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Welche Regeln sollen bei der Sterbehilfe gelten?

© dpa

Abgeordnete fordern Regelung: Sterbehilfe gleich beim Arzt

Abgeordnete aus Union und SPD wollen Ärzten erlauben, ihren Patienten künftig beim Suizid zu helfen. Depressive allerdings sollen dabei außen vor bleiben.

Nach den Befürwortern eines rigiden Verbots jeglicher organisierter Sterbehilfe rücken im Bundestag nun auch die Vertreter eines gemäßigteren Vorgehens zusammen. Die Gruppe um die Abgeordneten Peter Hintze (CDU), Carola Reimann und Karl Lauterbach (beide SPD) will Medizinern die Suizidbeihilfe ausdrücklich erlauben, sie allerdings auf Patienten mit nicht heilbarer organischer Erkrankung beschränken.

Hoffnung auf Fachkompetenz

„Wir brauchen Rechtssicherheit für die Ärzte, die sich aufgrund einer Gewissensentscheidung zur Suizidbeihilfe entschließen“, sagte der Gesundheitsexperte und stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Lauterbach am Dienstag in Berlin. Dass sich Patienten für den Extremfall die Möglichkeit zum Suizid offenhalten wollten, sei nun mal ein menschliches Anliegen. Eine Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) - dort, wo auch die Patientenverfügungen geregelt sind - könne helfen, den „unwürdigen“ und immer weiter zunehmenden Tourismus zu kommerziellen Sterbehelfern im Ausland zu unterbinden. Und durch die Fachkompetenz von Ärzten, denen sich Sterbewillige mit ihrem Wunsch anvertrauen könnten, ließen sich auch „vermeidbare Suizide“ – etwa infolge einer falschen Einschätzung des Krankheitsverlaufes oder bei einer behandelbaren Depression – verhindern.

Wenn man Ärzten die Suizidbeihilfe dagegen verbiete, drohten Sterbewillige in die Hände dubioser Laienhelfer zu geraten, warnte Lauterbach. Die wüssten dann weder über den körperlichen Zustand der Betroffenen Bescheid noch könnten sie ihnen fachkundig Ängste nehmen und etwa die Möglichkeiten der Palliativmedizin darlegen. Und ein strafrechtliches Verbot der organisierten Beihilfe bedeute ja nicht, dass verzweifelte Menschen dann auf eigene Faust keinen Suizidversuch mehr unternähmen.

Bisher übers Standesrecht verboten

Bedingung für die Suizidbeihilfe durch einen Arzt müsse allerdings sein, dass eine organisch nicht heilbare Erkrankung vorliege, dass der Patient seinen Willen zum Suizid „klar bekundet“ habe und dass zur medizinischen Einschätzung ein weiterer Arzt verpflichtend zugezogen werde, fordern die Abgeordneten. Inwieweit subjektive Kriterien für den Todeswunsch eine Rolle spielen sollten, ob bei der unheilbaren Erkrankung bereits ein finales Stadium erreicht sein müsse und inwieweit Demenzerkrankungen mitberücksichtigt werden könnten, habe man aber noch nicht zu Ende diskutiert, sagte Lauterbach. Bislang ist Ärzten die nichtkommerzielle Suizidbeihilfe zwar nicht strafrechtlich verboten, aber über das Standesrecht zahlreicher Landesärztekammern untersagt. Sie können dadurch ihre Approbation verlieren.

Klar sei, dass die geplante Reglementierung keinerlei Raum für kommerziell angebotene Suizidbeihilfe beinhalte, sagte Lauterbach. Auch mit aktiver Sterbehilfe habe der Vorstoß nichts im Sinn. Der Suizid müsse „durch den Patienten vollzogen“ werden, der Arzt dürfe ihm dafür lediglich die Medikamente oder die Apparatur zur Verfügung stellen. Und natürlich werde auch kein Mediziner zu solchem Tun verpflichtet.

Mehrheit für aktive Sterbehilfe

In der Bevölkerung gibt es eine große Mehrheit für die Legalisierung von Sterbehilfe – wobei nicht groß zwischen aktiver Hilfe und bloßer Beihilfe, dem so genannten assistierten Suizid, unterschieden wird. So wünschen sich 79 Prozent nach einer aktuellen Umfrage von infratest/dimap 79 Prozent, dass es Ärzten auch erlaubt sein soll, schwerstkranken Patienten, die nicht mehr auf Heilung hoffen können, ein tödliches Medikament zu verabreichen. Nur 17 Prozent lehnen die ärztliche Suizidbeihilfe ab. Die Zustimmung war dabei unabhängig von Alter und Bildungsgrad. Eine aktuelle Allensbach-Umfrage kommt zu einem ähnlichen Ergebnis, hier votierten 67 Prozent für die Sterbehilfe bei unheilbar Schwerstkranken.

Über diese Zahlen brauche sich niemand zu wundern, sagte der Vorsitzende der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, der katholischen Nachrichtenagentur KNA. „Der größte Teil der Sterbenden hat keine Chance auf eine umfassende Hilfe.“ Rund 60 Prozent der Sterbenden, also jährlich rund 522 000 Menschen, bräuchten eine professionelle Sterbebegleitung. Tatsächlich seien im vergangenen Jahr hierzulande aber nur 79 000 Sterbende betreut worden. 443 000 Menschen, also eine übergroße Mehrheit, blieben unversorgt.

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