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Eleganz: Das Design des A8 wurde stilvoll ans Jahr 2014 angepasst - auch mit dem Single-Frame-Kühlergrill.

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Fahrbericht Audi A8 4.2 TDI: Kultivierter Luxusdampfer

Stilsicher außen, Wellness im Innenraum - und ein Kraftpaket unter der Haube: Der neue Audi A8 zeigt, was die Ingolstädter können. Dabei verzeiht man der Luxuslimousine (fast) alles...

Oft sind es ja im Leben die kleinen Dinge, die den Unterschied machen. Das gilt ganz besonders für die automobile Oberklasse. So gesehen dürfte es für den Audi A8 4.2 TDI gar nicht mal so schlecht aussehen. Denn man hat früher schon in Ingolstadt und Neckarsulm, wo der A8 beim Nobel- und Sport-Ableger Quattro GmbH sein Finish erhält, feine Ideen für das gewisse Extra gehabt. Aber in der Nobel-Klasse geht es auch um Image, um Renommee.

Auf diesem schwer definierbaren Terrain müht sich Audi zum Klassen-Primus, der Mercedes S-Klasse, aufzuschließen.  Die Schwaben verzeichnen in diesem Jahr bis Oktober von ihrem recht neuen Modell, 2013 vorgestellt, fast 7400 Zulassungen hierzulande. Den BMW 7er haben die Ingolstädter dagegen mit knapp 3000 Zulassungen (BMW: 1771 Zulassungen) schon überholt. Platz eins ist also ziemlich weit weg und ausruhen sollte sich Audi auf dem zweiten Platz auch nicht. Denn die ersten Erlkönige des neuen 7ers wurden schon gesichtet. In zwei Jahren bei seinem Markteintritt dürften die Karten neu gemischt werden.

Ein Alleinstellungsmerkmal hat der Audi A8 in jedem Fall gegenüber seinen Mitbewerbern: Einen bärenstarken V8-Diesel. Den gibt es so bei den Anderen nicht. Audi zeigt sich in diesem Bereich den Downsizing-Ambitionen der Branche resistent und setzt weiter auf einen 4,2 Liter großen Achtender, statt auf aufgereihte Sechszylinder. Eine feine Sache ist das, aber dazu später mehr. Starten wir in den Praxistest mit Audis Flaggschiff mit magischen Acht.

Luxus: Innen zieht Audi alle Register.
Luxus: Innen zieht Audi alle Register.

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Außen und Innen

Wir wollen jetzt nicht einstimmen in den Kanon, der da die Litanei vom stehengebliebenen Design singt. Der Audi A8 zeigt am markanten Single-Frame mit seinen oberen, abgeflachten Ecken die ersten Versuche diese Design-Stilikone in eine neue Zeit zu transportieren. Bei diesem Modell ist die klassischen Optik derer mit den vier Ringen von Audi auf jeden Fall am stimmigsten, wirkt immer noch stilsicher und elegant. Umso mehr, wenn die Matrix-Voll-LED-Leuchten in der Front sitzen. Dann sieht der Audi A8 fast schon wieder futuristisch aus. Gefällig ist die sanft nach hinten abfallende Dachlinie, die das voluminöse Heck geschickt veredelt.

Innen zeigt Audi, was in der Oberklasse möglich ist, wenn Geld so gut wie keine Rolle spielt. Im Gegensatz zu manch anderem Auto steht der Armaturenträger gerade wie ein Staudamm im Raum. Das 10,2 Zoll große Display thront darauf wie ein Bildschirm aus dem Raumschiff Enterprise. Der Mitteltunnel, das Armaturenbrett und die Türen zeigen Echtholz-Applikationen mit feinem, schützendem Klarlack obenauf. Alles ist sauber verarbeitet, besonders das edle Leder sitz wie angegossen. Audi ist bekannt für seine sehr gute Verarbeitung. Wer das nicht glaubt, der sollte sich unbedingt mal in einen A8 setzen. Da zeigt Ingolstadt, respektive Neckarsulm, welche Qualität in Serie, wenn auch Kleinserie, machbar ist.

Wellness auf Rädern: Die Massagesitze im Audi A8 müssen gefühlt 100 Elektromotoren haben.
Wellness auf Rädern: Die Massagesitze im Audi A8 müssen gefühlt 100 Elektromotoren haben.

