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Akten im Verhandlungssaal im Oberlandesgericht in München.

© dpa

101.Tag im NSU-Prozess: "Techtelmechtel" mit Beate Zschäpe

Der Ex- Thomas M. war mit Beate Zschäpe liiert, doch er kam gegen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt nicht an. Obwohl er sogar Sprengstoff lieferte. Über den Kontakt des Neonazis berichtete am Mittwoch ein Beamter des Bundeskriminalamts.

Von Frank Jansen

Beim Bundeskriminalamt hatte Thomas M. ausgepackt, im Gericht wollte er jedoch nichts zur Sache sagen. Der Auftritt des früheren sächsischen Skinheads im NSU-Prozess am Oberlandesgericht München endete am Mittwoch schon nach wenigen Minuten. Dabei hätte der 46-jährige Installateur aus Dresden viel berichten können – über seine Kontakte zu Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe, seine Liebelei mit Zschäpe und seine Spitzelei als V-Mann des Landeskriminalamts Berlin. Und über seine wilde Zeit in der rechten Szene überhaupt. Die V-Mann-Geschichte hatte ihn zudem bundesweit bekannt gemacht.

Als sie 2012 herauskam, geriet Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) unter Druck. Das Abgeordnetenhaus und der NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages fühlten sich zu spät von Henkel informiert. Doch Thomas M. wollte jetzt offenbar seine Ruhe haben. Aber der 6. Strafsenat hatte vorgesorgt.

Thomas M. verweigerte die Aussage komplett

Da der frühere Neonazi, der einst Thomas S. hieß und den Namen seiner Frau angenommen hat, einer der Beschuldigten im NSU-Komplex ist, machte er von seinem Recht Gebrauch, die Aussage komplett zu verweigern. Der 6. Strafsenat hatte es offenbar geahnt. Gleich nach Thomas M. erschien der BKA-Beamte, der den Ex-Skinhead im Jahr 2012 vernommen hat. Und der Polizist erinnerte sich gut.

Thomas M. habe zugegeben, über einen Mittelsmann für Uwe Mundlos „ein Päckchen“ mit Sprengstoff beschafft zu haben, sagte der Kriminalhauptkommissar. Das soll 1996 oder 1997 gewesen sein. Den Sprengstoff fand die Polizei dann am 26. Januar 1998 in Jena, in einer von Zschäpe gemieteten Garage, die zur Bombenbauwerkstatt umfunktioniert war. Die Durchsuchung veranlasste Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe, sofort unterzutauchen. Auch da spielte Thomas M. eine Rolle.

Im Verhör des BKA gab er zu, den drei Freunden eine Unterkunft in Chemnitz vermittelt zu haben. Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe konnten bei einem Rechtsextremisten übernachten und blieben dort etwa drei Wochen. Für Thomas M. war es offenbar selbstverständlich, den drei „Kameraden“ aus Jena behilflich zu sein. Auch wenn sein Kontakt speziell zu Beate Zschäpe sich nicht wie erhofft entwickelt hatte.

Treffen mit Zschäpe

Dem BKA erzählte Thomas M., er habe von Ende 1996 bis April 1997 mit Zschäpe ein „Techtelmechtel“ gehabt. Und der Skinhead wollte mehr. Doch Zschäpe habe immer nur die beiden Uwes im Kopf gehabt, sagte er in seiner Vernehmung. Die seien auch bei Treffen mit Zschäpe öfter dabei gewesen. Das ging Thomas M., wie er dem BKA sagte: „auf den Zeiger“. Das Techtelmechtel hatte keine Zukunft.

Der Kontakt zu Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe riss dennoch nicht ab. Offenbar wegen gegenseitiger Dankbarkeit. Thomas M. hatte in einem Strafverfahren zu einer Massenschlägerei Uwe Mundlos nicht verpfiffen. Thomas M. selbst musste wegen mehrerer Delikte ins Gefängnis. Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe schickten ihm aufmunternde Post, unterzeichnet mit „Deine drei Jenaer“. Als Thomas M. Mitte 1996 freikam, wurde gemeinsam kräftig gefeiert.

Die Spitzeltätigkeit von M. für das Berliner Landeskriminalamt war am Mittwoch kein Thema. Am Nachmittag brach der Vorsitzende Richter Manfred Götzl die Sitzung ab, da es Zschäpe schlecht ging. Die Verteidiger der Hauptangeklagten hatten um eine Pause gebeten, in der die Frau, die inzwischen noch blasser wirkt als zu Beginn des Prozesses, von einem Landgerichtsarzt untersucht wurde. Er sagte dann als Sachverständiger aus, Zschäpe klage über Kopfschmerzen, sie sei müde und abgeschlagen. Der Arzt hatte bereits im Dezember 2013 Zschäpe untersucht, als ihre Anwälte sie auch für nicht mehr verhandlungsfähig hielten. Damals hatte der Mediziner jedoch gemeint, eine weitere halbe Stunde im Prozess sei  Zschäpe zuzumuten. Am Mittwoch hingegen bescheinigte er ihr, „der Gesamtzustand ist schlechter als im Dezember“. Der Arzt prophezeite allerdings, Zschäpes Befinden werde sich „bis morgen früh“ deutlich verändern. An diesem Donnerstag wird der Prozess fortgesetzt. Die Mutter des NSU-Mörders Uwe Mundlos ist als Zeugin geladen.     

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