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Vortrieb mit 82 PS: Der Peugeot 308 mit Dreizylinder-Motor.

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Fahrbericht Peugeot 308 82 VTi: Verblüffend erwachsen

Ist kleiner wirklich besser? Peugeot führt bei seinem Kompakten einen Dreizylinder-Antrieb ein. Genügen 82 PS für ein Auto wie den Peugeot 308? Wir haben es getestet.

Alle Welt redet von Downsizing, sprich: Weniger Hubraum, dafür mehr Druck durch einen Turbolader sollen das Wunder geringern Verbrauchs bewirken. Die kleinen Turbos leisten bei nur einem Liter Hubraum locker über 100 PS. Nur mal so am Rande: Der erste VW Golf GTI, der 1976 startete, hatte einen 1,6 Liter großen Vierzylinder unter der Haube, der 110 PS leistete und dem nur 800 Kilogramm schweren Auto für damalige Verhältnisse zu bemerkenswerten Fahrleistungen verhalf. Und 38 Jahre später kommt Peugeot mit einem 480 (!) Kilogramm schwereren Kompakten, unter dessen Motorhaube ein nur 1,2 Liter großer Dreizylinder steckt, der ohne leistungsfördernde Turbounterstützung auskommen muss und der deshalb nur mit schmalen 82 PS auf die Kurbelwelle drückt. Kann man im neuen 308 mit dieser Einstiegsmotorisierung im Alltag glücklich werden? Grund genug für einen umfangreichen Praxistest.

Außen und Innen

So deutsch war noch kein Franzose. Der neue 308 mit der alten Nummer – Peugeot wird künftig bei neuen Modellen die Bezeichnung nicht mehr ändern – kommt nun schnörkellos daher. Der vom Deutschen Designer Thomas Röhm gestaltete Kompakte ist bewusst reduziert im Design, tritt nicht mehr so grimassig auf wie der alte.  Er ähnelt von weitem ein bisschen dem Golf  und von Nahen ähneln sich sogar die Abmaße, doch alle Proportionen wirken stimmig – das Teutonische steht dem neuen 308 sehr gut. Eine ruhige Eleganz, die auch nach Jahren nicht alt wird. Innen blitzt dafür wieder endlich wieder echt französische Lebensart durch; heiter, beschwingt, einfach anders. Und nicht schlecht. Auch innen ist der 308 sehr reduziert mit einem Cockpit, das Schluss mit dem Krieg der Knöpfe macht. Bedient wird fast per Finger. Nach kurzer Gewöhnungszeit kommt man mit dem sehr großen Berührungsbildschirm klar, zumal alle Menüs logisch aufgebaut sind. Die Smartphone-Generation wird überhaupt keine Probleme haben. Und die Älteren? Auch für sie dürfte diese Bedienung kein Grund zum Verzagen sein. Nach einiger Zeit hat man sogar den richtigen Fingerdruck raus – und wundert sich, wie einfach das Ganze  funktioniert. Die verbauten Materialien und Kunststoffe sowie die Aluleisten geben dem Ganzen einen edlen Touch – irgendwie ein bisschen Audi-like.

Sitzen und Laden

Der Kofferraum ist mit respektablen 420 Litern größer als der des VW Golf (380 Liter). Doch der Franzose hat das gleiche Problem wie der Deutsche: Nach dem Umklappen der Rücksitzlehne entsteht eine störende, gut acht Zentimeter hohe Stufe. Der Kombi hingegen bietet eine völlig ebene Ladefläche und viel mehr Platz – für 900 Euro Aufpreis. Störend wirkt sich auch die vergleichsweise geringe Zuladung von nur 390 Kilogramm aus. Sehr empfehlenswert ist das Dynamik-Paket für faire 290 Euro, denn darin enthalten sind neben einer praktischen Durchladeklappe für die Rücksitzbank nebst hintere Mittelarmlehne nämlich auch „Fahrer- und Beifahrersitze in dynamischen Design“. Auf gut Deutsch: sehr gute Sportsitze, welche mit ihrer ordentlichen Stützkraft absolut langstreckentauglich sind. Die Franzosen haben endlich gelernt, wie der deutsche Michel gerne sitzen möchte.

Fahren und Tanken

Schade: Dieser Basismotor hat kein Start-Stopp-System wie die anderen modernen Peugeot-Triebwerke an Bord. So könnte er in der Stadt noch einen Tick sparsamer agieren. Dennoch ist der Dreizylinder eine positive Überraschung, weil er im Fahralltag viel besser ist als die Papierwerte befürchten ließen. Ja, er kann sogar Spaß machen!

An das kleine Lenkrad, über das man die Instrumente gut sehen kann, werden sich viele Kunden erst gewöhnen müssen. Wenn es von der Größe her passt ist die Idee gar nicht schlecht.
An das kleine Lenkrad, über das man die Instrumente gut sehen kann, werden sich viele Kunden erst gewöhnen müssen. Wenn es von der Größe her passt ist die Idee gar nicht schlecht.

