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Naturschutzverbände: "Umweltpolitik Brandenburgs ist schlechter als ihr Ruf"

Naturschutzverbände prangern in einem "Schwarzbuch" Probleme und Defizite an: Das Land hebelt beim Deichbau Planungsrechte und Bürgerbeteiligung aus.

Potsdam - Brandenburgs Naturschützer schlagen Alarm: Unmittelbar vor der Landtagswahl am 27. September haben Naturschutzbund, BUND, Naturfreunde und Grüne Liga ein aufrüttelndes „Schwarzbuch Umweltpolitik im Land Brandenburg“ veröffentlicht. Nach dem 158-Seiten-Werk gibt es im Naturschutz, bei illegaler Müllentsorgung oder der Forstpolitik krasse Fehlentwicklungen – entgegen dem vom früheren Umweltminister und heutigen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) regelmäßig propagierten Bild eines ökologischen Vorzeigelandes. Doch das ist, so das „Schwarzbuch“, das Munition für den Wahlkampf der Opposition von Grünen wie auch der Linken sein dürfte, eine Legende. Das Fazit: „Die Umweltpolitik Brandenburgs, sie ist schlechter als ihr Ruf.“

Das ist nicht allein auf die Energiefrage gemünzt, wo die Positionen zur SPD/CDU-Regierung unversöhnlich sind. Dass Brandenburg etwa beim Ausbau von erneuerbaren Energien einen Spitzenplatz einnimmt, was Platzeck oft anführt, wird von den Ökoverbänden nicht bestritten. Sie halten gleichwohl an der Forderung nach einem „geordneten Ausstieg“ aus der landschaftsfressenden und klimaschädlichen Braunkohleverstromung in der Lausitz fest. Brisanter sind die Bestandsaufnahmen des „Schwarzbuches“ für weniger im Rampenlicht stehende Felder – etwa beim Hochwasserschutz: So weist der märkische Nabu- Chef Tom Kirschey in einer Analyse nach, dass ausgerechnet in Brandenburg kaum Lehren aus den Jahrhundertfluten an Oder und Elbe gezogen wurden, obwohl damals der „Deichgraf“ Platzeck forderte, den Flüssen ihre Räume zurückzugeben. Von wenigen symbolischen Ausnahmen abgesehen, sei unter Platzeck sogar eine Deichbaupraxis etabliert worden, „die schrittweise aus legitimierten Verfahren herausgeführt wurde“. Überall in der Bundesrepublik, so Kirschey, müssen auch für die Errichtung und Sanierung von Deichen Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden, bei denen die Öffentlichkeit beteiligt wird und deren Ergebnisse vor Gerichten überprüft werden können. In Brandenburg sei genau dies ausgehebelt worden. Hier seien an Oder und Elbe und anderswo im Land die Deiche für über 200 Millionen Euro „im rechtsfreien Raum“ und „nach Gutsherrenart“ saniert worden. „Ohne rechtsverbindliche behördliche Entscheidung legitimiert“, was das zuständige Ministerium nicht einmal bestreite.

Defizite macht das „Schwarzbuch“ in der Forstpolitik aus. Danach wirtschaftet die landeseigene Forstgesellschaft seit Jahren „jenseits der Prinzipien der Nachhaltigkeit“, schlage mehr Holz ein, „als sich verjüngt und zuwächst“ – und müsse dennoch hoch subventioniert werden. In der Abfallpolitik habe gerade die Untätigkeit von Landesbehörden dazu beigetragen, dass Brandenburg bundesweit Spitzenreiter bei illegalen Mülldeponien wurde. Und auch für den Naturschutz auf Bundesebene sei das Land ein Ausfall: Seit 1992 kamen bei 28 Gesetzen zum Thema, so das „Schwarzbuch“, im Bundesrat aus Brandenburg fast nie eigene Anträge.

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