zum Hauptinhalt
Auf Europa-Tour: US-Präsident Barack Obama

© AFP

8 Tage nach der US-Wahl: Was Obama nach Trumps Sieg mit Merkel zu bereden hat

An diesem Mittwoch kommt US-Präsident Barack Obama nach Berlin. Er hat nach Trumps Sieg mit Merkel viel zu besprechen. Was? Fragen und Antworten zum Thema.

Den allerletzten Besuch in Berlin als Präsident hatte sich Barack Obama anders vorgestellt – damals, vor der großen Zeitenwende, zu der die US-Wahl vor acht Tagen unerwartet wurde. Ursprünglich wollte er bekräftigen, wie verlässlich die transatlantische Zusammenarbeit ist. Jetzt befürchtet er eine Phase der Verunsicherung und sieht seine Rolle darin, die Partner in Europa zu beruhigen. Donald Trump sei kein Weltuntergang.

Was verändert sich durch Donald Trumps Wahl zum Präsidenten?

Das Weiße Haus hatte die Reise, die Obama zum ersten Mal nach Griechenland und am Mittwochabend zum sechsten Mal nach Deutschland führt, Ende Oktober angekündigt. Damals beschrieb sein Sprecher Josh Earnest die Lage auf Frage des Tagesspiegels so: Europa ist unser wichtigster Partner und bleibt es trotz Brexit und Euro-Krise. Das transatlantische Wirtschaftsabkommen TTIP ist noch nicht verloren; Obama wolle den Verhandlungen neuen Schwung verleihen. Die USA betrachten die europäische Integration als historischen Fortschritt, auch für sich. „Da wir so enge Beziehungen haben, stärken Europas Erfolge auch unsere Sicherheit und Wirtschaft.“

Was Amerika und Europa in Obamas acht Jahren gemeinsam angepackt haben, so der Glaube damals, werde sich unter einer Präsidentin Hillary Clinton fortsetzen: von der Stabilisierung der Finanzsysteme und dem Freihandel über das Atomabkommen mit dem Iran und den robusten Umgang mit Russland.

Trumps Wahl hat Obamas Erwartungen, was im Mittelpunkt der Reise stehen werde, verändert. Die Gespräche, das sagen seine Berater ganz offen, werden sich um Trump drehen und was von ihm zu erwarten sei. Selbst Obama ist da nur begrenzt auskunftsfähig. Die 90 Minuten mit Trump am vergangenen Donnerstag im Weißen Haus waren das erste persönliche Gespräch der beiden. Aber dieser persönliche Austausch ist eine Informationsbasis, von der Europas Regierungschefs profitieren können. Mit Kanzlerin Angela Merkel spricht Obama am Donnerstag. Am Freitag empfangen beide gemeinsam die Kollegen aus Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien in Berlin.

Wie lautet jetzt die Kernbotschaft des Präsidenten? Was sagt er über Trump?

Kurz vor seinem Abflug aus den USA nach Griechenland gab Obama am Montagabend eine Pressekonferenz, die erste seit der Wahl. Die Absicht war unverkennbar, die eigenen Bürger und die Partner im Ausland zu beruhigen. Trump sei „kein Ideologe“, er sei „pragmatisch“. Natürlich „mache ich mir Sorgen“ über die Zukunft, sagte Obama. „Wir haben eine Reihe von Meinungsverschiedenheiten.“ Doch selbst ein Präsident könne den Kurs eines so großen Landes nicht beliebig umsteuern. „Unsere Bundesregierung und unsere Demokratie sind kein Schnellboot, sondern ein Ozeankreuzer, wie ich lernte, als ich das Amt antrat. Man muss viel harte Arbeit investieren, um Politik signifikant zu verändern. Und ich hatte in meinen ersten beiden Jahren größere Mehrheiten (im Repräsentantenhaus und im Senat) als Mr. Trump.“

Eines war Obama besonders wichtig. Trump „äußerte großes Interesse, unsere strategischen Partnerschaften beizubehalten. Eine Botschaft, die ich weitergeben darf, ist sein Bekenntnis zur Nato und zur transatlantischen Allianz.“ Dies sei „einer der wichtigsten Dienste, die ich derzeit leisten kann: den Partnern in Europa zu übermitteln, dass Amerikas Entschlossenheit, eine starke Nato zu erhalten, kein bisschen nachlässt.“

Was sagt Trump derweil?

