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Optisch wirkt der BMW X4 stimmiger als sein großer Bruder. Obwohl die Bayern die Form nahezu unverändert auf den X3 als Basis übertragen haben.

© Paul Mühlenweg

Praxistest BMW X4 20d xDrive: Der flotte kleine Bruder

Was einmal geht, das auch nochmal - Auf der Basis könnte der BMW X4 entstanden sein. Doch der kleine Bruder des polarisierenden X6 zeigt ganz andere Seiten als der Große.

Erinnern Sie sich noch an diese typischen kleinen Brüder aus der Schule. Die waren immer besonders keck und vorlaut, wussten sie doch genau, dass sie gut geschützt im Windschatten des Großen segeln und sich deshalb eine ganze Scheibe mehr rausnehmen können. Nun, der BMW X4 will diesem Typus irgendwie nicht entsprechen. Obwohl sein großer Bruder sogar eher ein Krawallo ist und er die wichtigsten Gene geerbt hat. Der kleine Bruder ist in diesem Fall eher der „X6 light“ und im Grunde die bessere Wahl. Warum? Das erklären wir in diesem Praxistest.

Außen und Innen

Irgendwie ist das alles stimmiger. Die Grundform, dieses Gemische von Coupé und SUV, hat der BMW X4 vom großen X6 übernommen. Das abfallende Heck, die (verhältnismäßig) großen Nieren vorne, sogar das Hochbeinige ist wieder zu erkennen. Und dennoch: Beim kleineren X4 wirkt alles irgendwie stimmiger, besser proportioniert. Ihm fehlt dieses Wuchtige, Monumentale des X6. Dabei sprechen wir auch hier nicht gerade über ein kleines Auto. Mit 4,67 Meter Länge fehlt ihm zwar einiges zum großen Bruder. Aber im Vergleich zu den derzeit schwer im Trend liegenden Kompakt-SUVs gehört damit immer noch zu den größeren seiner Art. Dass er wirklich harmonischer aussieht liegt wahrscheinlich auch an der Höhe, die mit 1,62 Meter irgendwo zwischen großem SUV und Limousine liegt. Optisch tut das dem Auto gut. Der BMW X4 ist im Grunde der schönere X6.

Für die gepflegte Landpartie eignet sich der BMW X4 20d deutlich mehr als der wuchtige X6. Auch mit dem kleinen Diesel an Bord gibt es ausreichend Kraft dafür.
Für die gepflegte Landpartie eignet sich der BMW X4 20d deutlich mehr als der wuchtige X6. Auch mit dem kleinen Diesel an Bord gibt es ausreichend Kraft dafür.

© Paul Mühlenweg

Im Innenraum hat der BMW X4 wenig Überraschendes zu bieten. Hinter dem Steuer findet sich BMW ganz und gar. Die Verarbeitung ist ohne Tadel, die ausgewählten Materialien ebenfalls. Zumindest weitgehend. An der ein oder anderen Stelle zeigt sich schon, dass der Kostendruck beim kleinen Bruder etwas höher ist. Da findet sich im unteren Teil des Armaturenträgers auch mal Hartplastik, wo beim X6 Alles in allem erfüllt der X4 jedoch die in ihn gesetzten Erwartungen an ein Automobil der gehobenen Klasse.

Sitzen und Laden

Ein Zentimeter ist der Unterschied in der Länge zwischen X4 und X3. Nicht gerade viel, aber das Coupé-Dach muss sich doch bemerkbar machen. Erst mal vorne Platz nehmen. Dort zeigt sich der BMW X4 in etwa genauso geräumig wie sein Bruder, mit dem er sich die Plattform teilt. Natürlich bleibt sich BMW treu, Fahrer und Beifahrer werden umschmiegt vom beachtlichen Mitteltunnel. Aber Grund zum Klagen gibt es hier nicht.