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Sitzen und Laden

Die Sitze im Audi A8 müssen gefühlte 100 Elektromotoren haben. Zumindest ist so gut wie alles an diesem Gestühl elektrisch einstellbar. Daher wäre es wirklich schwer zu sagen, man sitze in diesen Sesseln nicht mehr als ordentlich. Die Sitzfläche ist jedenfalls sehr kommod. Alles andere ist im wahrsten Sinne des Wortes Einstellungssache. Nicht mehr einzigartig, aber immer noch sehr angenehm ist die Massagefunktion mit fünf verschiedenen Programmen. Der gestresste Manager sollte sich so mit etwas Wellness unterwegs versorgen können. Auf langen Fahrten ist die Funktion so angenehm, dass man nach ein paar Minuten vergisst, dass sie aktiviert ist. Ob es wirkt? Schaden tut es erst mal nicht. Ob man es braucht? Auch das Einstellungssache, aber wer 3020 Euro zuviel auf dem Konto hat, sollte einen Gedanken daran verschwenden. Immerhin kommt gleichzeitig die Sitzbelüftung für den Sommer mit. 

Auch über Fragen des Platzangebots ist der Audi A8 im Grunde völlig erhaben. Mit einer Länge von 5,13 Metern und einem Radstand von knapp drei Metern wäre auch alles andere eine große Überraschung. Und daher gibt es fast logischerweise selbst im Fond nichts zu mäkeln. Bei unserer fünfsitzigen Version ist selbst der Platz in der Mitte als vollwertig zu bezeichnen. Übrigens gibt es die 100 Elektromotoren samt Massagefunktion auch für den Fond. Dann allerdings nur mit zwei Einzelsitzen.

Etwas enger sieht es hingegen beim Kofferraum aus. 490 Liter ist das Gepäckabteil groß und das ist schon recht gut. Den klassischen Vergleich mit dem VW Golf (343 Liter) möchte man da gar nicht anstellen. Auch der Blick auf die Mercedes S-Klasse (510 Liter) ist eigentlich müßig. Im Vergleich zum BMW 7er (370 Liter) ist der Gepäckraum dagegen regelrecht üppig.

Allerdings ist die Ladekante mit 69 Zentimeter leicht erhöht und die untere Kante der Klappe mit 92 Zentimetern nicht unbedingt sehr breit. Sprich: Für sperrige Gegenstände ist das Ganze nicht unbedingt optimal. Legen wir aber hier den Realitätscheck an und fragen uns, ob der Manager oder Geschäftsführer tatsächlich den Weihnachtsbaum fürs Eigenheim da reinstopfen möchte. Die Antwort lautet: Eher nein. Insofern kein Punktabzug in dieser Kategorie. Für den Golf-Bag und die Rimowa-Koffer jedweder Größe reicht das Abteil allemal. Reist der Nachwuchs mit, dann dürfte es allerdings eng werden.

Wucht: Der Achtzylinder im Audi A8 4.2 TDI zieht kraftvoll an.
Wucht: Der Achtzylinder im Audi A8 4.2 TDI zieht kraftvoll an.

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Fahren und Tanken

Kommen wir zurück auf das Alleinstellungsmerkmal: Unter der Haube sitzt ein Achtzylinder-Diesel mit doppelter Turboaufladung und einem Commonrail-Einspritzsystem mit Piezo-Injektoren. Das heißt grob übersetzt: Dampf ohne Ende. Schon bei knapp über 1000 Umdrehungen liegen 400 Newtonmeter an, bei 200 Umdrehungen pro Minute kommt die volle Wucht von 850 Newtonmeter an der Antriebswelle an. Und selbst bei dieseluntypischen Drehzahlen von 4500 U/Min schiebt dieser Audi A8 4.2 TDI noch mit 500 Newtonmeter nach vorne.

In der Praxis bedeutet das erst mal, dass es sich in der Stadt empfiehlt im Grunde alle halbe Sekunde seine Geschwindigkeit zu kontrollieren. Schon die kleinste  Bewegung mit dem Gasfuß kann dieses Auto in Geschwindigkeitsbereiche führen, bei denen der Führerschein in Gefahr ist. Glücklicherweise blendet die Anzeige stets das aktuelle Tempolimit ein und über das Bordmenü lässt sich der Audi A8 handzahm abstimmen. Dann gleitet der Ingolstädter dahin, wie eine Sänfte.

Dennoch: Über die Avus entschwinden wir der Stadt gen Autobahn. Auf der A2 angekommen darf der Achtzylinder sich austoben. Wobei das wilder klingt als es sich anfühlt. Dank adaptiver Luftfederung (Serie) und hervorragender Dämmung kommt von der Geschwindigkeit im Innern kaum etwas an. Selbst als Fahrer lässt sich das wahre Tempo gut und gerne unterschätzen. Bis Tempo 100 benötigt der Audi A8 mit V8 ganze 4,7 Sekunden. Ein Wert, der schon in der Liga potenter Supersportwagen spielt. Für die 200 Stundenkilometer braucht er weniger als zehn Sekunden. Bei 250 springt der elektronische Begrenzer ein und zügelt die Kraft auf das mit der Physik und der Straßenverkehrsordnung gerade noch zu Vereinbarende. Die geballte Kraft dieses Bullen unter der Haube schiebt auf Wunsch in jeder Lebenslage mit einer brachialer Vehemenz nach vorne.

