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Politik: 55 Gruppen - keine Stimme

Welch schwieriges Terrain der Kongo für die Diplomatie ist, hat der Auftakt der jüngsten Friedensverhandlungen gezeigt. Kaum hatte der so genannte "innerkongolesische Dialog" zwischen Regierung und ziviler wie bewaffneter Opposition im südafrikanischen Sun City begonnen, geriet das Gesprächsforum zu Wochenbeginn auch schon in seine erste Sackgasse und droht nun zu scheitern.

Welch schwieriges Terrain der Kongo für die Diplomatie ist, hat der Auftakt der jüngsten Friedensverhandlungen gezeigt. Kaum hatte der so genannte "innerkongolesische Dialog" zwischen Regierung und ziviler wie bewaffneter Opposition im südafrikanischen Sun City begonnen, geriet das Gesprächsforum zu Wochenbeginn auch schon in seine erste Sackgasse und droht nun zu scheitern. Der Grund: Die mehr als 300 Teilnehmer können sich nicht darauf einigen, wer von den 55 anwesenden Gruppen die politische Opposition zu Präsident Joseph Kabila repräsentiert.

Zu allem Überfluss erklärte dann auch noch der kongolesische Rebellenchef Jean Pierre Bemba, die Gespräche womöglich boykottieren zu wollen. Bemba, Chef der "Bewegung für die Befreiung des Kongo" (MLC), vermutet, dass einige der Oppositionsgruppen in Wirklichkeit Strohmänner der kongolesischen Regierung sind. Ebenso umstritten ist, welche Themen im Mittelpunkt der Gespräche stehen sollen. Ähnlich chaotisch wie diesmal waren bereits die letzten kongolesischen Friedensgespräche im äthiopischen Addis Abeba verlaufen. Sie waren Mitte Oktober nach nur einer Woche erfolglos abgebrochen worden.

Eigentlich soll am Ende der ursprünglich auf 45 Tage angesetzten Verhandlungen eine Übergangsregierung für den Kongo und ein Zeitrahmen für freie Wahlen stehen. Zudem soll in Sun City über eine Zusammenlegung der verschiedenen Armeen gesprochen werden. Bereits vor drei Jahren hatten sich die Konfliktparteien im sambischen Lusaka auf einen Friedensvertrag geeinigt, der ein neues politisches System, eine neue Regierung sowie eine integrierte Armee vorsieht. Dieser ist bislang jedoch in fast keinem Punkt umgesetzt worden.

Die neuen Hindernisse sind vor allem darauf zurückzuführen, dass die Teilnehmerliste in Sun City nicht die eigentlichen Machtverhältnisse im Kongo spiegelt. Seit 1999 kämpfen dort die Armeen von sechs afrikanischen Ländern: Uganda, Ruanda und Burundi auf der Seite der Rebellen; Angola, Simbabwe und bis vor kurzem Namibia auf Seiten der kongolesischen Regierung. Hatte der Friedensvertrag von 1999 noch allen Parteien denselben Stellenwert beigemessen, haben sich die Gewichte seither verschoben: Die wirklich Mächtigen im Kongo sind heute nicht etwa die Kongolesen, die den mit Abstand größten Teil der Verhandlungsdelegation bilden, sondern die Besatzungsmächte. Diese haben wenig Interesse, den Kongo, wie im Friedensvertrag vorgesehen, als eine politische Einheit zu wahren.

Vor allem die Politiker und Militärchefs aus Simbabwe und Angola verdienen gut an dem Krieg und haben wenig Bereitschaft gezeigt, sich aus dem rohstoffreichen Land zurückzuziehen. Die meisten Kriegsparteien befürworten vor allem deshalb einen Waffenstillstand, weil dieser ihnen Gelegenheit gibt, die besetzten Minen und Landstriche in Ruhe zu plündern. Kabila und seine Verbündeten aus Angola und Simbabwe kontrollieren die Hauptstadt Kinshasa und den rohstoffreichen Südosten; die Rebellen den fruchtbaren Osten, etwa ein Drittel des Landes. Kabila, dessen politischer Spielraum stark eingeschränkt ist, hat einen weiteren Grund, auf Zeit zu spielen: Eine Einigung der Konfliktparteien würde ihn dazu verpflichten, als Präsident abzutreten.

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