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Brandenburg: Ministerium spendierte Springbrunnen für Bäckerei

Rechnungshof legt Jahresbericht vor – und rügt neben Verschwendung auch erneut die mangelnde Aufarbeitung der Trennungsgeldaffäre

Potsdam - Durch unrechtmäßige Zahlungen von Trennungsgeld an Landesbedienstete ist Brandenburg ein Gesamtschaden von 5,3 Millionen Euro entstanden. Das hat der Landesrechnungshof in seinem Schlussbericht zur Trennungsgeldaffäre festgestellt, der gestern zusammen mit dem Jahresbericht 2006 veröffentlicht wurde. Insgesamt wurden von 1160 überprüften Zahlungen der Entschädigung für getrennten Wohn- und Arbeitsort an Landesbedienstete 735 Fälle beanstandet – 63,4 Prozent. Gerügt werden „vielfältige Verstöße“ gegen geltendes Recht bei der Bewilligung, aber auch ein „teilweise unangemessenes Anspruchsdenken der Bediensteten“. Viele hätten Trennungsgeld kassiert, obwohl sie nie vorhatten, aus den alten Bundesländern nach Brandenburg umzuziehen, was aber die Voraussetzung für Entschädigungszahlungen gewesen wäre.

Auffallend: Die höchste Schadenssumme ist nach dem Rechnungshofbericht mit 1,35 Millionen Euro in der Justiz entstanden, wo aus den alten Bundesländern nach Brandenburg gekommene Richter und Staatsanwälte selbst in höchsten Positionen unrechtmäßig Trennungsgeld in erheblicher Höhe kassierten. Im Gegensatz dazu steht die vom Landesrechnungshof genannte geringe Rückforderungssumme in der Justiz von 230 000 Euro. Zum Vergleich: Im Wissenschafts- und Kulturministerium sind bei einer Schadenssumme von insgesamt 1,2 Millionen Euro immerhin rund 800 000 Euro zurückgefordert worden. Dort sind viele Professoren betroffen.

Die PDS/Linkspartei mahnte die Landesregierung gestern, die Rückforderung von unrechtmäßig gezahltem Trennungsgeld „konsequent durchzusetzen“, anderenfalls werde man einen Untersuchungsausschuss beantragen. Es könne nicht hingenommen werden, dass die einzelnen Ministerien bei der Aufarbeitung der Affäre und den Rückforderungen unterschiedliche Maßstäbe anlegten.

Laut Rechnungshof wurden auch Beihilfen für Heimfahrten zu Unrecht gewährt. In 68 Fällen könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Bediensteten für Heimreisen mit dem Flugzeug Bonusmeilen erworben und später für private Flüge in Anspruch genommen haben. In 111 Fällen kassierten Landesbedienstete nach dem Prüfbericht überhöhte Kosten für Zweitwohnungen am Arbeitsort.

Von der Trennungsgeld-Affäre abgesehen rügt der Rechnungshof in seinem Jahresbericht auch zahlreiche andere gravierende Fälle von laxem Umgang mit Steuergeldern und Verschwendung durch Behörden des Landes. Wiederum steht hier das Justizministerium in der Kritik: Die von Amtsgerichten eingesetzten Vormünder, Pfleger und Betreuer für altersdemente oder alkoholkranke Menschen hätten zwischen 2000 und 2004 über eine Million Euro Vergütungen und Aufwandsentschädigungen zu Unrecht kassiert. Die Ursachen sind die gleichen wie bei der Trennungsgeldaffäre: Es wurde ohne Nachprüfungen gezahlt, und dem Ministerium fiel auch die Kostenexplosion auf 14,6 Millionen Euro – mehr als das Doppelte – in nur vier Jahren nicht auf. In einem Fall kassierte eine Betreuerin in einem Jahr 245 100 Euro. Rechnerisch hätte sie für diese Summe täglich 27,5 Stunden arbeiten müssen. Eine andere wäre, legt man ihre Abrechnung zugrunde, auf einen durchschnittlichen Arbeitstag von 22,5 Stunden gekommen. Der Rechnungshof sieht zumindest in diesen beiden Fällen den Straftatbestand des Betruges erfüllt. Er forderte vom Justizministerium strafrechtliche Konsequenzen und Rückforderungen.

Kritikwürdig ist laut Rechnungshof auch nach wie vor der teilweise laxe Umgang mit Fördermitteln: So sind zum Beispiel einem Backwarenbetrieb vom Wirtschaftsministerium anstandslos auch die Kosten für die Anschaffung eines Springbrunnens ersetzt worden, obwohl „keinerlei Bezug zum Förderziel“ bestand. Bis zu 30 Prozent überhöhte Mittel zahlte das Umweltministerium für die Gewässersanierung an Verbände und Kommunen aus. Grund: Die Kalkulationen waren „zum überwiegenden Teil unangemessen hoch“. Die abgerechneten Stundensätze lagen zum Teil 75 Prozent über denen von gewerblichen Unternehmen.

„Massive Verstöße“ gegen das Vergaberecht hat der Rechnungshof auch im Straßenwesen festgestellt: So wurden in einer Region Aufträge in Millionenhöhe immer nur an zwei Firmen vergeben. Der Rechnungshof äußerte Korruptionsverdacht. Weil bei der Vergabe von Fördermitteln für ein privates Wohnungsbauprojekt in der „Waldstadt Wünsdorf“ auf Sicherheiten verzichtet wurde, entstand dem Land ein Schaden von mindestens 7,1 Millionen Euro. Überhaupt scheint das Bau- und Verkehrsministerium besonders großzügig zu sein: Der Deutschen Bahn AG und anderen Betreibern wurden überhöhte Finanzhilfen für Bahnhöfe gewährt.

Michael Mara

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