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Wuchtig steht er da, der Fiat Freemont. Die US-Gene sind dem Modell durchaus anzusehen.

© Markus Mechnich

Fiat Freemont im Test: Vom Burger zum Panino

Vom US-Boy zum italienischen Familienmenschen: Der Dodge Journey bereichert nun als Fiat Freemont die italienische Modellpalette. Gleichzeitig will der Import aus den USA auch siebensitziger Van sein. Wie meistert der Italo-Amerikaner diesen Spagat? Wir haben es getestet.

Kennen Sie den Dodge Journey? Wenn Sie diese Frage mit „Ja“ beantworten, dann können Sie sich zu einer Minderheit zählen. Denn den Dodge Journey gab es zwar bis vor zwei Jahren sogar offiziell in Deutschland zu kaufen, aber eine richtige Kundschaft hat sich das Modell hierzulande nie erarbeiten können. Kein Grund also bei Fiat großartig zu zögern, als bei der Eingliederung von Chrysler die Märkte dies- und jenseits des Atlantiks im nun erweiterten Markenreich aufgeteilt wurden. Dodge und Chrysler selbst verschwanden als Marken von der europäischen Bühne und tauchten als Lancia oder Fiat wieder auf. Während das bei der zwar kleinen, aber durchaus existenten Fangemeinde von Chrysler noch Unmut hervor rief hat das bei Dodge wohl kaum jemand gekümmert. Modelle wie der Nitro oder eben der Journey spielten auf dem deutschen Markt eine marginale Rolle.

Daher verwundert es auch kaum, dass unser Fiat Freemont am Flughafen Tegel für einige neugierige Blicke sorgte. Gleich mehrere Interessierte drehten eine Runde um das Auto und blieben immer wieder am Fiat-Markenemblem hängen. Ein SUV von Fiat? Echt jetzt?

Auf die günstige Tour
Was Fiat mit dem Dodge machte nennt man in Fachkreisen Badge Engineering. Und es ist einigermaßen verpönt. Man nehme ein Modell eines Herstellers, klebt das Emblem eines anderen drauf und verkauft es unter dessen Namen. Das mag nicht sonderlich innovativ sein, aber im Falle des Fiat Freemont hat sich das schon im ersten halbe Jahr gelohnt. Denn der Neue verkaufte sich das schon um ein Vielfaches besser als der US-Boy in all den Jahren zuvor. Und aus Konzernsicht macht es Sinn den Freemont nicht neben großen Jeeps und Limousinen verhungern zu lassen. Es ist doch viel gescheiter, den potenziellen Siebensitzer beim Fiat-Händler den Familien vorzustellen, die sie eher selten zu einer Jeep-Vertretung verirren.

Der Instrumententräger in der Mitte ist durchaus nett anzusehen. Auch die Bedienung ist durchaus eingänglich, auch wenn es vielleicht ein gewisse Eingewöhnungszeit braucht.
Der Instrumententräger in der Mitte ist durchaus nett anzusehen. Auch die Bedienung ist durchaus eingänglich, auch wenn es vielleicht ein gewisse Eingewöhnungszeit braucht.

© Markus Mechnich

Aber was ist das eigentlich für ein Auto, das sich prompt ans oberen Ende der, zugegeben von Kleinwagen-dominierten, Modellpalette von Fiat setzte? Eigentlich wurde der Dodge Journey 2008 etwas aus der Not geboren. Die Tradition der Dodge-Vans fortführend suchte man in den USA ein neues Modell mit möglichst geringen Entwicklungskosten auf den Markt zu bringen, das auch im SUV-Segment wildern konnte. Dazu nutzte das Crossover-Modell dann auch noch die Plattform des Dodge Avenger oder des Mitsubishi Outlanders. Ein richtiges Konzernkind also, von Beginn an. Und schon damals zeigte der Dodge Journey, der rund drei Jahre später zum Fiat Freemont wurde, mehrere Gesichter. Für die USA bekam er Benziner unter die Haube und in Europa fuhr er größtenteils mit Diesel, damals noch von Mitsubishi.

Der Freemont ist kein Sprinter
Folgerichtig stellte sich der Fiat Freemont mit einem Multijet-Selbstzünder aus Turin bei uns vor. Der einzige Unterschied zum Dodge Journey in den USA ist somit der Antriebsstrang. Der Diesel allerdings ist eine gute Wahl für das Fahrzeug, wie die ersten Testkilometer bereits zeigen. Mit 170 PS ist er ausreichend stark, zeigt sich aber mit einem Verbrauch von 7,4 Liter einen Tick zu durstig. Allerdings muss man dem Zwei-Liter-Motor zugutehalten, dass er durch den permanenten Allradantrieb auch mehr Arbeit zu verrichten hat. Die Versionen mit reinem Vorderradantrieb kommen auf dem Papier mit einem Liter weniger aus. In der Praxis zeigte sich der Antrieb im Übrigen erfreulich nahe am Normverbrauch. Auf unseren Testfahrten kamen wir in der Summe mit 8,8 Litern aus. Bei einem hohen Stadtanteil ist das angesichts eines Leergewichts von 2019 Kilogramm wirklich in Ordnung. Der obligatorische Mehrverbrauch zu den Normangaben hält sich hier in ertragbaren Grenzen.

