zum Hauptinhalt
Ganz der Bruder. Der VW Golf Variant bietet optisch keine Überraschungen.

© promo

Fahrbericht VW Golf Variant 2.0 TDI: Der VW Golf macht sich mal lang

Wer Platz braucht, der wählt den Kombi. Das gilt bei Volkswagen nur bedingt, denn der VW Golf hat einen harten Konkurrent in den eigenen Reihen. Daher hat es der VW Golf Variant nicht leicht. Wir haben ihn mit dem klassischen Zwei-Liter-TDI im Praxistest gehabt.

Deutschland, einig Kombi-Land. Das gilt noch immer, aber beim Evergreen des deutschen Auto-Markts, dem VW Golf, ist das nicht mehr die uneingeschränkte Wahrheit. Denn hier macht sich ein Van, der früher den Beinamen „Plus“ trug und heute VW Golf Sportsvan heißt, schwer an dem Marktanteil des VW Golf Variant zu schaffen. In der Golf-internen Verkaufsstatistik liegt der Kombi nur noch knapp vor dem Neuling, der erst seit 2004 auf dem Markt ist.

Warum das so ist, erklärt sich recht schnell. Die VW-Kunden lieben die erhöhte Sitzposition, bekommen fast so viel Nutzwert wie beim VW Golf Variant und haben ein Auto mit kompakteren Abmessungen. Gute Argumente für den Golf Sportsvan. Aber auch Kombi muss doch punkten können, gerade ins Sachen Nutzwert und Ökonomie. Wo genau, das wollen wir uns im Praxistest anschauen.

Außen und Innen

Ein optischer Aufreger war der VW Golf Variant noch nie. Das trifft auch für die aktuelle Ausgabe zu. Bis zur B-Säule ist das Modell identisch mit dem Fließheck-Modell, und auch danach ist der Golf Variant eher eine schlichte Verlängerung des "normalen" Golf. Das muss ja nicht schlecht sein, schließlich ist der Wolfsburger als Nutzwert-König seiner Klasse auf den Markt geschickt worden und nicht als Designobjekt. Am Heck, da wo der VW Golf Variant tatsächlich seine gestalterische Eigenständigkeit unter Beweis stellen kann, sieht der Kombi nun attraktiver aus als sein Vorgänger. Die LED-Heckleuchten sitzen zweigeteilt über den hinteren Kotflügeln und der Heckklappe, der hintere Stoßfänger zeigt gar eine Art Diffusor und macht auf sportlich. In der Summe nicht aufregend, aber solide. Ganz Golf eben.

Das Entscheidende liegt hinten: Der Kofferraum hat mit 610 Liter Stauraum viel zu bieten. Bei umgelegter Rückbank werden es 1620 Liter
Das Entscheidende liegt hinten: Der Kofferraum hat mit 610 Liter Stauraum viel zu bieten. Bei umgelegter Rückbank werden es 1620 Liter

© promo

Das gilt auch für den Innenraum, der sich kaum vom normalen Golf unterscheidet. Dass es auch bei Volkswagen mittlerweile Kostendruck gibt, zeigt sich an der Unterseite des Armaturenträgers, der bei der Neuauflage nicht mehr mit aufgeschäumten Plastik sondern Hartplastik gestaltet wurde. Das ist weniger wertig und kratzempfindlicher. Die Qualität, mit der VW immer noch produziert, zeigt sich an schmalen Spaltmaßen und der genauen Einpassung der Bauelemente. Das sieht gut aus, innen wie außen, und liegt immer noch klar über dem Niveau der Konkurrenz.

Sitzen und Laden

Auch der Einstieg unterscheidet sich hier nicht vom Fließheck-Golf. Bequem geht es auf die Vordersitze, und in den Fond gelangt man ebenso gut. Vorne geht es auch in Sachen Platzangebot sehr großzügig zu, hinten wird es etwas enger. Vor allem, wenn man das Raumangebot des VW Golf Sportsvan zum Vergleich (hier geht es zum Praxistest mit dem VW Golf Sportsvan) heranzieht. Eine horizontal verschiebbare Rückbank, wie sie der Sportsvan vorweisen kann, gibt es für den VW Golf Variant nicht. Auch der Radstand entspricht dem Fließheck-Modell und so nimmt sich der Fond hier nichts. Vier Personen sitzen bequem, wobei die Kniefreiheit für Sitzriesen überschaubar bleibt, sich aber auf dem klassentypischen Niveau bewegt.

