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Politik: ...Gerüchte kosten

Damit aus einem Gerücht ein wirksames Gerücht wird, muss es auf der Seite eins der „Bild“ stehen. Am besten ist es, wenn es abgründig ist.

Damit aus einem Gerücht ein wirksames Gerücht wird, muss es auf der Seite eins der „Bild“ stehen. Am besten ist es, wenn es abgründig ist. Wenn zum Beispiel das Gerücht verbreitet wird, der bunt gescheckte Fußballspieler Marcelinho sei gar nicht verrückt, sondern ein braver Familienvater, der seinen Kindern auf dem Klavier Chopin vorspielt, dann reißt das niemanden vom Hocker. Wenn andererseits geschrieben steht, Prinz Ferfried treibe es jetzt mit …, oder Klaus Wowereit sei …, oder Christoph Daum habe Koks …, oder Renate Künast sei beim Rauchen …, dann sind das super Gerüchte. Super Gerüchte sind entweder sexueller Natur oder sie spüren Verfehlungen nach und schauen in Abgründe.

Es gibt natürlich auch politische Gerüchte. Die schaffen es dann in „Newsweek“ und richten verheerende Schäden an. Das Gerücht hat Geschwister. Eine Schwester ist die Lüge. Die kann es auch in „Newsweek“ schaffen und vom CIA stammen. Sie richtet ebenfalls verheerende Schäden an, wenn etwa Massenvernichtungswaffen in Irak gar nicht erst gefunden werden.

Selbstverständlich gibt es auch Gerüchte, die gar keine Gerüchte sind, sondern Wahrheit. Franz Beckenbauers vorerst letzte Vaterschaft war so ein Fall. Ein Langzeitgerücht, das sich so lange hielt, bis der Bub zur Welt kam. Aber das sind harmlose Gerüchte, ein Schabernack, mehr nicht. Etwa so rufschädigend wie die Behauptung, Beckenbauer trinke gerüchteweise gerne Weißbier.

In Iconozo nun, was in Kolumbien liegt, sind sie in diesen Tagen dem Gerüchtewesen mit Vehemenz entgegen- getreten. Wiewohl die „Bild“ dort gar nicht verbreitet ist, wurde ein Gesetz erlassen, das dem Gerüchteverbreiten den Garaus machen soll. Fast 5000 Euro muss bezahlen, wer böse Gerüchte streut. Im Wiederholungsfall droht Haftstrafe bis zu drei Jahren.

Ha, das ist doch mal eine Maßnahme. Ganze Staatshaushalte lassen sich damit sanieren, sogar der von Hans Eichel. Seine Referenten erstellen bereits einen Gebührenkatalog. Für die Verbreitung des Gerüchts, Renate Künast rauche heimlich, sind harmlose 500 Euro veranschlagt. Zu tuscheln, Franz Müntefering sammle Heuschrecken wie andere Briefmarken, kostet 1000 Euro. 3000 Euro muss berappen, wer Edmund Stoiber outet: In seiner Maß ist doch Bier und kein Kamillentee. Der Kanzler färbt? Da kennt Eichel kein Pardon: 5000 Euro ist dieses Gerücht wert.

Schön wäre es, wir könnten auf diese Weise wieder flüssig werden. Und „Bild“ zahlt. Ist aber nur ein Gerücht.uem

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