merkel informiert sich vor Ort über das Bildungssystem, um bei ihrem Bildungsgipfel im Oktober Bescheid zu wissen. Das ist gut. Die Frage ist nur, ob das Bildungssystem die richtigen Informationen produziert, mit denen Politiker treffsicher die künftigen Schwerpunkte der Bildungspolitik festlegen könnten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel informiert sich vor Ort über das Bildungssystem, um bei ihrem Bildungsgipfel im Oktober Bescheid zu wissen. Das ist gut. Die Frage ist nur, ob das Bildungssystem die richtigen Informationen produziert, mit denen Politiker treffsicher die künftigen Schwerpunkte der Bildungspolitik festlegen könnten.

Die Bildungsdiskussion wird vornehmlich von denen geführt, die sich für Bildung interessieren. Deshalb hat sie eine gefährliche Schieflage bekommen. Lehrer, Kindergärtnerinnen und Bildungsexperten haben ein Interesse daran, eine anhaltende schwelende tiefe Krise festzustellen. Täten sie es nicht, würde wohl bald öffentliches Geld abgezogen: Schließlich werden immer weniger Kinder zur Schule gehen, also braucht man eigentlich nicht mehr Lehrer. Es sei denn, man attestiert die Krise, dann braucht man immer mehr Lehrer.

Oder die Eltern. Bildungsinteressierte Eltern haben oft das Gefühl, dass die Schule schlecht ist. Das ist einerseits dem Selbstbewusstsein geschuldet, den Genpool der eigenen Kinder am besten zu kennen – und das Potenzial zu sehen, das in diesem speziellen Kind schlummert. Eltern, deren Kinder die Schulzeit bereits hinter sich haben, reden auch aktiv mit. Sie haben mit den eigenen Kindern gelitten, ihre Frustrationen ertragen und sind heute genau wie die Kinder überzeugt, dass die mangelhafte Schulbildung daran schuld war, dass es jetzt mit dem Soziologiestudium nicht richtig vorangehen will.

All diese Gruppen bestimmen den Ton der Bildungsdiskussion. Sie gehören in der Regel zu den aktiven Wählern. Deshalb ist es besonders attraktiv, eine Bildungspolitik abzuliefern, die ihnen entgegenkommt. Genau das passiert im Augenblick. Wir beobachten nicht nur die Bundeskanzlerin dabei, wie sie Musterschulen besucht, in denen nach den Vorstellungen der gebildeten Mittelschicht gelehrt und gelernt wird.

Ob dabei am Ende die Bildungspolitik herauskommt, die für die echten Problemfälle die richtigen Rezepte hat, darf nicht nur, es muss bezweifelt werden. Die uninteressierten Schulabbrecher findet man so nicht, deren Eltern spürt man so nicht auf. In den schwierigen Stadtvierteln der Großstädte fehlt es nicht an Bildungsangeboten, es fehlt an Integrationsbereitschaft und -fähigkeit. Und an Wählern. Weshalb am Ende des Merkel’ schen Bildungsgipfels vielleicht ein Plan stehen wird, der den Bildungsbürgern gefällt. Aber sicher keiner, der Bildungsbürger herstellt.

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