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Brandenburg: Noch fünf Tage Gnadenfrist für insolventen Cargolifter

Neuen Bundeskredit gibt es nur bei 20 Millionen Euro Eigenkapital

Brand. Die ursprünglich für den Bau von Luftschiffen errichtete Halle in Brand taugt nicht einmal mehr als Touristenattraktion. Denn am kommenden Freitag schließt das moderne Informationszentrum der zahlungsunfähigen Cargolifter AG seine Pforten.

Damit verschwinden nicht nur Filme, Modelle, T-Shirts und Baukästen aus den Regalen, es enden auch die bislang von hier aus gestarteten Busfahrten über das alte Flugplatzgelände zur riesigen Werft. Ob es solche Besichtigungstouren überhaupt noch mal geben wird, steht in den Sternen. Denn am Freitag endet auch die Gnadenfrist für das gesamte Unternehmen. Nur wenn Insolvenzverwalter Rolf-Dieter Mönning auf einem Anfang Oktober eingerichteten Konto mindestens 20 Millionen Euro vorfindet, kann die endgültige Pleite verhindert werden.

Die Summe sollen die 72 000 Aktionäre durch eine Teilschuldverschreibung zum Stückpreis von 250 Euro aufbringen. „Ohne dieses Geld brauche ich bei der Bundes- und Landesregierung gar nicht erst um neue Unterstützung nachzufragen“, sagte Mönning. Gemeint ist damit die Bitte an das Bundeswirtschaftsministerium um einen so genannten EPR-Kredit in Höhe von 45 Millionen Euro. Um diese Summe zu bekommen, muss der Antragsteller ein gewisses Eigenkapital vorweisen. Dieses sollen, so die letzte Hoffnung der Cargolifter-Retter, die Aktionäre bis Ende der Woche zusammenbringen. Doch spätestens seit den Vorwürfen von zwei ehemaligen Mitarbeitern im ARD-Magazin „Panorama“, Cargolifter habe nie Baupläne für das riesige Last-Luftschiff besessen, ist die Unsicherheit auch bei den letzten Enthusiasten tief erschüttert.

„Das zurückgehende Interesse spürten wir natürlich auch in unserem Besucherzentrum“, sagte Unternehmenssprecherin Silke Rösser. Nur wenige Gruppen hätten noch eine Führung gebucht, und auch spontane Ausflügler würde es in dieser Jahreszeit nicht mehr an den Rand des Spreewaldes ziehen. Dabei gehörte die „Cargolifter World“bislang zu den am stärksten nachgefragten Sehenswürdigkeiten in Brandenburg. Seit Eröffnung im Frühjahr 2000 kamen 400 000 Besucher. Nun erhielten die 20 Mitarbeiter ebenso ihre Kündigung wie die verbliebenen 32 Cargolifter-Beschäftigten, die sich noch um die Sicherung und Wartung der Werft kümmerten. Bis zum Insolvenzantrag zählte die AG rund 540 Mitarbeiter, darunter viele Spezialisten aus europäischen Ländern.

Eine Rückkehr an ihre Arbeitsplätze schließt der Insolvenzverwalter nicht völlig aus. Zwar müssten bei einem Scheitern der bis Freitag laufenden Finanzaktion das Unternehmen liquidiert und die Gläubiger ausgezahlt werden, aber dann sei der Weg für einen Verkauf und einen möglichen Neubeginn frei. Die Aktionäre gingen dabei jedoch leer aus, sagte Mönning.

An der Cargolifter-Technologie „Leichter als Luft“ soll das Scheitern jedenfalls nicht gelegen haben. Unternehmensgründer Carl von Gablenz verwies in einem Interview am Wochenende darauf, dass sich Boeing und andere große Unternehmen ernsthaft dafür interessieren würden. Es wäre eine Schande, sagte er, „wenn wir die Technologie hier nicht halten könnten, obwohl wir schon so weit gekommen sind“. Auch ein externer Experte, der Präsident der Technischen Uni Cottbus Professor Ernst Sigmund, äußerte sich inzwischen zu den Vorwürfen aus dem Magazin „Panorama“. Laut Sigmund ist es normal, dass es keine Baupläne für das große Luftschiff gegeben habe, da der Cargolifter ein Entwicklungsprojekt gewesen sei: „Wenn ein fertiger Plan vorhanden gewesen wäre, hätte man doch sofort losbauen können“, sagte Professor Sigmund.

Bei der Gründung der Cargolifter AG 1996 wurde noch verkündet, man werde das erste Lasten-Luftschiff zur Expo 2000 vorstellen. 1999 wurde der Termin um ein Jahr verlängert. Zum Börsengang im Mai 2000 nannte das Unternehmen als Ziel des Erstflugs das Jahr 2003, später versprach von Gablenz den Premierenflug im Jahre 2005. Bislang verschlang die Idee rund 300 Millionen Euro, davon kamen 52 Millionen aus Bundes- und Landeskassen.

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