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Politik: 9,9 Prozent weniger Steuereinnahmen als vor einem Jahr

Deutschland wird EU-Defizitziel wohl wieder verfehlen / Eichel wusste vor der Wahl von Etatlücken – hatte aber keine Zahlen

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Berlin. Angesichts anhaltender Konjunkturrisiken geraten die öffentlichen Kassen immer weiter unter Druck. Die Steuereinnahmen gingen zum Jahresanfang dramatisch zurück. Im Januar habe es ein Minus von 9,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat gegeben, bestätigte ein Sprecher des Finanzministeriums am Donnerstag. Nach Informationen aus Unionskreisen musste auch die Bundesanstalt für Arbeit im Januar ein Defizit von 360 Millionen Euro ausweisen.

Der SPD-Finanzexperte Joachim Poß äußerte Zweifel, ob Deutschland mit seiner Neuverschuldung in diesem Jahr wieder unterhalb der EU-Defizitgrenze von drei Prozent liegen könne. Finanzminister Hans Eichel (SPD) hatte schon am Vortag ein erneutes Verfehlen des Maastricht-Zieles für den Fall eines Wirtschaftswachstums von unter einem Prozent nicht mehr ausgeschlossen.

BDI-Präsident Michael Rogowski warnte davor, bereits jetzt das Stabilitätsziel aufzugeben. Dem Tagesspiegel sagte er, „dann kann man den EU-Vertrag gleich abschreiben“. Er forderte Eichel auf, bei den Ausgaben zu sparen. Insbesondere öffentliche Personalkosten und Rentenbezüge müssten „ein bis drei Jahre lang eingefroren“ werden.

Vor dem so genannten Lügenausschuss des Bundestages hat sich Finanzminister Eichel am Donnerstag vehement gegen den Vorwurf des Wahlbetrugs gewehrt. Unions- Obmann Peter Altmaier (CDU) sah den Finanzminister jedoch der Täuschung der Öffentlichkeit überführt. Eichel räumte ein, von den Warnungen seiner Fachleute vor Haushaltslöchern und einem möglichen Verfehlen der europäischen Defizitgrenze schon vor den Bundestagswahlen im September gewusst zu haben. Aber erst im Oktober hätten Zahlen vorgelegen, die diese Befürchtungen bestätigt hätten, rechtfertigte sich Eichel. Es wäre „unverantwortlich“ gewesen, schon vorher an die Öffentlichkeit zu gehen.

„Ich hätte mich in einem Jahr ohne Bundestagswahlkampf genauso verhalten“, sagte Eichel bei seiner mehr als fünf Stunden dauernden Befragung. Er habe in der Öffentlichkeit und auch im Kabinett immer wieder darauf hingewiesen, dass der Haushalt 2002 „auf Kante genäht“ sei und die Bundesregierung unbedingt sparen müsse. „Das macht einen nicht beliebter“, stellte Eichel am Donnerstag fest.

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