Im Vergleich zum Sportsvan ist der VW Golf Variant mit der gleichen Motorisierung deutlich sparsamer unterwegs.
Im Vergleich zum Sportsvan ist der VW Golf Variant mit der gleichen Motorisierung deutlich sparsamer unterwegs.

© promo

Wichtiger ist da schon der Kofferraum, der sich mit 605 Litern sehr großzügig ausnimmt (100 Liter mehr als der Vorgänger). Im Normalfall, also bei aufgestellter Lehne der Rückbank bietet der VW Golf Variant eine Tiefe von 1,06 Metern. Das ist ebenfalls für einen Kompakten ein ziemlich guter Wert. Wenn die Rückbank umgelegt wird entsteht eine Laderaumtiefe bis zu den Vordersitzen von 1,83 Metern. Auch das liegt über dem Schnitt seiner Klasse (1620 Liter Ladevolumen) und bringt den Golf-Kombi in Sachen Nutzwert weit nach vorne. In der Rücklehne findet sich noch eine Lucke zum Durchladen von Skiern oder ähnlich langen Gegenständen, und seitlich hinter den Radläufen bietet der VW Golf Variant jeweils noch ein praktisches Seitenabteil, in dem kleinere Gegenstände platziert werden können. Die kullern dann nicht im Kofferraum rum, weil sie von einem Gummiband gehalten werden. Was fehlt, ist ein Schienensystem, an dem größere Teil der Ladung befestigt werden können. In diesem Sinne ist der Laderaum eher einfach gestrickt und zeigt sich als große und weite Filzfläche. Passt schon, aber es gibt bessere Lösungen. Wenn auch nicht unbedingt in der Kompaktklasse. Die Heckklappe schwingt auf 2,02 Meter auf. Für größere Menschen eine gute Sache, denn bei vielen anderen Modellen ist die Kopfnuss am Laderaumdeckel fast schon vorprogrammiert. Die Ladekante liegt auf der Höhe von 63 Zentimeter und gibt sich dadurch erfreulich niedrig.

Fahren und Tanken

Wie schon bei unserem Test mit dem Sportsvan sind wir auch beim VW Golf Variant mit dem zwei Liter großen Diesel unterwegs gewesen. Und dieser Vergleich ist interessant, denn er zeigt den Preis, der für die zusätzliche Höhe des Sportsvan zu zahlen ist. Allerdings nicht auf dem Papier, wo die beiden Modelle mit dem gleichen Motor es auf exakt die gleichen Werte beim Verbrauch bringen. Mit 4,5 Litern im Schnitt stehen beide da. Die Realität in unserem Test zeigte aber, dass wir beim Verbrauch mit dem VW Golf Variant in unserem Test mit 6,4 Litern ganze 0,7 Liter unter dem Testverbrauch des Sportsvan lagen. Das Streckenprofil, das wir absolviert haben sah dabei relativ ähnlich aus. Ein weiteres Indiz dafür, wie weltfremd die in der Halle ermittelten Werte der EU-Norm tatsächlich sind. Sicherlich hat auch das Mindergewicht von 20 Kilogramm, die der VW Golf Variant gegenüber dem Sportsvan hat, eine Rolle gespielt. Doch für den doch beträchtlichen Unterschied im Verbrauch kommt er als Grund nicht in Frage.

