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Brandenburg: Mutter des Bahnhof-Babys bleibt verschwunden

Bei der Suche nach der Mutter des am Sonnabend auf dem Bahnhof Jüterbog ausgesetzten Säuglings fehlte der Polizei bis zum Abend eine heiße Spur. Sie überprüfte gestern mehrere Dutzend Hinweise von Bürgern.

Bei der Suche nach der Mutter des am Sonnabend auf dem Bahnhof Jüterbog ausgesetzten Säuglings fehlte der Polizei bis zum Abend eine heiße Spur. Sie überprüfte gestern mehrere Dutzend Hinweise von Bürgern. Diese beschränkten sich allerdings zum größten Teil auf die Tasche, in der das etwa drei bis vier Tage alte und 50 Zentimeter große Mädchen gefunden worden war. Es gebe keine Anhaltspunkte zum Verbleib der Mutter, hieß es vom Lagedienst des Potsdamer Polizeipräsidiums.

Der Jüterboger Bahnhof befindet sichetwa 20 Minuten außerhalb des Zentrums der rund 90 Kilometer südlich Berlins gelegenen Kleinstadt. Am Sonnabend herrschte nach Auskunft der Bahnhofsaufsicht "normaler Verkehr". Die Gaststätte war geschlossen. In die Regionalexpresszüge von und nach Berlin steigen im Schnitt 15 bis 20 Personen ein. Ein Mann entdeckte gegen 13.20 Uhr in der Bahnhofshalle, in der nur Fahrscheinautomaten stehen, unter einer Bank die auffällige Reisetasche. Er brachte sie zur Bahnhofsaufsicht, die in einem separatem Gebäude am Bahnsteig arbeitet. Die diensthabende Kollegin verständigte nach einem kurzen Blick auf das Baby den Notarzt. Wie es gestern auf dem Bahnhof hieß, soll der Rettungswagen kurze Zeit später angekommen sein.

Mit Einzelheiten hielt sich Polizei sowohl in Potsdam als auch in Jüterbog zurück. Es sollten keine Details preisgegeben werden, die nur der oder die Täter wüssten. So blieb die Frage gestern unbeantwortet, ob der Finder der Tasche zum Zeitpunkt der Abgabe bei der Bahnhofsaufsicht bereits den brisanten Inhalt kannte oder nicht. Die Deutsche Bahn lobte jedenfalls gestern die "schnelle und umsichtige Reaktion der Jüterboger Aufsicht". Diese habe womöglich das Leben des kleinen Mädchens gerettet.

Wie ein Beamter der Jüterboger Polizeiwache gestern sagte, muss die Tasche schon eine Weile vor deren Abgabe um 13.20 Uhr unter der dunkelgrünen Bank aus Drahtgeflecht in der Bahnhofshalle gestanden haben. "Mehrere Reisende konnten sich an die auffällige Gestaltung der Seitenflächen erinnern", sagte der Polizist. Die dunkle Tasche besteht aus goretex-ähnlichem Material und trägt auf der Vorderseite des goldfarbenen Aufdruck "PAPAGAIO". An den Seiten sind ein Papagei und Tropenblätter abgebildet. Aufdruck und Gestaltung der Tasche könnten auf ein portugiesisches Fabrikat hinweisen: Das portugiesische Wörterbuch übersetzt "Papagaio" mit Pagagei - und mit "dreieckige Windel" (aus dem Brasilianischen).

Die Befragung von Krankenhäusern und Entbindungsstationen in der Umgebung von Jüterbog endete bislang ergebnislos. Nirgendwo gab es Hinweise auf eine vermisste Frau, die kürzlich entbunden hatte. Allerdings ist es nicht ausgeschlossen, dass die Täterin aus weiterer Entfernung stammt. "Wir dehnen den Ermittlungsraum bis nach Wittenberge aus, wo die Regionalexpresszüge nach Jüterbog beginnen", teilte die Polizeiwache in der Kleinstadt mit. Demnach könnte eine Person auf dem Bahnhof aus dem Zug ausgestiegen sein, die Tasche mit dem Säugling in der Halle abgestellt haben und mit dem nächsten Zug wieder abgefahren sein. "Sicher wollte sie, dass das Kind schnell gefunden wird", mutmaßte ein Beamter.

Hinweise auf die gesuchte Mutter und die auffällige Tasche nimmt das Potsdamer Polizeipräsidium unter der Telefonnummer 0331/283 33 33 entgegen.

Sascha Rettig

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