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Brandenburg: Platzeck: Zukunft des Landes liegt im Berliner Umland Absage des Regierungschefs an Brandenburgs Randregionen:

Ihre Förderung soll zugunsten der „Metropolenregion“ reduziert werden

Potsdam - Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) hat ein neues Leitbild für Brandenburg entworfen, das noch heftige Debatten auslösen dürfte. „Brandenburgs Zukunft liegt in der Metropolenregion“, stellte der Regierungschef jetzt in einem Grundsatzpapier fest. Er betont darin, dass Brandenburgs Potenziale im dynamischen Umland von Berlin liegen. Es sei „eine der attraktivsten Regionen in Europa“. Bislang würde die Politik mit dem Pfund der Berlinnähe „ noch immer nicht genug wuchern“ – „aus Angst, den Groll der Menschen in der ,abgehängten‘ Peripherie auszulösen“. Platzeck forderte, dass angesichts des Ernstes der Lage die Realitäten „im Lande selbst und nach außen ohne Scheu und schlechtes Gewissen“ thematisiert werden müssten, „auch auf die Gefahr hin, dass dies in Prignitz, Uckermark, Elbe-Elster oder Oberspreewald-Lausitz zunächst nicht gut ankommt“. Nur so bestehe die Chance, Akzeptanz auch für eine notwendigerweise unbequeme Politik zu erlangen.

Platzeck rückt damit vom bisher offiziell noch geltenden Leitbild der so genannten dezentralen Konzentration ab, das eine vorrangige Förderung der Brandenburger Randregionen vorsah. Bereits das jüngste Schönefeld-Urteil des Frankfurter Oberverwaltungsgerichtes hatte die Debatte darüber, ob das alte Leitbild noch zeitgemäß sei, neu entfacht: Nach Auffassung der Frankfurter Richter widerspricht der Bau des Großflughafens im berlinnahen Schönefeld dem Leitbild der dezentralen Konzentration – welches aber für Berlin und Brandenburg per Gesetz festgelegt worden sei.

Platzeck ging darauf nicht speziell ein. Das Umdenken begründete er mit dem dramatischen Bevölkerungsrückgang in den strukturschwachen Randregionen, aus denen junge und besser gebildete Menschen mangels Zukunftsperspektiven in großer Zahl abwandern. Die Entwicklung des Berliner Umlands zur Boomregion sieht der Regierungschef als Chance für das ganze Land an: Wenn Brandenburg diese Potenziale nutze, „dann ist es sehr gut möglich, dass die Menschen ihrer Heimat Brandenburg beim Umzug nicht einmal den Rücken kehren müssen, sondern von Prenzlau nach Potsdam ziehen, von Kyritz nach Erkner oder von Finsterwalde nach Falkensee“.

Die derzeitige Realität beschreibt Platzeck schonungslos: Die Menschen würden schon jetzt erleben, „wie sich ganze Stadtviertel entleeren, wie die Jungen und Qualifizierten wegziehen, wie dann Kneipen und Discos dichtgemacht werden. Sie erleben, wie Hallenbäder, Theater, Bibliotheken schließen, wie ihren Kommunen das Geld ausgeht.“ Sie erlebten, „wie dann erst recht neue Investoren ausbleiben, weil der Bildungsgrad sinkt und qualifiziertes Personal fehlt“.

Platzeck stellte jedoch klar, dass die berlinfernen Regionen „nicht aufgegeben“ würden. Die Wiederherstellung oder Erneuerung untergegangener industrieller Strukturen aber sei nicht mehr möglich. Auch der Bau von Umgehungsstraßen helfe den Menschen in den Randregionen heute nicht weiter. Sie müssten aber, auch wenn sie sich letztlich zum Wegziehen entschlössen, eine gute Bildung erhalten, um woanders ihre Chancen wahrnehmen zu können. Platzeck: „Bildung ist das einzige Versprechen überhaupt, das sich hier politisch geben und einhalten lässt.“ Bildung müsse auch deshalb im Mittelpunkt stehen, „um empirisch belegen zu können“, dass die Peripherie von der Politik nicht aufgegeben werde.

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