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Politik: 30 Milliarden mehr – was tun?

Gesundheitsexperten beanspruchen das Geld für ihre Reform, Finanzpolitiker wollen Schulden abbauen

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Vor der Steuerschätzung an diesem Donnerstag streitet die Regierungskoalition von Union und SPD über die Verwendung der erwarteten Mehreinnahmen des Staates. Im Kern geht es darum, ob das Geld für Arbeitslose, das Gesundheitswesen oder zum Schuldenabbau verwandt wird. Führende Gesundheitspolitiker beider Fraktionen sprachen sich dafür aus, die gesetzlichen Krankenkassen schon im nächsten Jahr durch zusätzliche Steuermittel zu unterstützen und damit eine Anhebung des Beitragssatzes ab Januar 2007 zu begrenzen. Die Haushaltspolitiker von Union und SPD wiesen das zurück. Sie forderten einen größeren Schuldenabbau.

Die Gesetzlichen Krankenkassen würden Bundeshaushalt und Sozialversicherungen jedes Jahr mit rund fünf Milliarden Euro subventionieren, sagte der CDU-Gesundheitsexperte Wolfgang Zöller dem Tagesspiegel. Denn für Arbeitslose zahle der Bund geringere Beiträge. Deshalb sei es „nur gerecht, wenn jetzt zusätzliche Steuereinnahmen in das Gesundheitssystem gegeben werden“. Zöllers CSU-Kollege Max Straubinger bezeichnete einen solchen Schritt als „notwendiges Gebot zur Konjunkturstabilisierung“, denn mit mehr Steuerzuschüssen müssten Arbeitgeber und -nehmer weniger Krankenkassenbeiträge zahlen. Zuvor hatte bereits der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach erklärt, die Bürger würden eine Gesundheitsreform nur akzeptieren, wenn mehr Steuermittel zur Verfügung gestellt würden. Er nannte ebenfalls eine Summe von mindestens fünf Milliarden Euro zusätzlich.

Im Haushaltsentwurf der Bundesregierung für 2007 wird der Zuschuss des Bundes für die Krankenversicherungen nach derzeitigen Plänen von 4,2 auf 1,5 Milliarden Euro abgesenkt. Weil das Geld den Kassen fehlt, kündigten sie bereits Beitragsanhebungen an. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich daher an diesem Wochenende erneut dafür ausgesprochen, die Absenkung des Steuerzuschusses zu überdenken, wenn der Staat mehr Geld einnimmt. Regierungssprecher Thomas Steg sagte am Montag, die Spielräume seien jedoch klein. Experten gehen davon aus, dass die Steuerschätzer am Donnerstag bis zu 30 Milliarden Euro Mehreinnahmen für dieses und das nächste Jahr ausweisen werden. Davon fließt rund die Hälfte dem Bund zu.

Der SPD-Haushaltspolitiker Carsten Schneider warnte, im Etatentwurf 2007 gebe es noch Risiken von sechs bis sieben Milliarden Euro. Außerdem sei die große Koalition angetreten, die Staatsschulden zu senken. „Für 2007 heißt das, der Bund muss weniger als 20 Milliarden Euro Schulden machen“, sagte er. Dem schloss sich der Unions-Haushaltsexperte Steffen Kampeter an: Schuldenabbau sei „erste Priorität“, erklärte der CDU-Politiker. Wenn dann noch Geld übrig sei, könne das „entweder für Hartz IV oder für die Gesundheit ausgegeben werden“.

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