Diese Botschaft müsste eigentlich von Trump kommen. Das Bekenntnis zur Nato aus seinem Mund wäre noch wirkungsvoller, nachdem er im Wahlkampf Unsicherheit ausgelöst hatte: Das Beistandsversprechen gelte aus seiner Sicht nur für Länder, die selbst genug für ihre Verteidigung ausgeben – sprich: die im Bündnis vereinbarten zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP). Sicherheitsexperten sehen das Risiko, Russlands Präsident Wladimir Putin könnte solche Bemerkungen als Einladung verstehen, die Geschlossenheit der Nato zu testen.

Trump telefonierte derweil mit Putin, ebenfalls am Montagabend. Fast alles, was man über den angeblichen Inhalt weiß, stammt aus einer Verlautbarung des Kreml: Die beiden Männer hätten sich versprochen, das Verhältnis zu verbessern und einen Dialog auf den Prinzipien gleicher Augenhöhe, gegenseitigen Respekts und der Nichteinmischung in die Angelegenheit der Gegenseite aufzubauen. Trump setzte dieser kühnen Behauptung wenig entgegen. Man habe über die Bedrohungen gesprochen, mit denen beide Staaten zu tun haben, und über die strategischen Wirtschaftsthemen, hieß es. Es klingt, als sei Trump noch dabei, sich in seine künftige Rolle hineinzufinden und von Wahlkampf auf Verantwortung im Amt umzustellen.

Was erwartet Obama von Merkel?

Bei der Hoffnung, dass verlässliche Kontinuität auch für einen Präsidenten Trump am Ende wichtiger ist als die luftigen Wahlversprechen, setzt Obama auf Angela Merkel. Er durfte nach zwei Amtszeiten nicht wieder antreten. Sie war schon Kanzlerin, als er Präsident wurde. Sie ist es immer noch, wenn er abtritt. Ihr Name ist der einzige aus dem Ausland, den er in der Pressekonferenz lobt: „Sie war meine wohl engste internationale Partnerin in den acht Jahren.“ Sein außenpolitischer Berater Ben Rhodes spricht in einer Telefonkonferenz über die bevorstehende Reise von „tiefem Respekt“ und „enger Freundschaft“. Die beiden hätten „beinahe jedes Problem gemeinsam bearbeitet“. Obama „wollte sie noch einmal sehen, um ihr zu danken“.

Was steht auf dem Programm?

Am Dienstag kam Obama in Athen an. Dort hält er die einzige öffentliche Rede dieser Reise. Er will den Griechen Mut machen, den Weg der wirtschaftlichen Sanierung trotz aller Härten beizubehalten, sagt Berater Rhodes. Auch dort beschwört Obama den Wert der Nato. Am Mittwoch möchte er die Akropolis besuchen und „die Wurzeln so vieler unserer demokratischen Werte“ sehen.

Am Abend landet er in Berlin. Freitagnachmittag reist er ab zum Apec-Gipfel in Peru. Gemessen an der vielen Zeit sind die Informationen über das Programm bescheiden. Donnerstagnachmittag Gespräch mit der Kanzlerin und gemeinsame Pressekonferenz, abends Dinner mit der Kanzlerin. Freitagvormittag das Treffen mit den fünf Europäern. Offiziell will niemand sagen, wie Obama die freie Zeit von Mittwochabend bis Donnerstagmittag füllt. Von früheren Reisen darf man schließen: Begegnungen mit Botschaftspersonal und US-Soldaten. Interviews für amerikanische und deutsche Medien.

Es ist seine letzte Auslandsreise. Am 20. Januar wird Trump als neuer Präsident vereidigt. Die Obamas bleiben zunächst in Washington, um ihrer jüngeren Tochter Sasha einen Schulwechsel zu ersparen. Parallel wird Obama seine „Presidential Library“ in Chicago aufbauen.

Deutschlands und Europas Beziehungen zu den USA gleiten in eine Phase der Verunsicherung. Noch weiß niemand genau, was von Trump zu erwarten ist. Obama sieht seine Verantwortung darin, den Übergang verlässlich zu gestalten.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false