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Brandenburg: Mit ganzer Härte

Staatsanwalt fordert langjährige Haftstrafen für drei Skinheads, die einen Mann fast zu Tode gefoltert haben

Von Frank Jansen

Frankfurt (Oder) - Der Staatsanwalt sprach mit mechanischer Stimme und so eilig, als wollte er das Grauen möglichst schnell hinter sich bringen. Die von den Angeklagten gezeigte Brutalität und Menschenverachtung werde ihm und den Zuhörern dieses Verfahrens noch lange in Erinnerung bleiben, sagte Jörg Tegge gestern in seinem Plädoyer im Prozess am Landgericht Frankfurt (Oder). Nachdem er noch einmal die sexuelle Misshandlung und die vielen weiteren Qualen geschildert hatte, die der arbeitslose Gunnar S. vor einem Jahr erdulden musste, forderte der Staatsanwalt für drei Skinheads und zwei Frauen teilweise harte Strafen – wegen gemeinschaftlicher Vergewaltigung, gefährlicher Körperverletzung, Freiheitsberaubung, Nötigung, Hausfriedensbruchs und Sachbeschädigung.

Gunnar S. war, wie berichtet, am 5. Juni 2004 in Frankfurt (Oder) von der Clique gezwungen worden, in eine Wohnung mitzukommen und sich auszuziehen. Ronny B., dessen Vorstrafen kaum zu zählen sind, vergewaltigte Gunnar S. mit mehreren Gegenständen. Das Opfer erlitt lebensdrohliche innere Blutungen. Die anderen Skinheads schlugen und traten auf Gunnar S. ein. Ihm wurden außerdem zahlreiche Brandwunden zugefügt. Und er musste Rasierschaum, Weichspüler, verdorbenen Saft sowie andere Dinge schlucken. Ronny B. stach auch mit einem Messer und einer Gabel auf ihn ein. Das Leben des Opfers konnten die Ärzte im Klinikum Frankfurt nur mit einer Notoperation retten. Gunnar S. ist für unabsehbare Zeit hochgradig traumatisiert.

Ronny B., 29, mutmaßlicher Anführer der Clique, soll 14 Jahre und sechs Monate für die grausige Tat büßen. Außerdem sei B. wegen seines Alkohol- und Drogenkonsums in einer Entziehungsanstalt unterzubringen. Der glatzköpfige David K., 23, müsse zehneinhalb Jahre in Haft und ebenfalls in eine Entziehungsanstalt eingewiesen werden. Daniel K., 21, soll für den Gewaltexzess neuneinhalb Jahre büßen. Für die zwei weiblichen Angeklagten, Ramona P., 25, und Stephanie L., 20, forderte der Staatsanwalt jeweils zwei Jahre Haft – die zur Bewährung ausgesetzt werden sollten.

Das kam etwas überraschend. Tegge hatte zuvor geschildert, wie die beiden Frauen die Skinheads angefeuert und unterstützt haben sollen. Der Staatsanwalt ging dann sogar über die Anklage hinaus, in der den Frauen „nur“ Beihilfe vorgeworfen wird. Nach Ansicht des Staatsanwalts sind Ramona P. und Stephanie L. aber Mittäter. Sie haben allerdings keine Vorstrafen und waren geständig.

Der Anwalt des Opfers, Martin Rubbert, betonte den rechtsextremen Hintergrund der Tat. Der Angeklagte Daniel K. hatte Gunnar S. mit den Worten erniedrigt, „du bist weniger arisch als mein Hund“. Die drei Männer und zwei Frauen folgten den Plädoyers ohne erkennbare Regung – in ihren Schlussworten beteuerten sie, das Geschehene tue ihnen Leid.

Die Verteidiger forderten deutlich geringere Strafen: für Ronny B., den mutmaßlichen Anführer, der im Vollrausch gehandelt habe, vier Jahre, für Daniel K. fünf und für David K. sechs Jahre: Ihre schwere Kindheit und der Alkoholkonsum müssten berücksichtigt werden; zudem sprächen für die Angeklagten ihre Geständnisse. Eine Mittäterschaft der beiden Frauen verneinten ihre Anwälte und forderten milde Strafen.

Das Urteil will die Strafkammer am Freitag verkünden.

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