Bei den Fahreigenschaften ist das verlängerte Heck (+ 30,7 Zentimeter gegenüber dem Fließheck-Golf) nicht wegzudiskutieren. Der VW Golf Variant gibt sich in schnell gefahrenen Kurven deutlich hecklastiger und hat eine Tendenz zum Übersteuern. Das ist nicht weiter problematisch, da das gut abgestimmte ESP diese Tendenzen bei vernünftiger Fahrweise schnell wieder in den Griff bekommt. Aber der normale Golf und auch der Sportsvan sind hier ein Eckchen dynamischer um enge Kurven zu bewegen. Antrittsstark ist auch der VW Golf Variant mit seinen 340 Newtonmetern Drehmoment. Auch bei der Höchstgeschwindigkeit von 216 km/h nimmt sich der Kombi gegenüber dem Van mit gleicher Motorisierung kaum etwas. In der Summe lässt sich der VW Golf Variant aber deutlich dynamischer bewegen als der Sportsvan. Er ist agiler beim Antritt, hat nicht diese Durchzugsschwäche, die wir beim Sportsvan festgestellt haben, und gibt sich in engen Kurven handlicher. Wer Fahrdynamik schätzt und Laderaum sucht, der wird mit dieser Kombination glücklicher werden.

Hören und Sehen

Die Rundumsicht ist beim Variant im Vergleich zum Sportsvan etwas schlechter ausgefallen. Das liegt an der dicken D-Säule, die der Kombi nun mal extra hat und in Kombination mit der C-Säule die Sicht nach schräg hinten etwas stärker einschränkt. Aber im Vergleich mit anderen Modellen ist die Rundumsicht im VW Golf Variant tatsächlich immer noch sehr gut.

Die Ladekante des VW Golf Variant ist mit 63 Zentimetern erfreulich niedrig ausgefallen.
Die Ladekante des VW Golf Variant ist mit 63 Zentimetern erfreulich niedrig ausgefallen.

© promo

Mit der neuen Generation des Infotainmentsystems hat Volkswagen eine großen Sprung nach vorne gemacht. Die Bedienung über den Touchscreen ist geblieben, funktioniert aber dank des Bildschirms, der schon auf die Annäherung der Hand reagiert, deutlich besser als früher. Zweimal drücken, weil der Touchscreen nicht reagiert, was beim Vorgängersystem oft passierte, ist hier nie nötig gewesen. Auch die Darstellung ist nun detailreich und zeitgemäß geworden. Volkswagen hat sich hier nach Jahren eher mäßiger Systeme wieder einen Vorsprung in dieser Klasse herausgearbeitet. Die Kombination mit der Lautsprecheranlage ist eine gelungene Sache. Der Preis des "Discover Pro" ist allerdings mit 2725 Euro auch beachtlich. Wer gleich die Highline-Ausstattung bestellt, kommt 2315 Euro billiger davon.

Wählen und Zahlen

Los geht es beim VW Golf Variant, ähnlich wie beim Sportsvan, mit 19 475 Euro und einem 85 PS starken Benziner. Diese Variante dürfte auch hier eher selten bestellt werden. Auf der Diesel-Seite gelingt der Einstieg dann mit realistischeren 24 200 Euro. Unser Testwagen mit der Highline-Ausstattung und dem 2.0 TDI an Bord liegt bei 31 925 Euro als Basispreis. Damit ist der VW Golf Variant exakt 125 Euro günstiger als der Sportsvan.

Aufgeräumt: VW setzt auch Touchscreen-Bedienung beim Infotainmentsystem.
Aufgeräumt: VW setzt auch Touchscreen-Bedienung beim Infotainmentsystem.

© promo

Die Aufpreispolitik von Volkswagen ist bekanntermaßen relativ kostspielig für die Kunden. Aber immerhin hat sich die Serienausstattung doch dem Zeitgeist angepasst und fällt nicht mehr so knauserig aus. TFT-Touchscreen, Tagfahrlicht, elektronische Differentialsperre und Klimaanlage gibt es serienmäßig. Die Anhängerkupplung, die beim VW Golf Variant recht oft bestellt werden dürfte, kostet aber immer 855 Euro extra, ebenso wie das Gepäcknetz für 110 Euro. Letzeres bringt aber immerhin noch zusätzliche Staufächer in der Reserveradmulde mit sich. Es sei denn man entscheidet sich doch für ein echtes Reserverad und nicht für das Notfallset.

