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100 Tage NSU-Prozess: Adnan Menderes Erdal: „Wir haben keine handfesten Beweise“

Nebenklage-Anwalt zieht ein ernüchterndes Zwischenfazit im NSU-Prozess. Er zweifelt, ob den Angeklagten eine Schuld nachzuweisen ist. Vom Vorsitzenden Richter ist er schwer enttäuscht.

Bezug nehmend auf die Fragen möchte ich mitteilen, dass man bei den Zeugen in solchen politisch motivierten Überzeugungsstraftaten mit den Appellen an Moral und Vernunft nichts erreichen kann. Da wir bis heute auch keine handfesten Beweise haben vorlegen können, bin ich ziemlich nachdenklich, ob es uns noch gelingen wird, Beate Zschäpe und ihren Kameraden etwas nachzuweisen.

Ich habe bei dem Brandanschlag von Solingen als Vertreter der Nebenklage den Vorsitzenden des Strafsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf, Herrn Steffen, erlebt. Er war nicht nur als Vorsitzender, sondern als Mensch einfach klasse. Wenn ich ihn mit dem Vorsitzenden des 6. Strafsenats des OLG München vergleiche, dann werde ich sehr traurig.

Insbesonders am 11. Juli 2013, den 22. Prozesstag, als im Fall des in München erschossenen Habil Kilic der ehemalige Chef-Ermittler Josef W. versuchte, die Ermittlungen in Richtung Drogenszene zu rechtfertigen. Herr W. führte aus, „jetzt wollen wir doch nicht alle so tun, als ob es hier keine türkische Drogenmafia geben würde“.

Hier hätte ich vom Vorsitzenden Richter erwartet, dass er Herrn W. wenigstens sagt, dass seine Worte keine Rechtfertigung sind, in der Neonazi-Szene nicht zu ermitteln. Zumal in Deutschland das Problem Rassismus kein Geheimnis ist.

Adnan Menderes Erdal ist Rechtsanwalt in Hannover. Sein Mandant war einer der Betroffenen beim Nagelbombenanschlag in der Kölner Keupstraße.

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