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Politik: 21 oder die halbe Welt

Apec-Gipfel berät Weltfinanzkrise / Bushs letzte Reise / Russland und China werben um Lateinamerika

Von Michael Schmidt

Berlin - Der Diagnose hat die Therapie zu folgen. Das jedenfalls sieht der ambitionierte Fahrplan von Alan Garcia vor, dem peruanischen Gastgeber des 16. Apec-Gipfels in Lima. „Die G20 in Washington haben eine Bestandsaufnahme der Krise geleistet, wir müssen die ersten Schritte zur Überwindung machen“, sagte der Präsident des Andenstaates bereits am Donnerstag, als die Apec zur Unterstützung der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer im Kampf gegen die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise aufrief. An diesem Wochenende kommen die Staats- und Regierungschefs der 21 Mitgliedstaaten des Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsforums in der peruanischen Hauptstadt zu zweitägigen Beratungen zusammen. US-Päsident George W. Bush warnte die Teilnehmer in seiner Eröffnungsrede davor, die Finanzkrise mit Protektionismus zu beantworten. „Es ist eine der Lehren aus der großen Depression in den 30er Jahren, dass globaler Protektionismus der Weg zum globalen wirtschaftlichen Ruin ist“, sagte der scheidende US-Präsident.

Ob es dem Forum jedoch gelingt, den Ruf eines bloßen Debattierclubs abzulegen, ist mehr als fraglich. In der Vergangenheit war die Themenpalette der Treffen meist ebenso umfangreich wie die Abschlusserklärungen unverbindlich. Und das, obwohl das Gewicht des größten Wirtschaftsverbandes der Welt erheblich ist: Immerhin erbringen die Apec-Mitglieder zusammen nicht nur etwa die Hälfte des Welt-Bruttoinlandsproduktes, sie wickeln auch die Hälfte des Welthandels ab. Dass die Apec bisher dennoch keine aktivere Rolle in der Weltpolitik spielte, führt Wolfgang Hein vom Hamburger Giga-Institut für Lateinamerikakunde unter anderem darauf zurück, dass einige der größeren Mitglieder wie die USA, Russland, Japan auch den G8 angehören und diesen exklusiven Zirkel für weltpolitische Weichenstellungen bevorzugen.

Für US-Präsident George W. Bush ist das Treffen in Lima die wahrscheinlich letzte Auslandsreise. Ihm wird wenig anderes übrigbleiben, als festzustellen, dass die Konkurrenz im einstigen „Hinterhof“ der USA schon aktiv war – und die Welt dabei ist, sich zunehmend von einer unipolaren mit nur einer Supermacht hin zu einer multipolaren zu entwickeln. Rohstoffe, Absatzmärkte, geostrategische Weichenstellungen hatten Bushs Amtskollegen aus China und Russland bereits vor dem Gipfeltreffen in die Region geführt. Chinas Präsident Hu Jintao hatte zunächst Kuba seine Aufwartung gemacht und am Mittwoch die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit Peru abgeschlossen. Das ressourcenhungrige Riesenreich der Mitte weitet seinen Einfluss in Lateinamerika immer weiter aus, das seinerseits bemüht ist, die Abhängigkeit vom großen Bruder im Norden zu vermindern: Noch im Jahr 2000 erreichte der beiderseitige Handel gerade einmal ein Volumen von acht Milliarden Euro, wie Giga-Experte Hein vorrechnet – im vergangenen Jahr waren es dagegen fast 103 Milliarden Dollar.

Und auch Russland hat in dem Bemühen, seine Einflusssphäre wieder auszuweiten den südamerikanischen Kontinent entdeckt: Dabei reaktiviert der Kreml nicht nur alte Beziehungen zu Kuba, sondern knüpft auch neue Bande: Präsident Dmitri Medwedew wird zu Wochenbeginn auch Brasilien und Venezuela besuchen. Russland geht vor allem mit Waffen hausieren. Zwischen 2005 und 2008 kaufte Venezuela in Russland Waffen im Wert von 4,4 Milliarden Dollar. Am Rande des Forums in Lima werden Bush und Medwedew zusammenkommen. Dann wird sich zeigen, ob es diesem gelingt, Bush davon zu überzeugen, dass die Waffendeals, wie Russlands Außenminister behauptet, „sich nicht gegen irgendein drittes Land“ richten.

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