Deutlich teurer im Vergleich zum Sportsvan sind übrigens die Fahrassistenzsysteme, die auch der VW Golf Variant im gleichen Umfang wieder Sportsvan zu bieten hat. Das Technikpaket mit automatischem Abstandshalter, Tot-Winkel-Warner, Diebstahlsicherung und noch ein paar weiteren Nettigkeiten kostet hier 2675 Euro extra. Selbst in der Highline-Ausstattung werden noch glatte 2000 Euro fällig. Rechnet man solche Feinheiten ein, dann ist der Variant im Vergleich zum Sportsvan preislich wohl mindestens gleichauf.

Gutes und Schlechtes

Im Vergleich mit den Konkurrenzmodellen seiner Klasse ist der VW Golf Variant sicherlich immer noch der Beste. Bei technischen Daten wie Kofferraumvolumen, Ladetiefe oder Ladekante liegt der Wolfsburger im Vergleich immer noch vorne. Der Zwei-Liter-Turbodiesel als Motor ist ein ausgereifter Antrieb, der eine ordentliche Balance zwischen Dynamik und Ökonomie bietet. Im Variant ist der Motor zudem noch deutlich sportlicher aufgestellt als im Sportsvan. Das Gesamtpaket sitzt also, und gibt nur wenig Grund zu klagen.

Das lässt sich Volkswagen allerdings auch bezahlen. Die Liste der Sonderausstattungen bietet so manch kleine Ärgerlichkeit, wie etwa ein Tempomat, der beim VW Golf Variant 210 Euro extra kostet. Es sei denn, man bucht die großen, noch kostspieligeren Technikpakete dazu. Einen Pluspunkt gibt es für die serienmäßige Dachreling, die bei Kombis eine wichtige Sache sein können. Am Ende steht aber unterm Strich: Der VW Golf Variant 2.0 TDI ist ein gutes, aber recht kostspieliges Auto.

Im Vergleich mit dem Schwestermodell Sportsvan fällt er am Ende sogar noch etwas teurer aus. Welche der beiden Karosserievarianten der Kunde schließlich bevorzugt, ist Geschmackssache. In Sachen Nutzwert nehmen sich beide Autos nicht allzu viel. Der Handwerker dürfte wohl doch den Variant bevorzugen, weil er den praktischeren Kofferraum bietet. Die Familie könnte sich hingegen zum Sportsvan umorientieren, weil das Platzangebot im Fond besser und variabler ist. Glücklich werden kann man mit beiden Gölfen.

Stärken:

Großer und variabler Kofferraum, solide Verarbeitung, sparsamer Motor

Schwächen:

Materialien nicht überall hochwertig, fehlendes Befestigungssystem im Kofferraum, hoher Grundpreis

Die Konkurrenz:

Opel Astra Sport Tourer, Renault Megane Grandtour, Ford Focus Turnier

Technische Daten Volkswagen Golf Variant 2.0 TDI
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe) 4,56 / 1,79 / 1,48 Meter
Leergewicht 1454 Kilogramm
Kofferraumvolumen normal/Rückbank umgelegt 610 / 1620 Liter
Maximale Zuladung 610 Kilogramm
Sitzplätze 5
Tankvolumen 50 Liter
Motor Vierzylinder-Diesel-Motor mit Commonrail-Einspritzung und Abgas-Turboaufladung
Hubraum 1968 Kubikzentimeter
Getriebe 6-Gang-Doppelkupplungsgetriebe
Leistung (kW/PS) 110 / 150
Drehmoment 340 Newtonmeter bei 1750 bis 3000 Umdrehungen/Minute
Beschleunigung 0 - 100 km/h 8,9 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit 216 km/h
Verbrauch laut Hersteller (innerorts / außerorts / kombiniert) 5,4 / 4,1 / 4,5 Liter
Verbrauch im Test 6,4 Liter
CO2-Emissionen / Effizienzklasse 124 g/km / B
Typklassen (KH/VK/TK) 16 / 18 / 23
Preis als Basisfahrzeug 31 925 Euro
Preis des Testwagens ca. 38 000 Euro

Zur Startseite