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Abchasien: Moskau und Tiflis streiten um abtrünnige Provinz

Nach der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo hatte Russland in den letzten Wochen immer wieder gedroht, das von Georgien abtrünnige Abchasien anzuerkennen. Jetzt nehmen die Spannungen zu: Abchasien meldet den Abschuss zweier georgischer Aufklärungsflugzeuge und Russland stockt seine Truppen um 1000 Mann auf.

In der einstigen Autonomen Sowjetrepublik Abchasien, die zu Georgien gehört, haben die Spannungen in den vergangenen Wochen erheblich zugenommen. Die abtrünnigen Abchasen werden von Russland unterstützt, das im Rahmen einer Friedensmission der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) Soldaten in Abchasien stationiert hat.

Die Regierung in Tiflis wies Gerüchte über einen angeblich bevorstehenden Waffengang gegen die abtrünnige Schwarzmeerregion zurück. "Solche Behauptungen (aus Russland) sind reine Provokationen mit dem Ziel, die internationale Öffentlichkeit zu täuschen", sagte ein Sprecher des georgischen Außenministeriums der Agentur Itar-Tass. Auch Berichte über eine vermeintliche Evakuierung ausländischer Botschaften in der Hauptstadt Tiflis seien "irreführend", betonte er. Georgien wolle den Streit auch mit Russland friedlich lösen.

Russland stockt Truppen auf

Abchasien meldete unterdessen den Abschuss zweier unbemannter Aufklärungsflugzeuge über seinem Territorium, wie die russische Nachrichtenagentur Interfax berichtete. "Wir suchen jetzt die Teile dieser Spionagemaschinen", sagte ein Sprecher der abtrünnigen Region. Er wertete den Einsatz der beiden Drohnen als Beweis, dass Georgien Kampfhandlungen plane. Tiflis bestätigte den Zwischenfall zunächst nicht. Es ist das zweite Mal innerhalb von zwei Wochen, dass die Abchasen den Abschuss einer georgischen Drohne melden. Die Regierung in Tiflis bestritt die Angaben. "Wir dementieren kategorisch den Verlust georgischer Flugzeuge. Kein georgisches Flugzeug hat das Gebiet überflogen", sagte Innenministeriumssprecher Schota Utjaschwili.

Unterdessen entsandte Moskau wie angekündigt Soldaten in die Konfliktregion. Es handele sich um eine Aufstockung der russischen Friedenstruppen im Raum Abchasien, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Moskau am Sonntag. Lokalen Medien zufolge befinden sich nun 3000 russische Soldaten in der Region. Damit wurden tausend zusätzliche Soldaten nach Abchasien entsandt. Vergeblich hatte Georgien Moskau im Vorfeld der Truppenaufstockung vor einer "gefährlichen Eskalation" gewarnt. Auch die Nato hatte sich gegen das russische Vorhaben gewandt.

Ablenkungsmanöver vor Wahlen in Georgien?

Abchasien hatte sich nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion in einem Unabhängigkeitskrieg von Georgien gelöst. Völkerrechtlich gehört die Kaukasusregion weiter zu Georgien, sie ist wirtschaftlich jedoch von Russland abhängig. Bisher waren gemäß eines Abkommens, das Anfang der 90er Jahre den bewaffneten Konflikt zwischen der abchasischen Minderheit und Georgien beendete, rund 2000 russische Soldaten in Abchasien stationiert. Diese handeln unter einem Mandat der GUS-Staaten, das bis zu 3000 russische Soldaten erlaubt. Russland bewege sich im Rahmen des Vertrages, betonte der Sprecher des Verteidigungsministeriums.

Russland hatte in den vergangenen Monaten im Streit um die Unabhängigkeit des Kosovo indirekt gedroht, im Falle einer Abspaltung der serbischen Provinz seinerseits Abchasien anzuerkennen. Kritiker beschuldigen aber auch Georgiens Präsidenten Michail Saakaschwili, mit der Abchasien-Frage vor der Parlamentswahl am 21. Mai von innenpolitischen Problemen ablenken zu wollen. (nim/AFP/dpa)

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