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Politik: 50 Flüchtlinge in zwei Zimmern

Mindestens 30 000 Menschen sind im Norden Iraks auf der Flucht

Von Susanne Güsten, Istanbul

Der Krieg hat kaum begonnen, doch im Nordirak entfaltet sich bereits ein Flüchtlingsdrama. Tausende kurdische Frauen und Kinder sitzen schutzlos in den kahlen Bergen, hausen in Zelten aus Plastiktüten und ernähren sich von ungekochten Nudeln; ihre Männer halten sich in den Städten zum Kämpfen bereit. Die nordirakische Kurdenregierung warnt die Bevölkerung per Rundfunk vor der Flucht, doch der Exodus geht weiter. Mindestens 30 000 Menschen sind im Nordirak schon auf der Flucht; die Türkei rechnet mit bis zu 300 000 Flüchtlingen.

„Wir fliehen um unser Leben", sagt Bersim Abdullah, die mit ihren zwölf Kindern die Stadt Dohuk verlassen und im Dörfchen Kelesiho Zuflucht gesucht hat. Die Kurden fürchten Giftgasangriffe des irakischen Regimes; in den Dörfern sei es sicherer als in den Städten, glauben viele. Rund 1000 Städter hat allein Kelesiho bereits aufgenommen; eine Familie beherbergt in ihren zwei Zimmern schon 50 Menschen.

Auf den Flüchtlingskonvoi der wohlhabenderen Kurden, die mit eigenen Fahrzeugen die Städte verlassen konnten, folgt inzwischen der Exodus der ärmeren Schichten. Dutzende Menschen drängen sich auf den Ladeflächen von Kleinlastern, zu deren Anmietung oft mehrere Familien zusammengelegt haben. Weil für Gepäck kein Platz mehr ist, haben viele nur ein paar Decken und einige Tüten mit Mehl, Reis und Nudeln dabei. Sie fahren, so weit ihr Benzin sie bringt, und schlagen dann am Straßenrand ihre Lager auf. Aus Decken und Tüten improvisieren sie Zelte, doch zum Kochen fehlen sowohl Wasser als auch Brennstoff.

Die Türkei ist darauf vorbereitet, bis zu 300 000 Flüchtlinge zu versorgen, will dies aber vorwiegend auf nordirakischem Gebiet tun. Das Parlament sollte am Donnerstagnachmittag den Entsendungsbefehl für die türkischen Truppen verabschieden, die in den Nordirak einmarschieren und dort mehrere Flüchtlingslager errichten sollen.

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