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20 Jahre: Namibia feiert seine Unabhängigkeit

Seit der Unabhängigkeit regiert in Namibia die Swapo mit totalem Machtanspruch. Dennoch kann die Gesellschaft heute insgesamt freier atmen. Wirtschaftlich wartet die frühere deutsche Kolonie auf den Aufschwung.

Kapstadt - „Ihr werdet die Fabriken und Minen übernehmen und in den großen Häusern auf der anderen Seite der Stadt wohnen“, versprach die Gewerkschaftszeitung „The Namibia Worker“ ihren Lesern vor genau 20 Jahren zur Unabhängigkeit Namibias. Die Weißen im ehemaligen Deutsch-Südwestafrika fürchteten um ihren Lebensstandard. Doch keine der beiden Visionen hat sich erfüllt. Namibia hat am Wochenende seinen 20. Jahrestag der Unabhängigkeit als vergleichsweise stabiler afrikanischer Staat gefeiert.

Dass die einstige deutsche Kolonie bei allen Rückschlägen weit von simbabwischen Zuständen entfernt ist, hat nicht zuletzt mit dem Rückzug des früheren Präsidenten Sam Nujoma und der Wahl von Hifikepunye Pohamba zu seinem Nachfolger vor fünf Jahren zu tun. Obwohl sich an der autoritären Geisteshaltung der seit der Unabhängigkeit regierenden Swapo und ihrem totalen Machtanspruch wenig geändert hat, kann die Gesellschaft heute insgesamt freier atmen. Anders als Nujoma frönt Pohamba keinem Personenkult, sondern gilt als ausgeglichen und zugänglich. Auch ist er weit weniger launisch als sein Vorgänger – und droht der deutschen Minderheit nicht immer wieder mit dem Rausschmiss.

Als ehemaliger Minister für Landfragen ist Pohamba aber auch für die bislang eher undurchsichtig verlaufene Landreform verantwortlich. Die damit verbundene Unsicherheit ist neben der globalen Finanzkrise ein Grund dafür, weshalb der erhoffte Wirtschaftsaufschwung auf sich warten lässt. Die viel beschworene Unabhängigkeitsdividende hat eigentlich nur der vor allem von deutschen Besuchern gestützte Tourismus ausgeschüttet. Allerdings hat trotz seines Aufschwungs noch immer jeder Dritte der rund zwei Millionen Namibier keinen Job.

Wie schon zu Kolonialzeiten bildet der Bergbau das Rückgrat der Wirtschaft. Rückenwind hat Namibias Wirtschaft zuletzt durch die Kernkraft erhalten. Durch den zeitweise starken Anstieg des Uranpreises ist nun die Zukunft der Rössing-Mine bei Swakopmund bis mindestens 2016 gesichert. Zur Stabilität trägt auch bei, dass der nach der Unabhängigkeit befürchtete Exodus der Weißen hier anders als in Simbabwe nicht stattgefunden hat. Die allermeisten der 30 000 Deutschstämmigen unter den knapp 100 000 Weißen sind geblieben.

Wie eng die Bande zwischen Deutschland und Namibia trotz der nur kurzen Kolonialphase geblieben sind, lässt sich am Bau der Ohorongo-Zementfabrik ablesen, die gerade rund 400 Kilometer nördlich von Windhuk für 230 Millionen Euro vom Ulmer Familienunternehmen Schwenk errichtet wird. Spätestens im Januar 2011 soll die Fabrik die Arbeit aufnehmen und dann bei voller Auslastung 700 000 Tonnen Zement im Jahr produzieren. Bei der Anlage handelt es sich um die mit Abstand größte deutsche Auslandsinvestition in Namibia seit der Unabhängigkeit des Landes – und das erste Zementwerk in Namibia überhaupt. Wolfgang Drechsler

Man hatte sie für tot geglaubt. Finanziell überschuldet, personell ausgelaugt und von ihren Anhängern im Stich gelassen, schien Frankreichs rechtsextreme Nationale Front (FN) am Ende zu sein. Nur noch eine Million Franzosen, 6,3 Prozent der Wähler, hatten bei der Europawahl 2009 für sie gestimmt. Nun meldete sie sich mit 2,2 Millionen Stimmen (11,4 Prozent) zurück, auferstanden wie „Phönix aus der Asche“, wie Parteichef Jean-Marie Le Pen nach der ersten Runde der Regionalwahlen vor einer Woche triumphierte. In der entscheidenden Wahlrunde am Sonntag konnte er damit in zwölf von 22 Regionen erreichen, was ihm am liebsten ist – nämlich allein durch die Präsenz der FN-Listen den Wahlausgang zum Nachteil von Präsident Nicolas Sarkozys Regierungspartei UMP zu beeinflussen.