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Dazu trägt das gute Fahrwerk seinen Teil bei. Ihm gelingt der Spagat zwischen nötiger Straffheit und möglichen Komfort deutlich besser als dem Vorgänger. Wer will, kann es auch mal fliegen lassen, was selbst mit dem kleinen Dreizylinder möglich ist. Allerdings sollte er sich vorher mit den Besonderheiten der Lenkung arrangiert haben. Im Zeitalter der elektromechanischen Lenkunterstützung braucht es keine riesigen Volants mehr. Doch so klein wie das des 308 ist kein anderes. Es sitzt sehr tief, fast auf den Knien. So soll man über den Lenkradkranz störungsfrei hinwegschauen können auf die sehr hoch angeordneten Instrumente, ohne den Blick von der Straße zu wenden. Theoretisch eine sehr gute Idee. Beim Autor (1,70 Meter groß) funktionierte sie auch praktisch sehr gut. Man braucht nur etwas mehr Zeit, Sitz und Lenkrad optimal einzustellen. Doch das Gokart-Lenkrad hat eine Eigenart: es macht den 308 gefühlt extrem handlich. Eigentlich nicht schlecht. Doch da die Lenkung an sich recht leichtgängig ist, besteht am Anfang die Gefahr,  den Fronttriebler zu überreißen. Passieren kann nichts, denn der wachsame elektronische Schleuderschutz ESP verhindert Ärgeres, doch gewöhnungsbedürftig ist diese Kombination schon. Eine ruhige Hand wirkt hier Wunder. Und wenn man sich erst einmal darauf eingestellt hat, funktioniert das Fahren mit diesem kleinen Lenkrad prima – und man fragt sich, warum noch keiner auf diese Idee gekommen ist. Die Mittelarmlehne lässt sich übrigens so einstellen, dass der rechte Schaltarm beim Gangwechsel entspannt darauf ruhen kann. Das passt.

Beim Design ist Peugeot mit dem neuen 308 erstaunlich konservativ geblieben.
Beim Design ist Peugeot mit dem neuen 308 erstaunlich konservativ geblieben.

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Apropos Gangwechsel. Das manuelle Fünfganggetriebe lässt sich ordentlich schalten, und die Gänge sind gut abgestimmt. Wer will, kann das Schalten auch eine Weile lassen. Denn der 308 lässt mit diesem Dreizylinder auch so untertourig fahren wie ein Großer. Hat man sich erst mal an seinen eigenwilligen Klang gewöhnt, glaubt man nicht mehr, dass unter der Motorhaube nur ein kleiner Drilling sein Tagwerk verrichtet. Er beschleunigt auf freier Autobahn tapfer bis auf Tempo 177, klingt dann sogar richtig gut. Und der Verbrauch? Erstaunlich. 9,4 Liter bei dieser Höchstgeschwindigkeit; der Bordcomputer zeigt nach einem langen freien Autobahnstück immerhin eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 136 km/h an. Das andere Ende: Landstraßentempo zwischen 80 und 110 km/h quittiert der Kleine mit einem Schnitt von nur 5,7 Litern. Topp! Bei Tempo 130 auf der Autobahn fühlt sich der Dreizylinder wohl, und man lernt den Komfort des serienmäßigen Tempomaten schätzen. Auch hier muss man sich aber erst an ihn gewöhnen, denn er wird von der dicken Lenkradspeiche völlig verdeckt. Weil die Tastenbedienung selbst logisch ist, bedient man nach gewisser Eingewöhnung sozusagen blind. Insgesamt genehmigt sich die 82-PS-Maschine in dem schweren Auto bei der insgesamt gut 1800 Kilometer langen Testfahrt im Schnitt lediglich 6,1 Liter Super E10 pro 100 Kilometer. Das muss erst mal ein anderer Kompakter nachmachen. Die weltfremde Norm von 5,0 Liter ist ohnehin nur ein Papierwert. 800 Kilometer Reichweite mit einem 52-Liter-Tank sind für einen Benziner schon ein Ausrufungszeichen wert. Ungewohnt auch: Der Tankdeckel lässt sich nur mit dem Zündschlüssel öffnen; wenigstens gibt es in der Tankklappe eine Aufnahme für den Tankdeckel mit dem darin steckenden Zündschlüssel.

Hören und Sehen

Ein Dreizylinder-Otto klingt nun mal anders. Das hängt,  trotz einer hier verbauten Ausgleichswelle gegen störende Vibrationen, einfach mit dem Bauartprinzip zusammen. Obwohl das Motörchen im 308 gut gedämmt ist,   macht es besonders im Schubbetrieb (beim Gaswegnehmen vor einer Ampel) mit merkwürdigem Geräusch auf sich aufmerksam. Dann klingt es im 308 so,   als würde ein Zweitaktroller im Innenraum mitfahren. Doch irgendwann hat man sich an dieses Geräusch gewöhnt – und hört nicht mehr hin. Und bei höherem Autobahntempo klingt der kleine Motor fast wie ein Großer und läuft vergleichsweise leise. Die Karosserie ist schön übersichtlich; die Außenspiegel recht groß. Nur das kleine Heckfenster stört die Sicht nach hinten. Zum Glück hat der Peugeot jedoch serienmäßig hintere Parksensoren an Bord.

