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Brandenburg: Mit dem Bordellkönig paktiert

Turbulenter Prozeßauftakt gegen früheren Chefermittler der Frankfurter Polizei VON CLAUS-DIETER STEYER, FRANKFURT (ODER)Vorlage des Personalausweises, Leibesvisitationen und mehrfach Verweis von Besuchern aus dem Gerichtssaal: Der Prozeß gegen den früheren Chefermittler für organisierte Kriminalität der Polizei in Frankfurt (Oder), Siegfried Schmidt, sowie zwei mutmaßliche Zuhälter und Menschenschmuggler vor dem Frankfurter Landgericht begann turbulent.Die Angeklagten fürchteten angeblich um ihr Leben.

Turbulenter Prozeßauftakt gegen früheren Chefermittler der Frankfurter Polizei VON CLAUS-DIETER STEYER, FRANKFURT (ODER)

Vorlage des Personalausweises, Leibesvisitationen und mehrfach Verweis von Besuchern aus dem Gerichtssaal: Der Prozeß gegen den früheren Chefermittler für organisierte Kriminalität der Polizei in Frankfurt (Oder), Siegfried Schmidt, sowie zwei mutmaßliche Zuhälter und Menschenschmuggler vor dem Frankfurter Landgericht begann turbulent.Die Angeklagten fürchteten angeblich um ihr Leben.Ihren Antrag, die Öffentlichkeit auszuschließen, lehnte das Gericht ab. Der Vorsitzende Richter Jochen Schuster ließ sich selbst von der Information über die Tötung einer Vertrauensperson des 51jährigen Kriminalhauptkommissars nicht irritieren.Nach Angaben des Verteidigers hat sich Schmidt zum Zeitpunkt des Todes gerade in Untersuchungshaft befunden.Der Zusammenhang mit den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sei also offensichtlich.Doch der Richter blieb unbeirrt: "Ich sehe keine unmittelbare Gefährdung der Angeklagten, vorerst jedenfalls". Die Gründe für die Verhaftung des inzwischen entlassenen Schmidt erschütterten im Mai letzten Jahres die Brandenburger Polizei.Denn der seit 1969 bei der Frankfurter Kriminalpolizei beschäftigte und nach der Wende zum Referatsleiter aufgestiegene Schmidt förderte zwei Jahre genau das, was er bekämpfen sollte: Er paktierte mit der Rotlichtszene.Davon ist die Staatsanwaltschaft überzeugt, und Schmidt räumte am ersten Verhandlungstag teilweise seine Taten ein. Detailliert entwirrte Staatsanwalt Michael Lumm die Verstrickungen des bieder wirkenden Polizisten mit der Branche der Zuhälter und Menschenschmuggler.Im Zuge seiner Ermittlungen war der Kommissar im Frühjahr 1994 auf den jetzt neben ihm auf der Anklagebank sitzenden 43jährigen Peter R.gestoßen.Dieser als "Bordellkönig von Ostbrandenburg" bekannte Lackierer muß sich wegen Förderung der Prostitution und der Zuhälterei sowie schweren Menschenhandels und Bestechung verantworten.In seinen Etablissements in Frankfurt, Eggersdorf, Seelow, Eisenhüttenstadt und Melchow soll er vorwiegend ukrainische Frauen illegal beschäftigt haben.Diese waren unter anderem von dem ebenfalls angeklagten russischen Staatsbürger Victor S.vermittelt worden.Peter R.habe die Frauen gezwungen, zwei Drittel der Einkünfte abzugeben und den sogenannten Kaufpreis von 2000 bis 3000 DM "abzuarbeiten", hieß es in der Anklage. Das Geschäft in den Bordellen lief ausgezeichnet und vor allem ungestört von der Polizei.Vor dieser schützte der Kriminalhauptkommissar."Er verhinderte Ermittlungen, warnte vor Razzien und verriet Dienstgeheimnisse", sagte Staatsanwalt Lumm.Der Bordellkönig revanchierte sich auf seine Weise: Er soll mehrfach Dienste von Prostituierten angenommen haben.Außerdem liegt der Verdacht nahe, daß Peter R.dem Polizisten manchen Tip aus seiner Szene gegeben hat.Dafür sprechen gelungene Einsätze bei den Konkurrenten im Rotlichtmilieu.Die Erfolge brachten dem Chefermittler Anerkennung bis ins Innenministerium ein, bis zum Mai 1996 jedenfalls.Möglicherweise resultiert aus dieser engen Verbindung auch die heutige Angst der Angeklagten um Leib und Leben.Damals verhaftete Kriminelle könnten Rache nehmen."Jeder, der in den letzten Jahren in diesem Metier etwas mit der Polizei zu tun gehabt hatte, könnte jetzt die Angeklagten als Urheber hinstellen", sagte der Verteidiger von Peter R., Peter Weis. Vehement setzte sich Schmidt gegen die behauptete KGB-Connection zur Wehr: "Es gab nach der Wende keinen Kontakt zum sowjetischen Geheimdienst.Auch meinen Mitangeklagten aus Rußland habe ich vorher nicht gekannt." Zwar sei er von 1975 bis 1980 Verbindungsmann der Frankfurter Polizei zum KGB gewesen.Doch danach seien alle Kontakte abgebrochen.

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