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Politik: 20000 Berliner Studenten auf der Straße

Protest gegen Kürzungen an Unis – größte Demonstration seit Jahren / Aktionen auch in anderen Städten

Berlin (akü/sib/Ha/lvt). Rund 20 000 Studenten haben am Donnerstag in Berlin gegen die geplanten Kürzungen bei den Hochschulen protestiert. Sie zogen mit Transparenten von den drei Universitäten der Stadt zum Roten Rathaus. In ihrer Abschlusskundgebung warnten die Studenten vor einem Abbau von Professorenstellen als Konsequenz der Sparpläne der Landesregierung. Der rotrote Senat will den Landeszuschuss an die Hochschulen bis 2009 um 75 Millionen Euro kürzen. Vor der Demonstration war eine Besetzung der PDS-Parteizentrale friedlich zu Ende gegangen. Auch in anderen Städten protestierten Studierende.

Die Demonstration, an der sich am Donnerstag auch viele Schüler beteiligten, war einer der größten Uni-Proteste der vergangenen Jahre. Der Senat will aber an den Einsparplänen festhalten. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit sagte am Donnerstag im Abgeordnetenhaus: „Es bleibt bei 75 Millionen Euro.“ Die Kürzungen seien „im Konsens“ mit den drei Berliner Universitäten vereinbart worden. Jetzt müssten die Universitäten „Strukturentscheidungen“ treffen.

Der gemeinsame Etat wird nun auf rund 870 Millionen Euro gesenkt. Auf die Freie und die Humboldt-Universität entfallen dabei jeweils etwa 23 Millionen Euro, auf die Technische Universität 30 Millionen Euro. Allerdings büßen TU und FU weitere 15 Millionen Euro ein: Sie müssen für die Pensionen der Professoren selbst aufkommen und Geld für den Ausbau der Fachhochschulen abgeben. In den vergangenen zehn Jahren haben die beiden Universitäten bereits 40 Prozent ihres einstigen Bestands an Professuren abgebaut. Mit den neuen Einsparungen muss jede der beiden Unis zusätzlich 80 bis 90 Professuren und über 500 Mitarbeiterstellen abbauen.

Wowereit plädierte für die Einführung von Studiengebühren, doch sei Berlin „leider noch nicht so weit“. Wowereit hatte sich bereits öffentlich für Studiengebühren auch für das Erststudium ausgesprochen. Außerdem müsse diskutiert werden, ob das Beamtenrecht für Professoren „richtig“ sei. Er habe Verständnis für die streikenden Studierenden, weil die Arbeitsbedingungen an den Hochschulen oft schlecht seien.

Die Proteste in Berlin verliefen weitgehend friedlich, vereinzelt gab es kleinere Verkehrsstörungen. Eine erneute Besetzung von Gebäuden sei nicht geplant, sagte Studentensprecher Theo Lerle. An die Adresse Wowereits, den sie fälschlicherweise im Rathaus vermuteten, riefen die Demonstranten: „Klaus, komm raus“. Sie trugen Transparente mit der Aufschrift „Die Wissenschaft hat festgestellt, dass diese Stadt nicht zu ihr hält“ und „Berlin spart sich dumm und dämlich“.

Die Gewerkschaft GEW, die Landesschülervertretung und die Berliner Grünen sicherten den Studenten ihre Unterstützung zu. Auch der Generalsekretär des Wissenschaftsrates, Wedig von Heyden, bedauerte im Gespräch mit dem Tagesspiegel die Einsparungen, mahnte aber zugleich Reformen an den Hochschulen an. Proteste von Studierenden und Hochschullehrern gab es auch in München, Marburg, Gießen, Wiesbaden und Kassel. In Hamburg räumten mit Schlagstöcken bewaffnete Polizisten eine spontane Demonstration von rund 150 Studierenden vor dem Rathaus gegen die geplante Schließung der Hochschule für Wirtschaft und Politik.

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