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VdK-Präsidentin Mascher: "Deutschland ist immer noch reich"

Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Silke Mascher, spricht mit dem Tagesspiegel über die Sicherheit der Sozialleistungen in Zeiten der Euro-Krise.

Die Euro-Krise verschlingt Milliarden, alle reden nun vom Sparen. Gleichzeitig erklärt die Kanzlerin die Investitionen für Bildung und Forschung zum Tabu. Müssen die sozial Schwachen die Zeche bezahlen?

In einem Land mit wenig eigenen Rohstoffquellen ist Bildung und Forschung zweifellos der Schlüssel für eine gute Zukunft. Aber für diese große Aufgabe sollte man diejenigen stärker heranziehen, die in den letzten 20 Jahren besonders verdient haben. Deutschland ist ein reiches Land, immer noch. Die entscheidende Frage lautet: Wie wird dieser Reichtum verteilt?

Wie sicher sind denn die Sozialleistungen?

Es gibt gewisse Rechtsansprüche. Für die Rente etwa sind Beiträge gezahlt worden, die Leistungen sind deshalb nicht grenzenlos kürzbar. Und je mehr man an Sozialleistungen kürzt, desto teurer wird es für die Städte und Kommunen. Die müssen das dann nämlich mit mehr Sozialhilfe und Grundsicherung ausgleichen.

Der Industrie- und Handelsverband fordert die Abschaffung der Rentengarantie …

Daran ist nicht zu denken. Die Rentner haben seit Jahren erhebliche Einbußen. Drei Nullrunden, steigende Gesundheitskosten. Ihr Gürtel ist so eng geschnallt, dass ihnen bald die Luft wegbleibt

Auch die Hartz-IV-Sätze sollten ja nachgebessert werden. Glauben Sie noch daran?

Die Karlsruher Richter haben klar gesagt, dass geprüft werden muss, ob die Sätze für ein menschenwürdiges Existenzminimum reichen. Und sie haben deutlich gemacht, dass sie das derzeit bei den Kindern nicht sehen. Da ist also Handlungsbedarf. Man kann nicht sagen, dafür haben wir nun dummerweise kein Geld mehr. Nochmals: Das Geld ist da, es muss nur besser verteilt werden.

Das beste Mittel dafür sind Steuern. Sollte man sie erhöhen?

Das kann was bringen, aber man muss genau hinsehen. Die Mehrwertsteuer belastet vor allem diejenigen, die sämtliche Einnahmen für den laufenden Lebensunterhalt ausgeben müssen. Es ist aber nicht einzusehen, dass es in den USA eine Vermögenssteuer gibt und bei uns nicht. Es ist nicht einzusehen, dass leistungsloser Gewinn, nämlich eine satte Erbschaft, steuerfrei ist. Und es ist nicht einzusehen, dass hierzulande jeder Brötchenkauf besteuert wird, nicht aber die hochriskanten Geldgeschäfte von Spekulanten, bei denen Milliarden bewegt werden.

Für all das werden sich die Sozialverbände mächtig ins Zeug legen müssen …

Das werden wir tun. Der VdK hat gezeigt, dass er Bürger mobilisieren kann. Wir werden uns massiv aufstellen und dafür kämpfen, dass Rentner und chronisch Kranke, Menschen mit Behinderung und arme Familien nicht unter die Räder kommen. Die haben die Krise ja nicht verursacht. Das waren Banken und Finanzinstitute. Und die machen längst wieder satte Gewinne.

Ulrike Mascher (71) ist seit September 2008 Präsidentin des Sozialverbands VdK. Gestern wurde sie für weitere vier Jahre in ihrem Amt bestätigt. Das Gespräch führte Rainer Woratschka.

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