Auf der Rückbank sind theoretisch drei Sitzplätze verfügbar. In der Praxis haben wir hier aber einen klassischen Notsitz in der Mitte, der sich nur für kurze Strecke eignet. Werden, wie in unserem Fall, zwei Kindersitze hinten montiert, dann können nicht mal mehr Kinder in der Mitte Platz nehmen. Da ist der Preis der Schönheit. Und der zeigt sich im Fond auch beim Ein- und Aussteigen. Großgewachsene sollten sich vor dem Dachbogen in Acht nehmen, die Öffnung in der Karosse ist eng und zwingt dazu sich etwas zu winden. Einmal angekommen ist die Kopffreiheit sehr ordentlich. Die Sitzbank ist tief montiert und erspart Menschen unter 1,90 Meter in der Regel den Kontakt mit dem Fahrzeughimmel.

Im Interieur gibt es beim BMW X4 wenig Überraschendes. Die Auswahl an Assistenzsystemen ist sogar eher relativ bescheiden.
Im Interieur gibt es beim BMW X4 wenig Überraschendes. Die Auswahl an Assistenzsystemen ist sogar eher relativ bescheiden.

© Hersteller

Im Heck surrt serienmäßig eine elektrische Heckklappe nach oben, wenn es ans Gepäckabteil geht. Dort finden sich beim BMW X4 im Vergleich zum X3 glatte 50 Liter weniger Platz. In der Praxis lässt sich das allerdings ganz gut verschmerzen. Die Ladekante ist relativ niedrig, der Laderaum ohne störende Ausbuchtungen und mit einem Schienensystem versehen. Das Gepäckabteil ist normalerweise rund 94 Zentimeter tief und lässt sich mit Umklappen der Rückbank auf fast 1,70 Meter verlängern. Vor allem entsteht ein nahezu ebener Boden, was sich als sehr praktisch für den Transport langer Gegenstände erweist. Bei umgelegter Rückbank sind es übrigens 1400 Liter, die der BMW X4 schluckt. Oder 200 Liter weniger als ein X3.

Fahren und Tanken

Nach dem Start fällt erst mal die gute Dämmung des X4 auf. Der Diesel wird nach Schließen der Türen vornehm ausgesperrt, die Abrollgeräusche sind höchstens auf dem miesesten von Berlins Kopfsteinpflastern hörbar, ansonsten bleibt es innen erfreulich ruhig. Lediglich eine leichte Stößigkeit auf grobem Untergrund ist dem X4 zu attestieren. BMW hat viel in die Geräuschkulisse des X4 investiert. Der Unterboden, die Türen und die Ausbauten innen sind gut gedämmt. Auch der Wind erzeugt beim X4 relativ wenig Geräusche. Nicht unbedingt selbstverständlich, vor allem bei der Karosserieform.

Los geht es mit der Testfahrt auf dem Land. Hier können wir zunächst die Kombination aus Fahrwerk und Motor prüfen. Unser Testwagen war mit der Achtgang-Automatik von Zulieferer ZF ausgestattet, die es merkwürdigerweise nur für diesen kleinen Zwei-Liter-Diesel (2300 Euro extra) gibt. Bekannt aus anderen Modellen arbeitet diese auch im X4 sauber, ist von den Übersetzungen passend austariert und erspart dem Fahrer wirklich eine Menge Schaltarbeit, welche der Automat sicher nicht schlechter als die menschliche Hand erledigt.

Mit ordentlicher Ausstattung ist der BMW X4 20d kaum unter 50 000 Euro zu haben. Das ist schon eine Stange Geld, aber die wahren Freunde des kleinen X6 wird das kaum schrecken.
Mit ordentlicher Ausstattung ist der BMW X4 20d kaum unter 50 000 Euro zu haben. Das ist schon eine Stange Geld, aber die wahren Freunde des kleinen X6 wird das kaum schrecken.

© Paul Mühlenweg

Dass BMW seine SUVs in Sachen Fahrwerk gut abstimmen kann haben die Münchner schon bei den größeren Modellen X5 oder eben X6 gezeigt. Beim X4 kommt auf der Haben-Seite hinzu, dass er eben kein ganz so großer Brocken ist wie seine großen Brüder. Zum X5 fehlen schon 200 Kilo, zum X6 gar mindestens 300 Kilo, je nach Motorisierung. Das macht den Ingenieuren die Arbeit leichter, macht sich aber auch ansonsten auf der Straße bemerkbar. Der X4 lässt sich flink und präzise auch um enge Kurven zirkeln. Dabei arbeiten Zentrifugalkräfte natürlich auch am Heck und verleihen dem X4 eine Tendenz zum Übersteuern. Aber die Physik geht gnädiger mit dem kleinen Macho um und so hat das adaptive Fahrwerk ebenso weniger Arbeit. Sicherheitsreserven auch in schnellen Kurven, Stabilität und kaum Wankneigungen - In der Summe erzeugt der X4 ein Fahrgefühl, das fast dem einer Limousine nahe kommt. Das ist letzten Endes fast das Beste, was sich über ein SUV sagen lässt.

