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Na, ob das mal gut geht?

© dpa

Abgeordnetenhauswahl: In Berlin regiert die organisierte Verantwortungslosigkeit

Die Wahl ist gefährdet. Doch Senat, Bezirke und Koalitionsparteien schieben sich gegenseitig die Schuld zu. Ein Kommentar.

Irgendwie, das ist mal wieder das Wort der Stunde in Berlin: „Irgendwie“ wird man es noch schaffen mit der Wahl zum Abgeordnetenhaus, sagen diejenigen, die damit irgendwie zu tun haben. So wie auch der BER „irgendwie“ geschafft wird, und die Staatsoper, die Schulsanierung, die Bürgerämter und, und, und, wobei dort immer noch das „irgendwann“ dazukommt. Bei einer Wahl geht das nicht.

Und doch muss es jetzt auch um das „irgendwann“ gehen. Denn irgendwann, aber möglichst schnell, muss in dieser Stadt endlich mal das Übel des „irgendwie“ angegangen werden – und das ist die organisierte Unzuständigkeit, die irgendwann und und irgendwie immer in der kollektiven Verantwortungslosigkeit mündet.

Wie das so läuft, zeigt das Beispiel der gefährdeten Wahl. Dass es Schwierigkeiten geben könnte, ist seit langem bekannt, vor allem als Folge der Probleme bei den überforderten Bürgerämtern. Die Senatskanzlei sagt, dafür ist der Innensenator zuständig. Der Innensenator sagt, dafür sind die Bezirke zuständig. Die Bezirke sagen, ihnen fehlen die Leute. Die SPD sagt, darum muss sich der CDU-Innensenator kümmern. Die CDU sagt, daran ist der SPD-Senat unter Wowereit und Sarrazin schuld. Tja, da kann man nichts machen.

Aber das Meldeproblem ist nur eines von vielen in Bezug auf die Wahl – hier kommen gravierende, ebenfalls lange bekannte IT-Probleme hinzu. Deshalb gab es bereits vor Monaten einen Testdurchlauf, das Ergebnis: eine Katastrophe. Doch mit einigem Fernblick hieß es: Wird schon irgendwie. Und so ließ die Koalition bei der Aktuellen Stunde im Abgeordnetenhaus in aller Ruhe die Großartigkeit der Sportstadt Berlin debattieren. Nach dem zweiten Test gab die Landeswahlleiterin bekannt: „Ich bin erleichtert“, nur um gleich darauf dem Hauptausschuss kurz vor der Sommerpause pflichtschuldigst mitzuteilen, dass leider einige Bezirke „schwerwiegende Fehler“ gemeldet hätten, nach dem Motto: Ich hab’s euch ja gesagt!

Geht mich ja nichts an, denkt jeder

Geht mich nichts an, denkt sich da der Regierende Bürgermeister, denn dafür habe ich ja einen Innensenator. Geht mich ja nichts an, denkt sich der Innensenator, denn dafür habe ich ja einen Staatssekretär. Geht mich nichts, denkt sich der Staatssekretär, da steht's doch: die Bezirke. Geht uns nichts an, denken sich die Bezirksbürgermeister, wenn uns der Senat mit dieser Schrotthardware sitzen lässt, auf der die tolle Software nicht läuft, ist er selber schuld. Selbstverständlich haben die Bezirke unterschiedliche Systeme und Dienstleister.

Der Landeswahlleiterin schwant so langsam, dass es wirklich eng wird. Deshalb weist sie in ihrem Alarmbrief an den Innenstaatssekretär darauf hin, dass nach § 79 der Landeswahlordnung das dem Innensenator unterstellte Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten die IT-Verfahrensverantwortung für Wahlen trägt.

An diesem Dienstag tagt nun zum ersten Mal eine große Runde, wenige Wochen vor der Wahl, die seit langem als „gefährdet“ gilt. Ranghöchster ist der Staatssekretär, Zuständigkeit: siehe oben. Der Regierende Bürgermeister will nach der Senatssitzung was zur Mietpreisbremse sagen. Der Innensenator ist krank. Irgendwie werden sie es schon schaffen.

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