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Stets demonstrativ mit dem Rücken zum Saal: Beate Zschäpe im NSU-Prozess.

© dpa

170. Tag im NSU-Prozess: War Zschäpe an Ausspähung von Anschlagsorten beteiligt?

Beim NSU-Prozess in München sind am 170. Verhandlungstag Fotos vorgelegt worden, die belegen sollen, dass die Hauptangeklagte Beate Zschäpe an der Ausspähung von Anschlagsorten beteiligt gewesen sei. Doch die Verteidigung hält davon gar nichts.

Von Frank Jansen

Für den Opferanwalt ist die Sache klar. Die Vernehmung des Kriminalbeamten habe „eindeutig belegt, dass Frau Zschäpe an der Ausspähung von Anschlagsorten beteiligt war“, sagt Reinhard Schön. Der Polizist hat am Donnerstag im NSU-Prozess am Oberlandesgericht München Fotos erläutert, die eine Planung von Aktionen der Terrorzelle gegen türkische Betriebe in Stuttgart und eine Geschäftsstelle der SPD in Hof vermuten lassen. Anschläge des NSU gab es in beiden Städten allerdings nicht. Die Bilder stammen von einer CD, die im Brandschutt der mutmaßlich von Beate Zschäpe am 4. November 2011 angezündeten Wohnung in Zwickau lag. Auf dem letzten Foto sitzt der NSU-Mörder Uwe Böhnhardt neben einer jungen Frau, offenbar Zschäpe, auf einem blauen Sofa. Reicht das für einen Beweis gegen die Hauptangeklagte?

Die Episode vom 170. Verhandlungstag ist wohl eher ein weiterer Beleg dafür, dass es schwierig bleibt, Zschäpe die von der Bundesanwaltschaft angeklagte Mittäterschaft bei den zehn Morden und den weiteren Verbrechen des NSU nachzuweisen. Der Verdacht, die Angeklagte habe an Ausspähfahrten nach Stuttgart und Hof teilgenommen, ist angesichts der Bilddatei nicht auszuschließen. Doch eine lückenlose Beweiskette ergibt sich nicht.

Zschäpe sagt, wie üblich, gar nichts

Die Fotos entstanden an zwei aufeinander folgenden Tagen im Juni 2003. Auf mehreren Bildern steht in Stuttgart ein Mann mit Sonnenbrille, sportlicher Kleidung und einem Mountainbike vor einem türkischen Grillrestaurant und dann bei einem ebenfalls türkischen Geschäft. Vermutlich handelt es sich um Uwe Böhnhardt. Es folgt ein Foto vom Messingschild der SPD-Geschäftsstelle in der nordbayerischen Stadt Hof. Das letzte Bild aus der Serie zeigt eindeutig Böhnhardt, ohne Sonnenbrille, mit der jungen Frau auf einem Sofa. Dass es Zschäpe ist, erscheint naheliegend, die Frau hat allerdings das Gesicht gesenkt. Wo die Aufnahme entstand, ist unklar. Der Kriminalbeamte vermutet „wohl nicht ein Hotelzimmer, eher eine private Unterkunft“.

Angesichts der vom Bundeskriminalamt rekonstruierten zeitlichen Daten der Fotos könnte es auch sein, dass Böhnhardt und sein  Komplize Uwe Mundlos nach der Aufnahme des SPD-Schildes in Hof zu der Wohnung in Zwickau gefahren sind, die sie gemeinsam mit Zschäpe bewohnten. Zwischen dem Foto in Hof und der Aufnahme von Böhnhardt und der Frau auf dem blauen Sofa liegen zwei Stunden. Zwickau ist von Hof etwa 70 Kilometer entfernt. Die Strecke hätten Böhnhardt und Mundlos, die meist in gemieteten Fahrzeugen unterwegs waren, in zwei Stunden bequem schaffen können.

Zschäpes Verteidiger Wolfgang Stahl kontert denn auch sofort die Erklärung von Opferanwalt Schön. „Ihre Schlüsse sind ihrem Wunschdenken geschuldet“, wirft Stahl dem Kollegen vor. Zschäpe sagt, wie üblich, gar nichts.

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