Nachdem uns die Geschwindigkeitsbegrenzung des Berliner Rings wieder einfängt beginnen wir mit der Verbrauchsfahrt. Mit 7,4 Litern steht der Audi A8 mit dem V8 auf dem Papier. Das ist für ein Auto mit einem Gewicht von mehr als zwei Tonnen schon ambitioniert. Also fahren wir an die nächste Tankstelle und starten der Fairness halber noch mal neu mit vollem Tank und normalen Tempo. Der Weg führt uns über Oranienburg in einem Bogen wieder in die Stadt. Auf der Landstraße signalisiert uns der Bordcomputer schon Werte von fünf bis sechs Liter, in der Stadt springt der Wert dann allerdings nach oben und unter zehn Liter ist der Bordcomputer dann nicht mehr zu bekommen. Kein Wunder, denn bei relativ gleichmäßigen Geschwindigkeiten im Teillastbereich profitiert das 4,2-Liter-Kraftpaket von seiner Zylinderabschaltung. Vier der acht Zylinder drehen ohne aktive Einspritzung in diesem Fall mit. Das ist der Optimalfall für diese Technik. In der Stadt kommt der Audi A8 selten in die Lage, dass sich die Zylinderabschaltung überhaupt aktiviert. Ständiges Anfahren und Abbremsen dieses Gewichts gehen führen eben unweigerlich zu erhöhtem Spritkonsum.  In der Summe rechnen wir nach gut 200 Kilometern gemessenem Verbrauch einen Verbrauch von 9,2 Liter ab. Bei hohem Stadtanteil immer noch ein respektabler Wert.

Bescheiden: In Sachen Rundumsicht hat der Audi A8 noch Nachholbedarf - auch wenn das Modell eher zu der Sorte "Kamera statt Schulterblick" gehört.
Bescheiden: In Sachen Rundumsicht hat der Audi A8 noch Nachholbedarf - auch wenn das Modell eher zu der Sorte "Kamera statt Schulterblick" gehört.

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Hören und sehen

In Sachen Rundumsicht gibt der Audi A8 ein eher bescheidenes Bild ab. Nach hinten geht es noch , schräg nach hinten geht gar nichts und zur Seite ist es auch mager. Gut, dieses Modell gehört eher zu der Sorte, Kamera statt Schulterblick, Parkassistent statt akustische Warnung. Daher wird man es ihm verzeihen. Aber in einer Stadt wie Berlin mit vielen Radfahrern und Fußgängern samt Kindern macht das schon etwas nervös.

Da helfen auch nur wenige  Assistenten. Einer davon allerdings schon: Der Nachtsichtassistent erkennt nun auch Fußgänger und sogar Wildtiere. Bis zu einer Entfernung von 130 Metern werden Mensch und Tier im Cockpit-Display angezeigt. Bei einer Gefahrensituation werden Menschen, die Tiere nicht, mit einem kurzen Lichtimpuls angeblinkt und sollen so gewarnt werden. Ganz offen: Wie sozialkompatibel dieses System in der Praxis ist, wollten wir jetzt nicht ausprobieren. Obwohl das vielleicht in so manchem Berliner Stadtteil durchaus hätte interessant werden können. Möglicherweise aber auch auf eine weniger angenehme Art.

Um den großen Rest der ganzen Assistenten zu beschreiben fehlt selbst bei diesem ausführlichen Praxistest der Platz. Drei aus der Armada seien noch hervorgehoben: Die Matrix-LED-Scheinwerfer können als nützliches Feature wirklich überzeugen. Und das schreibt jemand, der sonst so gut wie nie Fernlichtassistenten einsetzt. Wir sind auf der Langstrecke mehrere hundert Kilometer bei Dunkelheit gefahren ohne den Bedienstock in Sachen Licht zu berühren. Zweitens macht die Bang-&-Olufsen-Lautsprecheranlage mit ihre ausfahrenden Hochtönern in der Front optisch mehr her, als sie subjektiv gesehen akustisch überzeugt. Und drittens darf man sich jetzt schon auf das vollgrafische Display aus dem TT freuen, wenn es im Audi A8 Einzug hält. Denn dann bekommt diese ganze Technik noch mal den Rahmen sie entsprechend zu würdigen.