In keiner Umfrage vor der Wahl waren der Nationalen Front so viele Stimmen vorausgesagt worden, wie sie schließlich im ersten Wahlgang erzielte. Um die 8,5 Prozent hatten ihr die Umfrageinstitute zugebilligt. Wie bei der Präsidentenwahl 2002, als Le Pen völlig überraschend in die Stichwahl gegen den damaligen Staatschef Jacques Chirac einzog, erklären die Meinungsforscher auch jetzt die Fehlprognose mit der bekannten Scheu vieler Wähler, sich zu der beabsichtigten Stimmabgabe für die Rechtsextremen zu bekennen. Die Rückkehr der FN dürfe aber auch nicht überschätzt werden, legt Brice Teinturier vom Umfrageinstitut TNS-Sofres dar. Im Vergleich mit der letzten Regionalwahl 2004 verlor die FN vor einer Woche 1,3 Millionen Stimmen. Dieser Rückgang lasse sich nicht allein mit der großen Zahl der Nichtwähler im ersten Wahlgang erklären. Denn die Wahlbeteiligung ging gegenüber der letzten Regionalwahl um 23 Prozent zurück, die FN-Stimmen schrumpften jedoch um ganze 38 Prozent. Es könne allenfalls von einem leichten Anstieg im Vergleich zur Europawahl vor einem Jahr die Rede sein, analysiert Teinturier.

Den größten Zulauf erhielt die FN in ihren alten Bastionen östlich einer Linie von Le Havre im Norden bis Montpellier im Süden, wo wie beispielsweise in der Region Provence-Alpes-Côte d’Azur (PACA) die Probleme der Einwanderung und der öffentlichen Sicherheit traditionell den Nährboden für die Rechtsextremen bilden. Bei der Präsidentenwahl 2007 hatte Sarkozy der FN mit betont nationalen Sprüchen Wähler abgejagt. Den Erfolg hoffte er mit einer neuen Debatte über die „nationale Identität“ zu wiederholen. Doch die Franzosen hatten andere Sorgen.

Nicht etwa die Kontroverse um Minarette oder ein Burka-Verbot, sondern die Enttäuschung vieler Wähler über Sarkozys unerfüllte Wahlversprechen waren das Hauptmotiv für das FN-Votum, meint Jérôme Fourquet vom Institut Ifop. Angehörige der Mittelschicht, kleine Angestellte, Handwerker oder Gewerbetreibende, die 2007 seiner Parole „Mehr arbeiten, um mehr zu verdienen“ vertrauten, wandten sich als Opfer der Krise von ihm ab. Sie blieben zu Hause oder stimmten für die FN, die damit als Protestpartei den „vehementen Teil seiner Wählerschaft“ (Fourquet) zurückgewann.

Anders als Le Pen verstand es seine Tochter Marine, aus der sozialen Malaise Stimmen für die FN zu gewinnen. Während sich der bald 82-jährige Parteichef darauf beschränkte, bei Wochenendtreffen mit alten Kämpfern herumzuschwadronieren, und im übrigen darauf vertraute, dass sein Name allein dafür bürgt, in der Region PACA 20 Prozent der Stimmen einzufahren, beackerte seine Tochter in der Krisenregion Nord- Pas-de-Calais bei Marktbesuchen und in Versammlungen das Terrain. Die 41-jährige Rechtsanwältin, die auch schon mal Einwanderer vor Gericht verteidigt, sprach dabei nicht die klassischen FN-Themen Einwanderung und Sicherheit an. Vielmehr zog sie gegen Europa, die Globalisierung und die sozialen Folgen der Krise vom Leder. Mit 18,3 Prozent, dem zweitbesten FN-Ergebnis, festigte sie als Vizepräsidentin ihren Anspruch auf die Nachfolge des Parteichefs. Wann der jedoch seinen Platz räumen wird, ist völlig offen.

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