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Politik: ...wir auf den 5 000 000sten Arbeitslosen warten

Bestimmt haben Sie, liebe Leser, noch Armando Sa Rodrigues vor Augen, und wenn nicht, dann beschreiben wir es Ihnen jetzt: Wie er da auf seinem Moped sitzt, schüchtern, ein wenig ungelenk, mit Hut. 1964 war das, in KölnDeutz.

Bestimmt haben Sie, liebe Leser, noch Armando Sa Rodrigues vor Augen, und wenn nicht, dann beschreiben wir es Ihnen jetzt: Wie er da auf seinem Moped sitzt, schüchtern, ein wenig ungelenk, mit Hut. 1964 war das, in KölnDeutz.

Die Zeit, wie war sie? War sie besser, damals? Sie war übersichtlicher. Der Russe hieß Sowjet; und wenn er gerade wieder mal an seinem Atomwaffenarsenal herumgebastelt hat, dann hat man sich zünftig darüber aufgeregt. Rapper gab’s noch gar nicht; und wenn, dann waren sie wenigstens nicht weiß. Ausländische Mitbürger hießen Gastarbeiter. Rodrigues war der Millionste, deswegen das Moped. Ein Geschenk.

Wir wollen hier nicht nachkarten hinsichtlich der damaligen Messgenauigkeit. Es war ein schöner Moment deutscher Wirtschaftswunderzeit und Gerechtigkeit kein Fremdwort. Für die, die zeitgleich mit Rodrigues ankamen, gab es, immerhin, noch Bockwurst mit Brötchen. Ein Chor sang stilsicher „Wem Gott will rechte Gunst erweisen“ – wir hoffen inständig, dass damals auf das „e-i“ in der Mitte von erweisen geachtet worden ist, aber das ist ein Insiderwitz, bitte lesen Sie darüber weg.

Wäre ohnehin wichtiger, Sie würden sich anderweitig Gedanken machen; sofern sie noch einen Arbeitsplatz haben, jedenfalls. Die Zeit wird nämlich schon ein bisschen knapp, falls Sie ihn um der zu erwartenden, eventuellen Mitnahmeeffekte willen aufgeben wollen. Deutschland wartet gespannt auf den 5 000 000sten Arbeitslosen. Wäre doch schade, man verpasste den Termin. Der Wirtschaftsweise Wolfgang Franz, zum Beispiel, schätzt, die psychologisch bedeutsame Marke werde vermutlich „im Februar oder März gerissen“. Man merkt: Der Mann nimmt das sportlich.

Das sollten Sie auch tun! Andere tippen auf Januar. Ein bisschen Risiko ist also dabei. Soll man bereits bei der Weihnachtsfeier ausfällig werden und dem Chef den Punsch in den Nacken gießen – das hieße: Januar. Oder reicht die Postkarte aus dem Skiurlaub: „Na Chef, du alter Sack...“, wobei, wenn man auf die Schulferien angewiesen ist, es mit dem Februarentlassungstermin schon knapp werden könnte. Auf alle Fälle sollte man bedenken, dass Karten aus Italien so ihre Zeit brauchen.

Ob’s wieder ein Moped gibt, wenn man, mit ein bisschen Glück natürlich, der 5 000 000ste wird? Von Clement? Wahrscheinlich nicht. Wahrscheinlich muss man zu BeckmannJauchKerner, vorsprechen, wie man sich so fühlt. Oder Ursula Engelen-Kefer kommt vorbei und will Trost spenden. Aber das wäre ja nun wirklich Quatsch, oder? Vbn

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