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Fixes Geschäft: Mitarbeiter von 8bar bei der Arbeit in Kreuzberg. Im Internet wird konfiguriert, in der Wrangelstraße Probe gefahren.

© 8bar

Custom Bikes Marke Singlespeed: Fixie-Kult made in Berlin

Was als kleine Untergrundbewegung begann, ist heute zum weltweiten Kult avanciert: Die Fixie-Szene boomt und die stylischen Singlespeed-Räder sind auch aus deutschen Städten nicht mehr wegzudenken. Allen voran Berlin: Die Hauptstadt ist zum Zentrum der Fixed Gear Bewegung geworden.

Mit Trends ist das immer so eine Sache. Sie blühen schnell auf und wenn der Mainstream der Gesellschaft sie aufgreift, dann sind sie in der Regel bereits am Sterben. Dieses Schicksal haben viele auch der Fixie-Szene vorhergesagt, die in den letzten Jahren so richtig Schwung aufnahm. Doch der Boom um die Singlespeed-Bikes, also Räder mit fester Übersetzung, hält weiter an.

Vom Kurierfahrrad zum Lifestyle-Objekt: Was mit einer kleinen Fan-Gemeinde begann, hat sich heute zu einem weltweiten Boom entwickelt.
Vom Kurierfahrrad zum Lifestyle-Objekt: Was mit einer kleinen Fan-Gemeinde begann, hat sich heute zu einem weltweiten Boom entwickelt.

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"2002 war ich einer von ganz wenigen, die in Berlin mit einem Fixie unterwegs waren", sagt Bregan Koenigseker. Der gebürtige Amerikaner wohnt und arbeitet seitdem in Berlin und hat die Entstehung des Fixie-Booms gleich zweimal miterlebt. "An der Ostküste sind fast alle Fahrrad-Kuriere schon seit den neunziger Jahren mit Fixies unterwegs", erzählt der in Washington geborene Koenigseker. Zum ersten Mal nach Berlin rübergeschwappt ist der Trend 1993. Achim Beyer, der Eigentümer des Kurierunternehmens Messenger, weilte auf der Suche nach neuen Ideen in den USA. Dort traf er James Moore, der sich in der dortigen Kurier-Szene bestens auskannte. Beide zusammen organisierten dann in Berlin eine Weltmeisterschaft für Rad-Kuriere. Die Strecke verlief vom Brandenburger Tor bis zum Kudamm. Messenger ist heute ein bedeutendes Kurier-Unternehmen und Moore hat eine Rahmenmanufaktur in Lichtenberg.

Der große Fixie-Boom brach damals aber noch nicht aus. Die Szene blieb in den Neunzigern noch recht klein und überschaubar. Erst ab 2006 etwa nahmen auch größere Medien die Witterung der Untergrundszene auf. Bis dahin waren Räder und Fahrer weitestgehend Teil der Fahrrad-Kurier-Branche. "Wir spielten damals oft Bike-Polo, einfach nur so aus Spaß", erzählt Koenigseker, der damals ebenfalls als Rad-Kurier arbeitete. Ein beliebtes Hobby unter Custombike-Fans, die bis heute großteils auf Fixies setzen.

Stefan Schott auf einem selbst designten Fixie am Willy-Brandt-Flughafen Berlin.
Stefan Schott auf einem selbst designten Fixie am Willy-Brandt-Flughafen Berlin.

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In diesem Dunstkreis der sich entwickelnden Szene bewegte sich auch Stefan Schott. Der Kreuzberger schraubt schon seit seiner Kindheit an Fahrrädern herum. "Mein Vater hatte einen Fahrradladen. Dadurch hatte ich die Möglichkeit, mir aus verschiedenen Teilen selbst Räder aufzubauen", sagt Schott. Was anfangs noch Spaß war, wurde für ihn bald ein Geschäft. Zahlreiche Freunde fragten ihn, ob er nicht für sie ein individuelles Fixie bauen könnte. "Ich habe immer gedacht, es muss doch eine Art Baukasten geben, der es auch Laien ermöglicht, sich ein Custom Bike aufzubauen", erinnert er sich.

Der Showroom in der Wrangelstraße ist stylisch und minimalistisch, wie die Custom Bikes von 8bar selbst.
Der Showroom in der Wrangelstraße ist stylisch und minimalistisch, wie die Custom Bikes von 8bar selbst.

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Diese Idee verwirklichte er mit 8bar, seinem Laden in der Kreuzberger Wrangelstraße. Neben dem Showroom, wo seine Kunden sich beraten lassen und die Räder auch Probe fahren können, war ein Konfigurator im Internet Kern der Idee. Aus einem Baukastensystem können Fixie-Fans dort fast alles an ihrem Wunschrad konfigurieren. Rahmen, verschiedene Farben, Laufräder oder Sattelstützen – es darf gebastelt werden und vor allem sind die Räder auch direkt zu sehen. "Die Teile haben wir eigentlich alle auf Lager. Wenn der Kunde bestellt, dauert es etwa eine Woche, bis das Rad fertig ist", sagt Schott. Heute hat der Fixie-Fan drei Festangestellte in seinem Unternehmen und baut Räder für die Lifestyle-orientierte Kundschaft, aber auch für halbprofessionelle Sportler. Schott selbst fährt seit Jahren Rennen und 8bar unterhält auch ein eigenes Team mit sieben Fahrern.

Original Kreuzberger Kindl: Das bunte Fixie von 8bar aus der Wrangelstraße trägt den Namen KRZBERG v5 team edition.
Original Kreuzberger Kindl: Das bunte Fixie von 8bar aus der Wrangelstraße trägt den Namen KRZBERG v5 team edition.

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"Fixie-Rennen sind immer noch eine Nische, aber sie wächst stetig", sagte er. Die Singlespeed-Szene trifft sich zu Wettkämpfen in New York, Barcelona oder Mailand. Aber auch in Deutschland kommen immer mehr Veranstaltungen dazu. Aus Berlin sind regelmäßig neben dem 8bar-Team auch Fahrer von Schindelhauer dabei. Die beiden Berliner Teams sind befreundet, auch wenn sie auf der Strecke zu Rivalen werden. "Wir sind in ganz Europa unterwegs", sagt Schott.

Singlespeed-Fans sind längst keine Exoten mehr. Die Szene trifft sich in New York, Barcelona und Mailand zu Wettrennen. Auch Berlin mischt bei den Fixie-Events mehr und mehr mit.
Singlespeed-Fans sind längst keine Exoten mehr. Die Szene trifft sich in New York, Barcelona und Mailand zu Wettrennen. Auch Berlin mischt bei den Fixie-Events mehr und mehr mit.

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So entstand aus dem Trend unter Kurierfahrern ein regelrechter Boom. 2009 fand die 14. Europameisterschaft der Fahrradkuriere in Berlin statt, ein Jahr später wurde eine Bike-Polo-WM ausgerichtet. "Um die Ausrüstungen kümmerte sich damals eine Frau aus Portland", erinnert sich Bregan Koenigseker, der heute ebenfalls sein Berufsleben auf Fahrräder ausgerichtet hat. Er berät mehrere große Marken aus der Fahrradbranche und macht die Pressearbeit für die Berliner Fahrradschau. Erst letzte Woche fand die trendige Messe, deren Wurzeln ebenfalls in die Fixie-Szene hineinreichen, wieder in der Station am Gleisdreieck statt. Ein eindrucksvoller Beleg für den Fixie-Boom, der noch lange nicht am Ende ist.

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