Wählen und zahlen

So schön, so kraftvoll und so kultiviert dieser Achtzylinder-Antrieb auch ist. Audi lässt ihn sich ordentlich bezahlen. Den günstigsten Audi A8 gibt es ab 76 700 Euro mit dem drei Liter großen Diesel an Bord. Der Sprung zu dem V8 ist dann aber mit mehr als 20 000 Euro doch enorm. Selbst in der Manager-Liga ist das kein Pappenstiel. Um diesen Schmerz zu lindern hat Audi allerdings in der Ausstattung was draufgepackt. So gibt es Leder in Serie, 18-Zoll-Räder und eine Sitzheizung für die vorderen Plätze. Nicht zu vergessen: Neben einem Sportlenkrad gibt es vor allem noch ein Sportdifferential für das Allradgetriebe. Der Rest geht auf das Konto Fahrdynamik und Status Quo.

Die wesentliche Elemente der Serienausstattung  bringen vor allem optische Effekte mit. Das Nussholz im Innenraum etwa oder die Aluminium-Optik. Herauszuheben wären da vor allem die Luftfederung, die LED-Scheinwerfer (nicht die Matrix-LEDs) und das achtstufige Automatik-Getriebe. Mit der Liste der Sonderausstattungen lässt sich gut und gerne der ein oder andere Winterabend verbringen. Aber Vorsicht, besser keinen Grog dazu. Sonst könnte das Ganze teuer werden.

Gutes und Schlechtes

Einfach gut, dass Audi noch solche Autos baut. Klar, sie werden Nische bleiben und für die meisten Fans solcher Motoren auch ein Traum. Aber dieser Audi A8 fährt mit diesem kraftvollen, kultivierten und technisch eindrucksvollen Antrieb so viele Pluspunkte ein, dass man ihm einfach (fast) alles verzeiht. Dabei gibt es eigentlich so gut wie nichts zu verzeihen außer dem exorbitanten Aufpreis für so viel Fahrvergnügen.

Und selbst den sollte man in Relation zu der Konkurrenz betrachten. In München muss der Kunde für ein vergleichbares Auto schon zum BMW 750d xDrive mit Allrad greifen und liegt dann beim Grundpreis für den etwas schwächeren Sechszylinder bei 99 900 Euro. Mercedes bietet für die S-Klasse überhaupt nur einen Diesel an, der mit mehr als 100 PS weniger eigentlich keine echte Konkurrenz ist. Allrad gibt es nur in den Langversionen, die dann deutlich jenseits der 100 000-Euro-Grenze angesiedelt sind. Alles relativ eben.

Ansonsten stimmt beim Audi A8 4.2 TDI im Grunde alles. Die Verarbeitung ist sehr gut, die Materialien sind ebenso tadellos und der Motor – aber das hatten wir ja schon. Und vielleicht lässt sich mit dieser Achtzylinder-Limousine am Ende ja doch noch ein bisschen Geld sparen. Denn sollte es einen Chauffeur für den Geschäftsführer oder den Manager geben. Der dürfte mit diesem Antrieb wahrscheinlich öfter mal frei haben. Das Fahren mit Audis Luxusdampfer dürfte jedenfalls selbst für sehr gestresste Geschäftsmenschen kaum Stress sein.

Stärken

Kraftvoller und dabei recht sparsamer Antrieb

Verarbeitung und Materialwahl

Präzise Lenkung

Schwächen

Happiger Aufpreis

Eingeschränkter Nutzwert

Überschaubare Serienausstattung

Die Konkurrenz

Mercedes S-Klasse

BMW 7er

Porsche Panamera

Technische Daten Audi A8 4.2 TDI
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe) 5,14/1,95/1,46 Meter
Leergewicht 1249 Kilogramm
Kofferraumvolumen / umgelegte Rückbank 490 Liter
Maximale Zuladung 525 Kilogramm
Sitzplätze 5
Tankvolumen 82 Liter
Motor Achtzylinder-Motor in V-Anordnung mit Commonrail-Einspritzung und doppelter Turboaufladung und Zylinderabschaltung
Hubraum 4134 Kubikzentimeter
Getriebe 8-Gang-Automatikgetriebe
Leistung (kW/PS) 283/385 bei 3750 U/Min
Drehmoment 850 Newtonmeter zwischen 2000 und 2750 Umdrehungen/Minute
Beschleunigung 0 - 100 km/h 4,7 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit 250 km/h abgeregelt
Verbrauch laut Hersteller (innerorts / außerorts / kombiniert) 9,4 / 6,1 / 7,4 Liter
Verbrauch im Test 9,2 Liter
CO2-Emissionen / Effizienzklasse 194 g/km / C
Typklassen (KH/VK/TK) 24 / 29 / 30
Preis als Basisfahrzeug 95 900  Euro
Preis des Testwagens Ca. 149 000 Euro

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