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Neuzelle: Wo die Mönche Handball spielten

Bei der Restaurierung der Stiftskirche Neuzelle stießen Restauratoren auf erstaunliche Details. Das Klostermuseum eröffnet am Sonnabend.

Neuzelle - Wenn Restauratoren auf einer alten Klostermauer gleich 23 verschiedene Farbschichten entdecken, geraten selbst viele Laien ins Staunen. Schließlich belegt die entdeckte Vielzahl unterschiedlicher Malereien nicht nur die lange Geschichte der Anlage, sie spiegelt zugleich auch den wechselnden Geschmack der Mönche im Laufe der Jahrhunderte wider. An diesem Wochenende kann sich jeder selbst ein Bild von der Handwerkskunst des späten Mittelalters machen. Nach zehnjähriger Restaurierung öffnen sich am Sonnabend erstmals der Kreuzgang und die benachbarten Klausurräume des Klosters Neuzelle an der Oder für die Öffentlichkeit. Das bislang als „Barockwunder der Mark“ gepriesene Reiseziel südlich von Frankfurt erhält damit eine weitere Attraktion, ist doch in den von repräsentativen Kreuzrippenanlagen geschmückten Räumen aus der Gotik ein Museum über die Klostergeschichte eingezogen.

„So ein vollständig erhaltenes Zisterzienserkloster finden Sie sonst in Brandenburg nicht“, sagt der Kultur- und Marketingdirektor der Stiftung Stift Neuzelle, Walter Ederer. „Selbst im europäischen Maßstab muss man lange nach einem geschlossenen Ensemble dieser Art suchen.“ Während sich die Besucher bisher vor allem an der prachtvoll ausgemalten und weithin sichtbaren katholischen Klosterkirche begeisterten, können sie seit einiger Zeit auch den ersten Teil des wiederhergestellten barocken Gartens und ab sofort auch Mauern, Keller und den Kreuzgang aus der Bauzeit des Klosters zwischen 1380 und 1450 bewundern.

Dabei glich die insgesamt 3,3 Millionen Euro teure Sanierung des Kreuzganges, der etwas vereinfacht auch als kunstvoll ausgestalteter Flur bezeichnet werden könnte, stellenweise einer spannenden Entdeckung. Im Refektorium, dem Speisesaal der Mönche, stießen die Bauleute an den uralten Wänden beispielsweise auf Befestigungsanker für Sprossenwände. Auf den Dielen waren Markierungen für Handballtore eingebrannt.

Diese und viele andere Spuren zeigen die wechselvolle Geschichte des Klosters, das bis 1635 zum Königreich Böhmen und danach bis 1815 zum Königreich Sachsen gehörte. Erst die Übernahme der Niederlausitz durch Preußen 1815 führte zur Auflösung und zur Eröffnung eines evangelischen Lehrerbildungsseminars. Daraus wurde zur NS-Zeit eine „Nationalpolitische Erziehungsanstalt“, deren Räumlichkeiten später eine sozialistische Lehrerbildungseinrichtung zum Lernen und Sporttreiben nutzte. 1991 nahm hier ein deutsch-polnisches Gymnasium die Arbeit auf, das seit vier Jahren von einer Privatschule geführt wird.

Das Klostermuseum zeichnet diese Etappen nach, wobei Kulturdirektor Ederer hier auf ein besonders wertvolles Stück aufmerksam macht. „Wir zeigen ein mit prächtigen Seidenstickereien gestaltetes Schmuckgewand, das der Abt Martinus Graff 1741 zur Weihe des barocken Hochaltars in der Stiftskirche trug“, sagt Ederer. „Weitere Teile des Ornats befinden sich noch in der Restaurierung, so dass sie erst Schritt für Schritt ins Museum kommen.“

Die Wiederherstellung der Klosteranlage ist längst noch nicht abgeschlossen. Bislang kostete sie rund 30 Millionen Euro, die hauptsächlich aus Landes- und EU-Kassen stammten. Bis 2012 sind weitere 19 Millionen Euro veranschlagt. Damit entstehen unter anderem eine Ausstellung für Teile der erst nach der Wende entdeckten hölzernen Passionsdarstellungen vom Heiligen Grab und ein neuer Innenhof des Klosters.

Am Sonnabend können das Klostermuseum und der Kreuzgang bei einem Tag der offenen Tür von 10 bis 17 Uhr besichtigt werden. Das Klostermuseum hat ab Sonntag täglich von 11 bis 17 Uhr geöffnet. ITel. 033652/8140, www.stift-neuzelle.de

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