Auf der anschließenden Autobahnstrecken darf der X4 zeigen, ob der Einstiegsdiesel mit seinen 190 PS auch kräftig genug ist. Im unteren Teil des Drehzahlbandes rum machen ihn die 400 Newtonmeter Drehmoment zu einem agilen Auto. Bei höheren Drehzahlen geht ihm naturgemäß etwas die Puste aus. Allerdings reden wir hier von Geschwindigkeiten jenseits der 160 km/h, die niemand zwingend mit einem solchen Auto fahren muss. Und selbst hier hat der Bayer immer noch etwas zuzulegen.

Das kritische Kapitel bei SUVs ist naturgemäß der Verbrauch. Auch hier macht sich der Bonus des Kleineren bemerkbar. Während ein X6 selbst mit sparsamen Diesel mit Bleifuß schnell zum Trinker wird, bleibt der X4 relativ bescheiden. Bei den schnelleren Etappen auf der Autobahn stieg der Verbrauch schon mal über elf Liter. In der Summe sind wir aber mit 8,4 Litern bei normaler bis zügiger Fahrweise ausgekommen. Das sind zwar durchaus glatte drei Liter mehr als der Normverbrauch. Aber in der Summe halten wir den Realitätsaufschlag noch für vertretbar. Zumal er bei gemäßigten Landstraßentempo auch zeigte, dass er es schafft auch mit Verbräuchen zwischen fünf und sechs Liter auszukommen.

Hören und Sehen

Die Rundumsicht im BMW X4 ist in etwa so gut wie beim großen Bruder X6. Bedeutet: Ab der B-Säule ist nach hinten fast nichts zu sehen. Das Heckfenster ist eine Schießscharte auf ungünstiger Höhe und die hinteren Seitenfenster schmal und ebenfalls sehr hoch positioniert. Die serienmäßigen Parksensoren hinten sind jedenfalls eine sehr gute Idee. Nach vorne spielt der X4 die Vorteile eines SUV aus, auch wenn er nicht ganz so hoch ausfällt. Gute Übersicht durch eine hohe Sitzposition klappt auch beim kleinen SUV-Coupé.

Mit 190 PS ist der BMW X4 absolut ausreichend motorisiert. Zumal man dem Diesel über Turboaufladung eine praktisches Drehmomentplateau von 400 Nm zwischen 1750 und 2500 U/Min angewöhnt hat.
Mit 190 PS ist der BMW X4 absolut ausreichend motorisiert. Zumal man dem Diesel über Turboaufladung eine praktisches Drehmomentplateau von 400 Nm zwischen 1750 und 2500 U/Min angewöhnt hat.

© Paul Mühlenweg

Das Navigationssystem gibt es für den X4 bereits ab 1490 Euro. Dann spielt die Musik auch bereits über Bluetooth. Das Soundsystem von Harman Kardon kommt dann nochmal auf 1090 Euro extra, die aber nicht nur für Musikliebhaber gut angelegt sind. Richtig schön wird es natürlich mit den Online-Diensten von BMW. Der Concierge-Service „ConnectedDrive“ kommt auf 700 Euro extra, das schlauere Navi mit Echtzeit-Verkehrsinformationen dazu kommt auf stattliche 3400 Euro. Empfehlenswert aber etwas teuer ist das Innovationspaket mit der City-Notbremsfunktion und dem adaptiven Kurvenlicht. Ansonsten ist das Angebot an Assistenten , eher BMW-untypisch, relativ bescheiden.

