zum Hauptinhalt

Politik: ...in Rom eine Revolution beginnt

Javier Lozano Barragan hat nachgedacht. Was dabei herauskam, ist erfreulich.

Javier Lozano Barragan hat nachgedacht. Was dabei herauskam, ist erfreulich. Es ist nicht lustig. Weiß Gott, der in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben darf, das ist es nicht. Es ist sogar sehr ernst. Javier Lozano Barragan ist, wer weiß das schon, Kardinal und so etwas wie der Gesundheitsminister des Vatikans. Demnach ist er verantwortlich für die Familienpolitik, die Gesundheitspolitik und die Sexualmoral der katholischen Kirche. Die ist – man muss das wohl so harsch sagen, wenn man nicht moraltheologischer Fundamentalist ist – verheerend.

Vor einiger Zeit ist der Kardinal mit solchen Äußerungen aufgefallen: „Wenn eine gesunde Katholikin mit ihrem HIVpositiven Ehemann sexuellen Kontakt haben will, darf sie das, allerdings ohne Kondom.“ Der Tod ist also weniger schlimm als die Benutzung eines Kondoms, die Zeugung eines aidskranken Kindes weniger dramatisch als die Benutzung eines Kondoms, die Verbreitung einer den Tod bringenden Seuche ist weniger schlimm als die Benutzung eines Kondoms. Das sind, Gott stehe uns bei, keine heiligen Sätze.

Oder dieser, auch von Kardinal Barragan: „Um das Leben zu verteidigen, muss Aids mit allen Mitteln bekämpft werden, aber immer im Rahmen zweier Prinzipien: Seid keusch und treibt keine Unzucht.“ Mal abgesehen davon, dass beides im Grunde ein und dasselbe Prinzip ist. Menschenfremd und menschenfeindlich ist so ein Satz.

Aber es sollte ja die Rede sein von Erfreulichem. Dem Vernehmen nach quillt weißer Rauch aus allen Ritzen des Vatikans. Er kündet von einer dieser Tage stattfindenden moraltheologischen Prüfung der Frage, ob das Kondomverbot wirklich dem christlichen Menschenbild angemessen ist. Der Kardinal hat eine neue Haltung gefunden. Er bleibt bei der Verdammnis des Kondoms (und das bleibt weiterhin verheerend für den gläubigen und folgsamen Teil der Menschheit). Wenn aber nun in einer Ehe der Mann sich in Sünde infiziert hat, die Frau ihm verziehen hat und nahe sein möchte, dann würde sie ja, obwohl frei von Sünde, möglicherweise mit dem Tod für die Sünde des Gatten bestraft. Das kann Gott nicht gewollt haben. So dringt es aus dem Vatikan.

Ein gewaltiger Sprung des Katholizismus, eine Revolution. Sie kann aber dauern. Wahrscheinlich länger, als Gott lieb ist. Moraltheologen haben vor der endgültigen Entscheidung viel Theorie abzuwägen. Vielleicht weil sie die Praxis nicht kennen. Möge Gott ihnen Einsicht einflößen. Die kann nämlich Leben retten. Und so soll es dann sein.uem

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false