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Brandenburg: Nach Mord in Freiheit: Justiz gibt Pannen zu

Staatsanwälte schätzten Frist für Anklage falsch einVON WERNER VAN BEBBER COTTBUS/BRANDENBURG/H.Eine Reihe von Pannen ist offenbar die Ursache für die Freilassung dreier geständiger Mörder aus der Untersuchungshaft.

Staatsanwälte schätzten Frist für Anklage falsch einVON WERNER VAN BEBBER COTTBUS/BRANDENBURG/H.Eine Reihe von Pannen ist offenbar die Ursache für die Freilassung dreier geständiger Mörder aus der Untersuchungshaft.Der Cottbuser Oberstaatsanwalt Christoph Otto sagte am Dienstag, daß die Staatsanwaltschaft die Zeiträume falsch einschätzte, die zur Erstellung der Anklage innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Sechs-Monats-Frist blieben.Hinzu kam, daß die für Kapitalverbrechen zuständige Kammer des Cottbuser Oberlandesgerichts überlastet war, als die Staatanwaltschaft zur Eröffnung des Hauptverfahrens bereit war.Unterdessen ist einer der drei Angeklagten, der in einem Lübbener Aussiedlerwohnheim Angehörige des Mordopfers bedroht und verletzt hatte, erneut inhaftiert worden. Angeklagt ist der deutschstämmige Kasache zusammen mit zwei Landleuten des Mordes an einem Usbeken.Die drei Männer, 18 und 19 Jahre alt, sollen ihr 21 Jahre altes Opfer zunächst mit einem Messer schwer verletzt und dann ertränkt haben.Alle drei hatten die Tat während der sechsmonatigen Untersuchungshaft auch zugegeben, jedoch nicht gleichzeitig.Zwei der Angeklagten hätten schon im November gestanden, der dritte aber erst Ende Januar, sagt Otto.Die Zeit, die zwischen den Geständnissen verstrich, fehlte der Staatsanwaltschaft bei der Verfassung der Anklageschrift. Über die Anklage nämlich kam es zwischen der Cottbuser Staatsanwaltschaft und dem Generalstaatsanwalt in Brandenburg zu einer Meinungsverschiedenheit: Während die Cottbuser Ermittler einen vollendeten Mord anklagen wollten, sah der übergeordnete Generalstaatsanwalt im Tatgeschehen auch noch einen versuchten Mord.Die Meinungsverschiedenheit führte dem Cottbuser Oberstaatsanwalt Otto zufolge zu einer weiteren Verzögerung, und als die Staatsanwälte schließlich ihre Anklage fertig hatten, hatten die Richter der 3.Großen Strafkammer des Cottbuser Oberlandesgerichts keinen Termin frei: Eine "momentane Überlastung" führte dazu, daß das Hauptverfahren auf Anfang August terminiert wurde, sagt der Vizepräsident des Landgerichts, Bernd Walter.Das Landgericht leide keineswegs an Personalproblemen.Daß es wegen der Terminverschiebung "Wirbel" geben werde, "war klar". Falsch eingeschätzte Zeitabläufe und Terminprobleme sind aber kein Grund, die Untersuchungshaft zu verlängern.So sagt es Martin Groß, Sprecher des Brandenburger Oberlandesgerichts (OLG), das routinemäßig Haftbefehle zu prüfen hat, wenn die Untersuchungshaft länger als sechs Monate dauert.Die Oberlandesrichter hätten sich gefragt, was die Ermittlungen so erschwerte, daß Staatsanwälte und Polizisten länger als sechs Monate dazu brauchten - und nichts fanden.So entließen sie die drei.Das komme bei 130 Haftprüfungen pro Jahr allenfalls vier oder fünf mal vor, sagt Groß. Was bleibt, ist eine Pannenserie, von der Obestaatsanwalt Otto sagt: "Wir müssen es verantworten".Zwei der geständigen Mörder sind weiterhin frei.Beim Generalstaatsanwalt, der die Festnahme des dritten angeordnet hat, sieht man durchaus die Gefahr, daß die beiden erneut gewalttätig werden.Aber, sagt Sprecher Rolf Grünebaum, gegen die beide gebe momentan keine juristische Handhabe.

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