Wählen und Zahlen

Der Style-Zuschlag gegenüber dem X3 (Basispreis: 41 900 Euro) kommt mit dem Zwei-Liter-Diesel auf 4500 Euro. Das kostet der BMW X4 erst mal mehr als sein Bruder mit gleichem Motor. Zum Trost gibt es etwas mehr Serienausstattung, wie etwa die elektrische Heckklappe, das Sportlenkrad oder die Parksensoren hinten. Das Automatikgetriebe schiebt den Grundpreis dann auf stattliche 48 700 Euro. Konfigurieren wir noch etwas Ausstattung dazu dann ist die Schallmauer von 50 000 Euro schnell geknackt. Zumal BMW auch etwas eigene Logiken in der sehr langen Sonderausstattungsliste versteckt hat. So muss zu Leder etwa immer noch die Sitzheizung für beide Plätze vorne geordert werden, was den Preis von 1190 Euro nochmal um 370 Euro steigert.

Das Coupé-Heck gibt es auch beim BMW X4 nicht umsonst. Es fehlen 50 Liter Kofferraumvolumen und der Einstieg hinten ist nicht ganz so praktisch.
Das Coupé-Heck gibt es auch beim BMW X4 nicht umsonst. Es fehlen 50 Liter Kofferraumvolumen und der Einstieg hinten ist nicht ganz so praktisch.

© Paul Mühlenweg

Zwar ist der BMW X4 20d dann schon gut ausgestattet. Aber natürlich gibt es noch einige nette Dinge in der Preisliste zu finden. Empfehlenswert sind die LED-Scheinwerfer für 1400 Euro, die Soundanlage (s.o.) oder der „DrivingAssistant Plus“ (1100 Euro), der es erlaubt sich an den Vordermann „anzuhängen“ und so für Entspannung bei Geschwindigkeitsbeschränkungen sorgt. Ob es nun noch ein Spurwechselassistent (590 Euro) oder einen Parkassistenten (350 Euro) braucht bleibt letztendlich Geschmackssache.

Gutes und Schlechtes

Ein Auto mit einem so speziellen Auftritt ist immer Geschmackssache, das weiß man auch in München. Deshalb verwundert es wenig, wenn der BMW X4 preislich etwas offensiver aufgestellt ist als ein X3. Entweder man möchte genau den haben und ist auch bereit dafür zu zahlen oder nicht. Ganz subjektiv ist für uns der X4 der weitaus schönere X6, weil seine Proportionen stimmiger sind, er sich von Natur aus schon sportlicher fahren lässt und weil er mit dem Zwei-Liter-Diesel sogar einen vernünftigen Motor unterm schicken Blechkleid bietet. Nachteile sind ein etwas eingeschränkter Nutzwert und der oben beschriebene Style-Zuschlag. Am Ende dürfte das aber nur wenige Kunden abschrecken. Der BMW X4 20d ist der schönere und vernünftigere SUV-Coupé und bekommt daher von uns ein gutes Zeugnis.

Stärken
Ausgewogenes, aber dynamisches Fahrverhalten
Recht sparsamer Diesel
Sehr gute Verarbeitung

Schwächen
Bescheidener Nutzwert
Hoher Anschaffungspreis
Unbequemer Einstieg hinten

Konkurrenz

Audi Q5

Mercedes GLC

Porsche Macan

Technische Daten BMW X4 20d xDrive
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe) 4,67/1,88/1,62 Meter
Leergewicht 1810 Kilogramm
Kofferraumvolumen 500/1400 Liter
Maximale Zuladung 590 Kilogramm
Sitzplätze 5
Tankvolumen 67 Liter
Motor Vierzylinder-Dieselmotor mit Commonraileinspritzung und Turboaufladung und Ladeluftkühlung
Hubraum 1995 Kubikzentimeter
Getriebe 8-Gang-Automatikgetriebe
Leistung (kW/PS) 140/190
Drehmoment 400 Newtonmeter zwischen 1750 und 2500 Umdrehungen/Min
Beschleunigung 0 - 100 km/h 8,0 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit 212 km/h
Verbrauch laut Hersteller (innerorts/außerorts/kombiniert) 6,3/5,0/5,5 Liter
Verbrauch im Test 8,4 Liter
CO2-Emissionen / Effizienzklasse 145 g/km /A
Typklassen (KH/VK/TK) 21/21/24
Preis als Basisfahrzeug 48 700 Euro
Preis des Testwagens ca. 55 000 Euro

Paul Mühlenweg

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