Durch die kantige Form bietet der Fiat Freemont im Innenraum relativ viel Platz. Allerdings nicht in der dritten Reihe.
Durch die kantige Form bietet der Fiat Freemont im Innenraum relativ viel Platz. Allerdings nicht in der dritten Reihe.

© Markus Mechnich

Auch die Fahrleistungen des Fiat Freemont sind durchaus in Ordnung. Ein Sprinter ist der dickbackige Italo-Amerikaner zwar nicht. Bis er die 100 Stundenkilometer erreicht hat dauert es mindestens elf Sekunden. Aber mit etwas Geduld schwingt er sich bis zu einer Spitzengeschwindigkeit von 197 km/h hoch, wobei der Allradantrieb hiervon wieder 13 km/h schluckt. Auch Überholvorgänge sind recht komfortabel zu absolvieren. Das Drehmoment von 350 Newtonmeter ist dabei hilfreich. Beim Fahrwerk hingegen zeigt sich der Freemont teilweise etwas grob auf der Vorderachse. Im Gegensatz dazu ist das Heck wiederum etwas weich und schwingt mehr mit. Wahrscheinlich auch um die üppigen 610 Kilogramm (Allradversion 503 Kg) Zuladung und die Anhängelast von 1100 Kilogramm zu realisieren. Die Lenkung des Fiat Freemont vermittelt ein leicht synthetisches Gefühl, zeigt sich aber in den Lenkwinkel exakt und leichtgängig.

Mit sieben Seitzen wird es hinten eng
Wie bereits erwähnt zeigt der äußerliche Auftritt des Autos durchaus Wirkung auf der Straße. Sein kantiges Gesicht und die stattlichen Ausmaße ziehen Blicke auf sich. Dabei wirkt er nicht mal so wuchtig wie manch anderes SUV. Als Crossover mit Van-Genen ist er aber auch im Innenraum praxisorientiert. Fangen wir mal von hinten an, wo wir den Griff zum Öffnen der Heckklappe vergeblich in der Mitte suchen und nach rechts versetzt finden. Die Ladekante ist mit 79 Zentimetern ziemlich hoch ausgefallen. Dahinter verbergen sich jedoch bei der fünfsitzigen Version hervorragende 758 Liter Ladevolumen. Wer die asymmetrisch geteilte Rückbank ganz umklappt, der kommt gar auf 1461 Liter, wer die dritte Sitzreihe allerdings benutzen möchte, der muss sich mit 167 Liter begnügen.

Wenn die dritte Sitzreihe aufgestellt ist, dann bleiben hinten nur noch 167 Liter Stauraum. Sonst sind es bis zu 1461 Liter.
Wenn die dritte Sitzreihe aufgestellt ist, dann bleiben hinten nur noch 167 Liter Stauraum. Sonst sind es bis zu 1461 Liter.

© Markus Mechnich

Das mit der dritten Sitzreihe ist ja ohnehin so eine Sache. Die Hersteller argumentieren ja gerne, dass hier Oma und Opa für eine Spritztour Platz nehmen könnten, was natürlich für den Sonntagsausflug mit Kind und Kegel recht praktisch ist. Nur leider bedarf es in vielen Autos geradezu artistischer Gelenkigkeit um überhaupt in die dritte Sitzreihe zu gelangen. Auch der Fiat Freemont macht hier keine Ausnahme, denn der Einstieg ist hoch, der Durchgang eng und der Fußraum in der hintersten Reihe im Grunde nicht vorhanden. Nur wenn die zweite Reihe nach vorne geschoben wird lässt es sich für Erwachsene überhaupt sitzen. Oma und Opa tut man so etwas besser nicht an, zumindest wenn man sie mag.

Dicke C-Säule
Das restliche Raumangebot ist allerdings aller Ehren wert. Durch die stattlichen Abmessungen des Fahrzeugs wirkt der Fiat Freemont sehr geräumig. Und auf den vorderen Sitzen geht es auch in Sachen Beinfreiheit üppig zu. In Sachen Kopffreiheit gibt es generell durch die kastige Form keinerlei Grund zur Beanstandung. Sehr amerikanisch zeigen sich hingegen die Vordersitze, die kaum Seitenhalt bieten und relativ weich gepolstert sind. An Ablagen mangelt es bei diesem Italo-Amerikaner kaum. Allerdings sind sie allesamt zu klein für große Flaschen und das Handschuhfach ist zerklüftet und schwer zugänglich.

Kaum zu sehen, dass sich hier noch eine weitere Sitzreihe versteckt. Wer die zusätzlichen zwei Sitze nicht benötigt, der kann der Fiat Freemont auch als Fünfsitzer bestellen und spart 500 Euro.
Kaum zu sehen, dass sich hier noch eine weitere Sitzreihe versteckt. Wer die zusätzlichen zwei Sitze nicht benötigt, der kann der Fiat Freemont auch als Fünfsitzer bestellen und spart 500 Euro.

