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Herausforderung aus Frankreich. Der Peugeot 308 punktet auch als Kombi mit viel Variabilität, solidem Fahrwerk und sparsamem Motor. Eigenschaften, die eigentlich typisch für den Platzhirsch Golf Variant typisch sind. Nicht nur deshalb ist der Franzose auf gutem Wege der Golf-Jäger Nummer eins unter den Kombis zu werden.

© Hersteller

Peugeot 308 SW vs. VW Golf Variant: Ganz schön deutsch, dieser Franzose

Peugeot hat Großes vor mit seinem neuen Kompakt-Kombi. Kann sich der Peugeot 308 SW gegen den Platzhirsch VW Golf Variant im Vergleich der kompakten Kombis behaupten?

Der im Herbst 2013 gestartete neue 308 mit der alten Nummer - Peugeot ändert in Zukunft bei neuen Modellen nicht mehr die Modellbezeichnung - hat sich inzwischen zur Zugnummer entwickelt. Europaweit liegen bereits 70 000 Bestellungen vor. Für die gebeutelten Franzosen ein Segen. Nun kam vor einer Woche mit dem Kombi 308 SW ein Auto aus einem Segment dazu, in dem Peugeot seit 1969 ganz vorn dabei ist. Beim 308- Vorgänger lag der Kombi-Anteil schon bei 60 Prozent, beim Neuen soll er deutlich steigen.

Die Kombi-Version ist nur um 900 Euro teurer als die fünftürige Limousine; beim VW Golf Variant sind das immerhin 1000 Euro. Der günstigste 308 SW mit 110 PS starkem Benziner und serienmäßigem Start-Stopp-System startet bei 19 250 Euro, inklusive Klima, Radio, Tempomat und LED-Tagfahrlicht. Der günstigste VW Golf Variant ist zwar 25 Euro billiger, hat aber nur 85 PS, kein Radio, nur eine ungeteilte Rücksitzbank und weder LED-Tagfahrlicht noch einen Tempomat serienmäßig an Bord. Die nicht besser ausgestattete 110-PS-Version des Wolfsburgers startet erst jenseits der 20 000er Marke bei 20 925 Euro. Erster Pluspunkt für den günstigen Preis des Franzosen.

Punktvorteil für den Peugeot 308 SW beim Nutzwert

Für den Aufpreis bekommt man bei Peugeot einen spürbaren Mehrwert geboten. Der SW ist 33 Zentimeter länger als die 4,25 Meter lange Limousine; der Radstand wuchs um elf Zentimeter; mit 273 Zentimeter (Golf Variant 264 Zentimeter) hat der 308 SW den größten Radstand unter den Kompaktkombis. Im Fonds haben die Knie nun drei Zentimeter mehr Platz. Erwachsene reisen kommod - wie auch im Golf. Der Kofferraum des Franzosen (610 bis 1660 Liter) ist etwas größer als der des 4,7 Zentimeter längeren Deutschen (605 bis 1620 Liter). Unerreicht bleibt allerdings der Spitzenladeraum des Skoda Octavia Combi mit 610 bis 1740 Liter. Der Golf darf mit 1600 Kilogramm 200 Kilogramm mehr ziehen als der 308. Dennoch Gleichstand in diesem Punkt, weil sich der Franzose einen leichten Vorsprung bei der Variabilität erarbeitet. Er punktet mit seiner sogenannten Magic-Flat-Rückbank: Per Fernentriegelung klappt sie automatisch und überdies komplett um, wobei auch die Sitzflächen leicht abtauchen. Dadurch entsteht eine völlig ebene Ladefläche.

Beim VW klappen nur die Rücksitzlehnen um, es bleibt eine störende Schräge. Für beide Kombis können Gepäckraumtrennnetze geordert werden (Peugeot 200 Euro; VW 175 Euro) und bei beiden lassen sich zudem die Gepäckraumabdeckungen platzsparend und sicher unter dem Ladeboden verstauen, wenn sie mal nicht benötigt werden. Doch nur der Peugeot bietet serienmäßig ein hochwertiges Alu-Schienensystem mit verstellbaren, robusten Verzurrösen. Dazu sind seine Seitenwände eben. Leichter Punktvorteil hier für den 308 SW.

Dafür gibt es für ihn die gelb-rote Karte in einer anderen Disziplin, weswegen ein Kombi gekauft wird. Nur 420 Kilogramm darf der 308 SW zuladen. Erschreckend wenig; da steckt ja mancher Kleinwagen mehr weg. Standesgemäße 536 Kilogramm sind es beim Variant. Ein Klassenunterschied! Der Hintergrund: Obwohl der 308 SW gegenüber dem Vorgänger um bis zu 140 Kilogramm leichter wurde, wiegt er mit 1580 Kilogramm noch immer 126 Kilogramm mehr als der Golf Variant. Und die zusätzlichen Kilo fehlen dann eben bei der Zuladung. Pluspunkt für beide Kombis: Alle neuen Motoren erfüllen bereits die ab September gültige Euro-6-Abgasnorm. Gleichstand hier.

Wandlerautomatik oder Doppelkupplungsgetriebe?

