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50 Jahre Aktion Sühnezeichen: "Der Antisemitismus ist nicht tot"

Bundespräsident Horst Köhler hat die Aktion Sühnezeichen Friedensdienste anlässlich des 50-jährigen Bestehens gewürdigt. Doch "es gibt noch immer Anlass zur Besorgnis", sagte Zentralratspräsidentin Charlotte Knobloch.

Der Zentralrat der Juden hat seine Forderung nach einem NPD-Verbot bekräftigt. "Noch immer werden jüdische Friedhöfe geschändet, der Antisemitismus ist nicht tot", sagte die Zentralratspräsidentin Charlotte Knobloch am Freitag bei einem Festakt anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste (ASF) in Berlin. Mit Blick auf die rechtsextreme NPD fügte Knobloch hinzu, das Auftreten "dieses Haufens Unverbesserlicher" reiche für ein Verbotsverfahren aus.

Angesichts der jüngsten Friedhofschändungen in Berlin und des NPD-Aufmarsches zum 1. Mai sei die Arbeit der ASF jedoch noch lange nicht beendet, betonte Knobloch. Es sei bereits viel erreicht werden, "doch leider haben wir immer noch Anlass zu Besorgnis."

Knobloch zollte vor mehr als tausend Gästen im Berliner Haus der Kulturen der Welt den Freiwilligen der Aktion Sühnezeichen Respekt. "Nur 13 Jahre nach der Shoa haben sie den Aussöhnungsprozess zwischen dem Land der Täter und denen begonnen, die versuchten, sich ein neues Leben aufzubauen", sagte sie. Die Symbiose der jüdisch-christlichen Kultur, die von den Nationalsozialisten zerbrochen worden sei, werde in den Seelen der Menschen wieder aufgebaut. "Sie leisten einen bedeutenden, wirklichen Friedensdienst", unterstrich Knobloch.

Köhler: Friede ist ein Prozess

Bundespräsident Horst Köhler hob in seiner Rede hervor, die Freiwilligen suchten die Aussöhnung mit den Opfern des deutschen Nationalsozialismus, ohne in "andauernder Selbstverurteilung und folgenloser Schuldrhetorik" zu verharren. "Was als Programm der Sühne und mit der Bitte um Versöhnung begann, ist inzwischen zur internationalen Friedensarbeit geworden", sagte Köhler. Friede sei "kein Zustand, der einmal erreicht ist, sondern ein immer währender Prozess, in den sich die Menschen guten Willens begeben."

Köhler nannte es ein "kleines Wunder", dass nach Weltkrieg und Holocaust Polen und Deutsche in England an gemeinsamen Friedens-Projekten arbeiteten. "In Israel kümmern sich die Freiwilligen um Überlebende der Shoa, und sie arbeiten in Programmen der jüdisch-arabischen Verständigung", sagte Köhler. Auch das zeige, dass die Verpflichtung aus der Vergangenheit und der Blick nach vorn zusammengehörten.

500 Teilnehmer in 13 Ländern

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, sagte, die Initiatoren der Aktion Sühnezeichen hätten um die Opfer, die Schuld und das Schreckliche gewusst, das Deutsche verursacht haben. Sie hätten um Vergebung gebeten und diese "ehrliche Bitte" durch aktive Hilfsangebote plausibel gemacht. Die Idee dieses "Geistes der Versöhnung" sei gerade heute wichtig und zukunftsträchtig.

Die Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste wurde am 30. April 1958 auf der Synode der Evangelischen Kirche in Berlin-Spandau gegründet. Junge Deutsche sollten in die Länder gehen, die besonders unter dem Nationalsozialismus gelitten haben und durch gemeinnützige Projekte einen Prozess der Versöhnung in Gang bringen. 1959 nahm die ASF mit Aktionen in den Niederlanden und in Norwegen die Arbeit auf. Später kamen Aktionen in Frankreich, Jugoslawien, Großbritannien und 1961 in Israel hinzu. Heute sind jährlich etwa 500 Teilnehmer in 13 Ländern im Rahmen des ASF tätig.

Jan Schulte Holthausen[ddp]

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