Geschmackssache ist die Bedienung der Klimaanlage über das Multifunktionsdisplay. Das geht mit eigenen Reglern am Ende wohl doch einfacher.
Geschmackssache ist die Bedienung der Klimaanlage über das Multifunktionsdisplay. Das geht mit eigenen Reglern am Ende wohl doch einfacher.

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Wählen und Zahlen

Ein Billigangebot ist der neue 308 nicht mehr. Für den in der mittleren Ausstattungsversion Active allerdings gut bestückten Franzosen (Klimaautomatik, Einparkhilfe hinten, Aluräder, Regensensor, Multifunktionsbildschirm,  Tempomat) sind 18750 Euro fällig. Ein entsprechender Golf mit 85 PS ist immerhin über 2200 Euro teurer. Günstig sind viele Extras im 308. So ein Panorama-Glasdach mit elektrischer Jalousie für 450 Euro oder eine regelbare Sitzheizung für die Vordersitze für 290 Euro. Merkwürdig ist allerdings die Modellpolitik von Peugeot, wichtige Sicherheitsextras wie einen adaptiver Geschwindigkeitsregler, ein automatisches Gefahrenbremssystem und einen Frontkollissionswarner lediglich für die Topausstattung Allure für zusammen sehr günstige 450 Euro anzubieten. Den Basismotor gibt es nämlich nicht mit dieser Ausstattung, bei der übrigens LED-Hauptscheinwerfer serienmäßig sind – ein Novum in der Kompaktklasse.

Gutes und Schlechtes

Der neue 308 ist um eine ganze Klasse besser als der alte. Fast ein französischer Golf! Hochwertig im Interieur, teutonisch in der Komfortabstimmung des Fahrwerks, geräumiger als der VW Golf – und mit unfranzösisch-langstreckentauglichen Sitzen. Der 82-PS-Dreizylinder ist eine wirklich positive Überraschung; in der Stadt und kurzen Überlandstrecken macht er seine Sache super. Selbst auf der Autobahn schlägt sich der kleine Dreizylinder-Benziner wacker. Sogar Tempo 150 ist okay.

Die Antwort auf die eingangs gestellte Frage ist also eindeutig: Ja, denn der kleine Dreizylinder verhält sich fast wie ein Großer. Wer das letzte Quäntchen Punch nicht unbedingt braucht,  erhält mit dem 82-PS-308 ein vollwertiges Kompaktauto mit sehr niedriger Steuer und sehr günstigen Unterhaltskosten. Nur derjenige, der den 308 mit voller Zuladung immer Richtung Höchstgeschwindigkeit prügelt, wird mit diesem Dreizylinder nicht so recht glücklich. Für ihn lautet unser Tipp: Zur Jahresmitte folgt eine Turboversion dieses Dreizylinders mit 110 PS. Die könnte dann für eine weitere positive Überraschung sorgen.

Stärken

Komfortables Fahrwerk, gutes Platzangebot, günstige Unterhaltskosten

Schwächen

Bedienung gewöhnungsbedürftig, Sicht nach hinten, merkwürdige Modellpolitik

Die Konkurrenz

VW Golf 1.2 TSI, Opel Astra 1.4 Fun, Hyundai i30 1.4 Classic

Technische Daten Peugeot 308 82 VTi
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe) 4,25/1,80/1,46 Meter
Leergewicht 1280 Kilogramm
Kofferraumvolumen normal/Rückbank umgelegt 420 Liter
Maximale Zuladung 390 Kilogramm
Sitzplätze 5
Tankvolumen 52,5 Liter
Motor Reihen-Dreizylinder-Otto-Motor mit Mehrpunkteinspritzung ins Saugrohr, kontinuierliche Nockenwellenverstellung auf Ein- und Auslassseite (VVT), Ausgleichswelle gegen Vibrationen
Hubraum 1199 Kubikzentimeter
Getriebe 5-Gang-Handschaltgetriebe
Leistung (kW/PS) 60/82
Drehmoment 118 Newtonmeter bei 2750 Umdrehungen/Min
Beschleunigung 0 - 100 km/h 13,3 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit 172 km/h
Verbrauch laut Hersteller (innerorts / außerorts / kombiniert) 6,3/4,2/5,0 Liter Super E10
CO2-Emissionen/Effizienzklasse 114 g/km / B
Verbrauch im Test 6,1 Liter
Typklassen (KH/VK/TK) 17 / 19 / 17
Preis als Basisfahrzeug 18 750 Euro
Preis des Testwagens 19 950 Euro

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