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Die Unsicherheit über den Ausgang der US-Wahl lässt die Börsen von Wall Street bis Tokio zittern.

© AFP

3 Tage bis zur US-Wahl: Die US-Wirtschaft fürchtet einen Trump-Sieg

Reagieren die Märkte negativ, wenn sich seine Chancen auf das Weiße Haus verbessern? Clinton bedeutet Berechenbarkeit, Trump Risiko. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Gewöhnlich heißt es, ein republikanischer Präsident sei besser für die US-Wirtschaft als ein demokratischer - oder werde zumindest von den Börsen lieber gesehen. Auch das ist im Wahljahr 2016, in dem viele Erfahrungsregeln ihren Wert verloren zu haben scheinen, anders. Wenn Hillary Clintons Chancen auf den Wahlsieg steigen - wie zum Beispiel nach der ersten TV-Debatte gegen Donald Trump -, geht auch der S&P-Börsenindex nach oben.

Trump gilt als weicher bei der Regulierung

Das ist zumindest das Narrativ vieler Medien. Wenn Trump hingegen aufholt, sinken die Kurse. Die Börsen, so die übliche Zusammenfassung in den US-Medien, fürchten sich vor einem Trump-Sieg und hoffen auf einen Clinton-Erfolg am Wahltag.

Einer so simplen Korrelation misstrauen allerdings einige Experten, darunter auch Bill Cline, ein erfahrener Ökonom am Peterson Institut for International Economics (PIIE) in Washington. Er hat eher das Gegenteil beobachtet: eine positive Korrelation zwischen verbesserten Chancen für Trump und höheren Börsenkursen. Und er kann auch durchaus begründen, warum Finanzinvestoren Trump auf den ersten Blick bevorzugen könnten. "Er wird als weicher betrachtet bei der Regulierung der Finanzmärkte. Clinton als härter." Trump habe zum Beispiel angekündigt, er wolle den "Dodd Frank Act", mit dem die Finanzaufsicht nach der Bankenkrise verschärft wurde, rückgängig machen.

Die Drohung mit Zöllen ist Gift für die Wirtschaft

Ein zweiter, etwas umfassender Blick verändere die Erwartungen jedoch, sagt Cline. Denn die Analyse aus Sicht der breiteren Wirtschaft falle anders aus. "Trump bedeutet Risiko, Clinton Berechenbarkeit." Trumps Rhetorik gegen den Freihandel und seine Androhung protektionistischer Zölle gegen Mexiko und China sei furchterregend für viele Branchen, die von integrierten Märkten profitieren, zum Beispiel die Autoindustrie.

Trumps Steuerpläne seien von den Experten auseinandergenommen worden, fährt Cline fort. Sie würden das Budgetdefizit und damit auch den Schuldenberg drastisch vergrößern. Und diese Aussichten brächten dann auch die Finanzindustrie gegen Trump auf.

Clinton verheißt Sachkompetenz, Trump jähe Brüche

Was Clinton an neuen Auflagen für die Banken und an Steuererhöhungen für die Reichsten vorschlage, fänden die Investoren zwar nicht gut. Andererseits plane Clinton aber "keine exzessiven Veränderungen". Die Betroffenen könnten damit zurecht kommen. Generell genieße Clinton einen guten Ruf wegen ihrer Sachkompetenz. Trump werde gefürchtet, weil er unberechenbar sei und "ein Potential für Disruption", also jähe Brüche, mit sich bringe.

Insofern wäre es gar nicht unlogisch, wenn die Börsenkurse das gern beschriebene Muster tatsächlich zeigten und sinken würden, sobald sich Trumps Siegchancen verbessern, denn eine Trump-Präsidentschaft sei schädlicher für die wirtschaftlichen Aussichten als eine Clinton-Präsidentschaft. Nur: Eine so eindeutige Korrelation sei nun mal nicht nachzuweisen.

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