© Markus Mechnich

Die Verarbeitung ist im Großen und Ganzen ordentlich, auch wenn sich an der ein oder anderen Stelle unsauber eingepasste Blech- oder Kunststoffteile finden. Das Armaturenbrett ist aufgeschäumt und wirkt daher durchaus wertig. Darunter findet sich aber auch durchaus billiges Hartplastik. Schließlich stört bei der Rundumsicht die dicke C-Säule ziemlich. Dieses Manko teilt er allerdings mit nahezu allen Fahrzeugen dieser Bauart. Regelrecht ärgerlich ist allerdings, dass der Beifahrerairbag, auch gegen Aufpreis, nicht deaktiviert werden kann. Damit entfällt die Mitnahme von Babyschalen, was für Familien durchaus ein Manko ist.

Verzicht bringt Geld
Auf der Kostenseite kann der Fiat Freemont so einige Punkte machen. Mit einem Einstiegspreis von 26 190 Euro für die 140-PS-Variante gehört er sicher zu den günstigeren Angeboten in seinem Segment. Ein Kia Sportage beispielsweise liegt zwar knapp darunter, bietet aber nicht den Nutzwert wie der Freemont. Der Aufpreis von 6600 Euro für die Allradversion mit 170 PS scheint allerdings sehr üppig und daher dürfte sich diese Version eher schwer verkaufen. Die gute Wahl liegt in der Mitte mit der 170-PS-Variante, aber ohne Allradantrieb. Die Ausstattung ist in der Basisvariante schon recht üppig. Klimaautomatik, schlüsselloser Zugang oder Tempomat und sogar zwei integrierte Kindersitze hinten sind Standard. Wer noch über die Pakete etwas Geld in Ausstattung investiert kann sich über Sound- und Navigationssystem, sowie Leder und 19-Zoll-Felgen freuen. Interessant ist auch die Option für 500 Euro weniger auf die dritte Sitzreihe zu verzichten.

Familienfreundlich ist der Fiat Freemont auf jeden Fall. Und er fällt optisch aus der Reihe, was Individualisten reizen dürfte.
Familienfreundlich ist der Fiat Freemont auf jeden Fall. Und er fällt optisch aus der Reihe, was Individualisten reizen dürfte.

© Markus Mechnich

So kann der Fiat Freemont als Mischung zwischen Van und SUV durchaus selbstbewusst auftreten. In Sachen Nutzwert lässt er die meisten SUVs links liegen, zumindest in seiner Preisklasse. Und dabei ist er sicherlich nicht so langweilig wie die meisten Vans, die sich auf dem deutschen Markt so anpreisen. Das ist letzten Endes auch seine Stärke: Der Fiat Freemont ist eben anders als die weichgespülte Massenware im Van-Segment und trägt diesen Hauch Individualismus auf der Haube. Der Tick Exotik wird durch die geringen Absatzzahlen nochmal verschärft und so könnte der Fiat Freemont in seiner Nische ganz gut leben. Und Fiat könnte er auch leicht verdientes Geld in die klammen Kassen spülen. Denn Badge Engineering hat einen unschlagbaren Vorteil: Damit kommt man mit ausgesprochen wenig Geld zu einem neuen Modell für die Produktpalette.

Stärken:

Kultivierter Motor, großzügiges Raumangebot vorne und in der 2. Reihe, umfangreiche Ausstattung

Schwächen:

Kaum Platz in der dritten Reihe, wenig praktische Ablagen, Verarbeitung nicht immer top

Technische Daten Fiat Freemont 2.0 JTDM AWD
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe) 4,89 / 1,69 (mit Dachreling 1,75) / 1,88 Meter
Leergewicht 2019 Kilogramm
Kofferraumvolumen normal/Rückbank umgelegt 758 / 1461 / 167 (bei sieben Sitzen) Liter
Maximale Zuladung 503 Kilogramm
Sitzplätze 5 / 7
Tankvolumen 77,6 Liter
Motor Multijet-Diesel mit Common-Rail-Direkteinspritzung, Reihen-Vierzylinder mit Zahnriemen und zwei obenliegenden Nockenwellen
Hubraum 1956 Kubikzentimeter
Getriebe Sechs-Gang-Wandler-Automatik (Nur mit Allrad) oder Sechs-Gang-Schaltgetriebe
Leistung (kW/PS) 125 / 170
Drehmoment 350 Newtonmeter
Anhängelast ungebremst/gebremst 450 / 1100 Kilogramm
Beschleunigung 0 - 100 km/h 11.0 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit 184 km/h
Verbrauch laut Hersteller (innerorts / außerorts / kombiniert) 9,6 / 6,0 / 7,3 Liter pro 100 Kilometer
Verbrauch im Test 8,8 Liter
CO2-Emissionen 164 Gramm pro km
Garantie 2 Jahre
Typklassen (Haftpflicht/Vollkasko/Teilkasko) 21 / 21 / 22
Preis als Basisfahrzeug 26 190 Euro
Preis des Testwagens 34 590 Euro

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