Wir sind das Topmodell der französischen Kombi-Reihe gefahren, den 308 SW mit dem "großen" Diesel, der schon beim Vorgänger ein Drittel der Verkäufe ausmachte. Der französische Zweilliter-Selbstzünder leistet 150 PS bei 4000 Touren und bietet ein Drehmoment von immerhin 370 Newtonmetern bei 2000 Touren. 90 Prozent dieses hohen Drehmoments liegen zwischen 1700 und 3000 Umdrehungen pro Minute an. Dank seiner großen Durchzugskraft geht der kultivierte Diesel eine harmonische Verbindung mit dem neuen Sechsstufenautomatikgetriebe des japanischen Spezialisten Aisin ein. Diese Wandlerautomatik ist auf eine Lebensdauer von 240 000 Kilometern ausgelegt; angesichts der derzeitigen Probleme mit der Doppelkupplungsautomatik von VW eine beruhigende Versicherung - und wieder ein leichter Punktvorteil für den Franzosen. Zum Vergleich die Werte für den VW Golf Variant mit dem 150 PS starken Euro-6-Diesel und Sechsgang-Doppelkupplungsautomatik: 150 PS bei 3500 bis 4000 Touren und ein maximales Drehmoment von 320 Newtonmeter bei 1750 bis 3000 Touren - also vergleichbare Werte. Auch beim allerdings praxisfernen Normverbrauch der beiden Automatikversionen. Peugeot: 4,2 Liter. VW: 4,5 Liter. Der 308 SW kam im realen Leben auf ordentliche 5,6 Liter Testverbrauch. Auch dieser neue Kombi erhält, wie jeder andere 308 SW die seit 2013 gültige erweiterte Garantie "5 Jahre QualitätsPlus", die bis zu 80 000 Kilometer Laufleistung gilt. Dagegen wirken die zwei Jahre von VW geradezu ärmlich. Klarer Punktvorteil für den Peugeot.

Ab Juli wird auch der famose Dreizylinder-Turbobenziner mit 130 PS diese neue Sechsstufenautomatik bekommen. Für alle, die keine Kilometerrekorde auf der Autobahn aufstellen, aber dafür Komfort beim Fahren schätzen, ist das eine hochinteressante Kombination. Der VW Golf Variant hält mit dem bekannten 125 PS starken TSI und der Siebengang-Doppelkupplungsautomatik dagegen.

Gutes Preis-Leistungsverhältnis, aber nicht mehr günstig

Der Franzose wartet mit einer Besonderheit auf, dem sogenannten i-Cockpit. Bei dem soll der Fahrer über das sehr kleine und tief sitzende Lenkrad auf die Instrumente schauen. Beim Golf hingegen sitzt alles dort, wo man es erwartet. Eben nahezu perfekt. Bei den Sitzen haben die Franzosen stark aufgeholt. Im Topmodell Allure dürfen sich die vorn Sitzenden an den serienmäßigen Sportsitzen erfreuen, die keinen Anlass zur Kritik geben. Beim Golf kostet ähnliches Gestühl Aufpreis. Auch das Federn hat der 308 SW nun gelernt: stramm, aber dabei komfortabel - fast so wie ein Deutscher. Richtig überlegen ist der Golf Variant nur dann, wenn er für 1000 Euro extra die adaptive Fahrwerksregelung DCC an Bord hat. Ansonsten ist es eher eine Frage des Geschmacks, in welchem Kombi man sich besser fühlt.

Größter Vorzug des 308 SW ist unbestreitbar sein überzeugendes Preis-Leistungsverhältnis. Richtig günstig ist er allerdings nicht mehr: Die neue Sechsstufenautomatik gibt es nur für das Topmodell 308 SW Allure BlueHDi 150 EAT6 STOP&START. Das Auto heißt wirklich so. Preis? Stolze 29 250 Euro. Doch dafür ist alles Wichtige und Schöne an Bord; sogar ein Navigationssystem und LED-Hauptscheinwerfer. Die hat der VW gar nicht zu bieten. Stattet man ihn ähnlich aus wie den Peugeot, ist der Deutsche mit einem Preis von 33 380 Euro über 4100 Euro teurer. Für viele sicher das gewichtigste Kaufargument.

Fazit: Der neue 308 SW überrascht damit, dass er vieles besser kann als der Platzhirsch dieser Kombi-Klasse aus Wolfsburg. Fast teutonisches Design ohne die Schnörkel vergangener Jahre und eine Qualitätsanmutung, welche jener von VW sehr nahe kommt, machen ihn zu einer ernsthaften Alternative. Dass die Franzosen gute Selbstzündermotoren bauen ist bekannt. Der saubere Euro-6-Diesel mit 150 PS ist so einer, der dem deutschen Triebwerk mindestens ebenbürtig ist. Leichter Vorteil für den 308 beim Getriebe: Die japanische Sechsgang-Wandlerautomatik schaltet schneller als die Doppelkupplungsautomatik von VW, fährt weicher an und verbraucht nicht viel mehr Kraftstoff als die Schaltversion. Bei früheren Wandlerautomaten war das noch anders. Größtes Manko des Franzosen: Der 308 SW ist dem Golf Variant in der Variabilität zwar überlegen, patzt jedoch bei der Zuladung: kümmerliche 420 Kilogramm gegen 536 Kilogramm beim Golf. Da sollte Peugeot schnell nachbessern! Dafür bietet der 308 SW bessere Garantien, und zum versöhnlichen Schluss noch einen Preisvorteil von rund 4100 Euro. Die Antwort auf die eingangs gestellte Frage lautet: jein! Legen die Franzosen bei der Zuladung nach, wäre es wegen des leichten Punktvorteils ein ja.

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