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Politik: … die Liebe bleibt, wo sie war

Heute, pünktlich zum Eintreten des Frühlings: die Liebe. Beide haben nach herrschender Meinung etwas miteinander zu tun, vermutlich, dass beide nie kommen, wenn man sie am dringendsten braucht.

Heute, pünktlich zum Eintreten des Frühlings: die Liebe. Beide haben nach herrschender Meinung etwas miteinander zu tun, vermutlich, dass beide nie kommen, wenn man sie am dringendsten braucht. Dem Frühling ist es auch völlig egal, ob wir ihn anbeten, mit kitschigen Liedern nerven oder mit hinkenden Versen zutexten; die Liebe indessen lässt sich mit diesen Mitteln durchaus herbeizwingen, sofern sie grad nichts Besseres zu tun hat.

Deshalb mag die Mitteilung hilfreich sein, dass nun endlich die schönste deutsche Liebesbotschaft ermittelt wurde. Goethe, Heine und Kollegen waren altersbedingt allerdings nicht mehr verfügbar, und deshalb musste das „Freiburger Informationszentrum für Sexualität und Gesundheit“ sich mit Amateureinsendungen zufrieden geben. „Unsere Liebe bleibt, wo sie schon immer war, nur manchmal weht das Leben Blätter und Schnee darüber“ – das ist der Anfang der preisgekrönten Botschaft, die von der Jury mit einem Kuschelwochenende zu zweit geahndet wurde. Letzte Zeile: „Unsere Liebe ist immer noch da, wo sie schon immer war.“

Herrschaftszeiten! Keine großen Gefühle mehr, keine von rosa Wallungen durchfieberten Herzflimmerkammern, kein zages Sehnen, geschweige denn sehniges Zagen über Kontinente und Generationen hinweg. Sondern erotisches Dosengemüse: „Wo sie schon immer war.“ Im Eimer? Auf der Festplatte, Windows/Word/Persönliches?

Nun muss freilich angemerkt werden, dass das auftraggebende Institut an allzu großen Emotionen überhaupt nicht interessiert sein kann. Denn es wird getragen von Unternehmen, die sich einer der größten Plagen unserer Zeit, der sog. erektilen Dysfunktion, entgegenwerfen, und das nicht mit Metaphysik, sondern mit Pharma-Chemie. Ihre Antwort auf die Frage „Liebster, wo ist unsere Liebe?“ lautet also: „In der Schublade, die blauen Pillen.“ Sollte sich unter den Einsendungen tatsächlich die Hammer-Botschaft befunden haben, die ohne Medizin Mauern zum Schmelzen bringt und Betten zum Schwanken, dann werden sie den Teufel tun, die zu veröffentlichen.

Dabei ist so ein Text ja schnell gemacht. „Frühling lässt sein blaues Band/wieder flattern durch die Lüfte/heute soll’s Viagra sein/hui, das stärkt die Hüfte“. Bitte: Schon sind die disparaten Themen Liebe/Frühling/Pharmaforschung bündig vereint, vielleicht was für den Wettbewerb 2007? Wenn nicht, mag es dem Vers gehen wie dem Frühling und der Liebe: Weht das Leben eben Blätter und Schnee drüber. bm

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