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George Tenet

© dpa

11. September 2001: CIA geht mit sich selbst ins Gericht

Ein interner CIA-Bericht fordert, dass der Ex-Chef des amerikanischen Geheimdienstes, George Tenet, für sein Versagen vor dem 11. September zur Verantwortung gezogen wird. Die CIA habe bei der Identifizierung terrorverdächtiger Personen versagt.

In einem internen CIA-Bericht werden dem früheren Direktor der amerikanischen Geheimdienstes, George Tenet, schwere Versäumnisse im Kampf gegen den Terrorismus im Vorfeld der Anschläge vom 11. September 2001 vorgeworfen. „Die Agentur und ihre Mitarbeiter haben ihre Verantwortlichkeiten nicht in befriedigender Art und Weise erfüllt“, heißt es in dem bereits 2005 erstellten aber bislang geheimen Dokument des CIA-Generalinspekteurs, dessen Kurzfassung jetzt veröffentlicht wurde. In dem Bericht wird empfohlen, Tenet und sieben andere Führungskräfte der CIA aus jener Zeit für ihr Versagen zur Verantwortung zu ziehen.

Vor allem habe die CIA dabei versagt, die zentrale Rolle des Terrorplaners Khalid Scheich Mohammed für den 11. September zu erkennen sowie die Relevanz der im Sommer 2001 vermehrt eingehenden Terrorwarnungen richtig einzuordnen. Nach Angaben des Berichts wussten etwa 50 bis 60 CIA-Mitarbeiter, dass zwei der späteren Attentäter, Nawaf al Hamsi und Khalid al Mihdhar, im März 2000 über Los Angeles in die USA eingereist waren. Beide wurden zwar in internen Berichten eindeutig und korrekt als Mitarbeiter von Osama bin Laden identifiziert. Aber keiner der mit den Informationen befassten Offiziere hielt es für notwendig, das FBI auf diese Gefahr für die innere Sicherheit des Landes aufmerksam zu machen.

„Dass so viele Mitarbeiter dabei versagten, richtig zu reagieren, zeigt einen Zusammenbruch des Systems – einen Zusammenbruch verursacht durch überhohe Arbeitslast, unklare Zuständigkeiten und Missmanagement“, heißt es in dem Report. Im Grunde habe zu dieser Zeit kein funktionierendes Frühwarnsystem existiert, das die USA vor dem Einsickern von Terrorverdächtigen hätte schützen können. Tenet habe 1998 zwar den Kampf gegen Al Qaida ausgerufen, später jedoch zur Terrorabwehr bestimmte Gelder anderweitig eingesetzt.

Der bislang geheime Text wurde gemäß einem neuen US-Gesetz der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Der jetzige CIA-Direktor Michael Hayden veröffentlichte den Bericht allerdings nur unter Protest und lehnte die empfohlenen Disziplinarmaßnahmen gegen seinen Vorgänger ab. Tenet und seine Kollegen hätten trotz ihres Versagens vor dem 11. September andere Anschläge vereitelt und das Leben unschuldiger Menschen gerettet. Der 2004 nach sieben Jahren an der Spitze der CIA zurückgetretene Tenet wies die Schlussfolgerung des internen Berichts in einer ersten Stellungnahme als „schlicht falsch“ zurück: „Vor dem 11. September hat keine US-Behörde mehr im Kampf gegen Al Qaida getan als die CIA“, betonte er.

Der ausführliche Bericht, der mehrere hundert Seiten umfasst, bleibt auch weiterhin unter Verschluss. Seine Erkenntnisse entsprechen im Großen und Ganzen denen einer Kommission des US-Kongresses, die ihre Ergebnisse bereits im Sommer 2004 vorgelegt hatte. Danach hatten geheimdienstliches Versagen und politische Fehleinschätzung der Terrorgefahr die Anschläge vom 11. September möglich gemacht.

Das jetzt publizierte CIA-Dokument beschäftigt sich darüber hinaus eingehender mit Fehlern einzelner Personen. Wie schon der Kongressbericht, stellt auch dieses Gutachten heraus, dass sich „kein spezieller Einzelaspekt des Versagens“ identifizieren lasse, auch „keine Silberkugel“, die die Attentate des 11. September verhindert hätte. Vielmehr handele es sich primär um ein Versagen bei den internen Arbeits- und Kommunikationsprozessen sowie um das Versäumnis, die gewonnenen Daten korrekt auszuwerten und an andere Sicherheitsbehörden weiterzugeben.

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