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Schneller mehr Wohnungen bauen - das will Bundesbauministerin Hendricks mit ihrem 10-Punkte-Plan. Foto: Daniel Naupold/dpa

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10-Punkte Programm des Bundes: Bauministerin will Neubau beschleunigen - braucht dazu aber die Länder

Eine Musterbauordnung für alle Länder, Steuersubvention für Sozialbauten, Neukonzeption der Energiesparverordnung: Bund legt Wohnungsbau-Offensive vor

Zur Bekämpfung der Wohnungsnot in den stark wachsenden Städte hat Bundesbauministerin Barbara Hendricks (SPD) gemeinsam mit Mietern und Vermietern sowie Wohnungsbauverbänden am Freitag einen Zehn-Punkte-Plan vorgelegt. Wichtigste Maßnahmen: Nur noch eine Musterbauordnung für alle 16 Bundesländer, die Energiesparverordnung soll „neu strukturiert“ werden, serielles Bauen forciert sowie „zielgenaue steuerliche Anreize“ im Sozialen Wohnungsbau geschaffen werden. Deutlich machte Hendricks aber auch: Ohne Länder und Kommunen, in deren Zuständigkeit der Wohnungsbau seit den Beschlüssen der Föderalismus-Kommission vor zehn Jahren liegt, geht wenig.

Wie dramatisch die Lage ist, lässt sich an diesen Zahlen ermessen: In diesem Jahr rechnet die Bundesbauverwaltung mit dem Neubau von 275.000 Wohnungen - bis zu 400.000 bräuchte es aber, um die Nachfrage durch den Zuzug in die Ballungsgebiete zu decken. "Wie schnell wir diese Zahl erreichen, wage ich nicht zu sagen", antwortete Hendricks auf die Frage, wie sich der vorgestellte Zehn-Punkte-Plan auf dem Wohnungsmarkt auswirken könnte.

Mehr Bauland muss her

Der "zentrale Engpass für den Wohnungsneubau ist der Mangel an Bauland", so Hendricks. Der Bund habe darauf reagiert und die Verkaufsstelle für Grundvermögen in Staatsbesitz, die Bima, angewiesen, bundeseigene Grundstücke mit Preisabschlägen von bis zu 80 Prozent für Neubauprojekte im sozialen Wohnungsbau sowie zur Unterbringung von Flüchtlingen zu verkaufen. "Jetzt ist wichtig, dass die Länder und Kommunen nachziehen und zügig Bauland bereit stellen", so Hendricks.

Jede Lücke in den Städten bebauen

Baulücken in den Städten müssen geschlossen werden und Brachen aktiviert werden, forderte die Bauministerin. Auch leer stehende Bürohäuser könnten in Wohnhäuser umgewandelt werden. Solche Eingriffe müssten erleichtert werden durch eine Änderung der Baunutzungsverordnung.

Mehr Geld für Sozialen Wohnungsbau

Zwei Milliarden Euro in den kommenden vier Jahren gibt der Bund den Ländern zur Förderung des Sozialen Wohnungsbau - 500 Millionen Euro mehr im Jahr als bisher geplant. "Das kann nur ein erster Schritt sein", sagte Hendricks und stellte weitere Mittel in Aussicht. Damit die Länder das Geld auch für diesen Zweck verwenden, soll es jährlich Berichte an den Bund über die Mittelverwendung geben.

Steuersubventionen für den Wohnungsneubau

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat zugestimmt, Bundesbauministerin Hendricks stellt nun eine Erhöhung der Abschreibung für Neubauten in Aussicht. Zur Debatte steht eine Art Sonderabschreibung von bis zu zehn Prozent in den ersten Jahren bei der Errichtung von Sozialbauten in Gebieten mit "besonderem Wohnungsbedarf". Welche das sind, will Hendricks die Länder entscheiden lassen. Schäubles Vorschlag, die Förderung an die Mietpreisstufen 4 bis 6 des Wohngeldgesetzes zu koppeln, begrüßte Hendricks.

Eine Bauordnung für alle

Der Bund will eine "Musterbauordnung" erarbeiten und Hendricks appelliert an die Länder, diese möglichst vollständig zu übernehmen. Dies würde größere Serien etwa bei Aufzügen oder auch Typenbauten möglich machen, was wiederum die Kosten von Neubauten senken könnte.

Normen kommen auf den Prüfstand

Weil die vielen Normen Planung und Errichtung von Neubauten komplizierter, zeitaufwendiger und damit teurer machen, will das Bundesbauministerium mit dem Institut für Normung einen "Präsidialausschuss" gründen und Normen auf den Prüfstand stellen. Außerdem ist ein Bund-Länder-Kontrollausschuss vorgesehen, der Einfluss auf künftige Normungen Einfluss nimmt.

Wohnungen in Serie

Wer bei diesem Stichwort an Plattenbauten denkt, teilt die Ängste der Bundesbauministerin. Bei "seriellem Wohnungsbau" geht schon mal die Baukultur verloren und deshalb wiederholte Hendricks mehrfach, dass dabei die "baukulturellen Belange" nicht auf der Strecke bleiben dürften. Deshalb wird der Bund einen "Architekturwettbewerb" zum seriellen Bauen ausloben, um einer drohenden "Verödung der Städte" vorzubeugen.

Enev 2.0

Die Bauverbände haben es wiederholt gefordert, die Bauministerin blieb hart: Die Energieeinsparverordnung (EnEv) wird im kommenden Jahr verschärft, obwohl der Wohnungsbau dadurch teurer wird. Als Trostpflaster beruft Hendricks dafür eine "Sonderbauministerkonferenz" im kommenden Sommer ein. Diese soll die Enev und das Erneuerbare-Energie-Wärmegesetz zusammenführen und neu konzipieren. So sollen "auf kostengünstige Weise dieselben Ziele erreicht werden", hofft Hendricks.

Deutsche, zieht mit!

Der zehnte Punkt des Programms ist ein Appell an die Bevölkerung, "gemeinsam für mehr Akzeptanz für Neubauvorhaben zu werben".

Ohne die Bundesländer geht wenig, wiederholte die Bauministerin und appellierte an diese, mitzuziehen: "Wir brauchen eine Mitzuständigkeit des Bundes für den Wohnungsbau". Dessen Kompetenz dürfe sich nicht auf die "Durchleitung von Förderungen" an die Länder beschränken.

Zu wenig Personal in Bauämtern der Länder und Kommunen

Dass manches im Argen bei den Ländern liegt, sagte Hendricks auch deutlich: "In vielen Kommunen und Städten sind die Bauämter personell unterbesetzt". Es gebe "etliche zeitliche Engpässe" etwa bei der Erteilung von Baugenehmigungen. Hendricks regte die Bündelung von Genehmigungen an, damit zum Beispiel Bau oder Umbau, möglicher Denkmalschutz und der Brandschutz "in einem Schlag" genehmigt werden.

Opposition nennt Plan "Wunschzettel vor dem 1. Advent"

Die Opposition kritisierte das Programm: Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, Caren Lay, erklärt: „Der 10-Punkte-Plan von Ministerin Hendricks ist nichts weiter als ein schöner wohnungspolitischer Wunschzettel vor dem 1. Advent. Statt vager Zielstellungen brauchen wir die Verabredung konkreter Maßnahmen". Der Neubau von 200.000 neuen Sozialwohnungen jährlich dulde keinen Aufschub.

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