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Politik: Abhängig unabhängig

Percy MacLean gibt als Direktor des Menschenrechtsinstituts auf – weil sein Blick dem Inland galt?

Die hoffnungsvolle Verbindung war von kurzer Dauer. Ein halbes Jahr, nachdem der profilierte Berliner Richter Percy MacLean als erster Direktor des Deutschen Instituts für Menschenrechte angetreten war, verlässt er sein Amt – auf eigenen Wunsch, wie es heißt. Aber MacLean sagte dem Tagesspiegel zu seiner Arbeit in dem vom Bundestag ins Leben gerufenen Institut: „Ich hätte gerne weitergemacht.“ Nun strebt er zurück in sein Richteramt, um „wirklich unabhängig arbeiten zu können“. Zwar sei auch das Institut unabhängig, jedoch, sagt er, „eben nicht die Position des Direktors“.

So freiwillig kann sein Abgang also nicht gewesen sein. In einer Erklärung des in Berlin ansässigen Instituts bedauert das Kuratorium die Entscheidung MacLeans. Man dankte ihm für seine „aufopferungsvolle, einsatzfreudige und fachlich hervorragende Arbeit.“ MacLean selbst war für das Lob weniger empfänglich. Er habe „kein ausreichendes Vertrauen“ im Kuratorium gehabt. Wohl wahr: Anrufer wurden am Mittwoch, als der Rückzug bekannt wurde, bereits nicht mehr zum Direktor durchgestellt – obwohl dieser noch im Amt und vor allem am Platz war.

Über die Hintergründe des Zwists ist Stillschweigen vereinbart. Doch hinter den Verlautbarungen stecken handfeste Differenzen über die Ausrichtung des 2001 als Verein gegründeten Instituts. MacLean verstand sich vorwiegend als Dokumentar, Forscher und politischer Berater für Menschenrechte im Inland, getreu dem Motto: Nur wer vor der eigenen Tür kehrt, darf über den Schmutz der anderen schimpfen. Für ihn stand die Situation der Flüchtlinge hier zu Lande ebenso im Vordergrund wie die Frage nach einem Menschenrecht auf Arbeit und andere wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschenrechte. So kritisierte er die seiner Ansicht nach überlangen Zeiten in der Abschiebehaft sowie die Lage pflegebedürftiger, alter und psychisch kranker Menschen.

Im Kuratorium des von der Bundesregierung bezahlten Instituts stieß dies nicht nur auf Zuspruch. MacLean wurde vorgeworfen, sein Amt politisch aufzuladen. Der Direktor wehrt sich dagegen mit dem Hinweis, gerade die Menschenrechtssituation in Deutschland sei es, die er vornehmlich zu beobachten hätte.

Tatsächlich geht die Einrichtung auf eine Initiative der UN und des Europarates zurück, die die Menschenrechtsarbeit in den Ländern bündeln wollten. In der Begründung des von SPD, Union, Grünen und FDP unterstützten Antrags hieß es damals, so solle die „Förderung der Menschenrechte nachdrücklich als Leitlinie nationaler und internationaler Politik unterstrichen“ werden.

Der 55-jährige MacLean, Thüringer mit schottischen Vorfahren, galt als der Richtige, das Institut zu führen: engagiert, aber kein Querkopf. Als Richter am Berliner Verwaltungsgericht machte er sich für Flüchtlinge stark, was von den Innensenatoren als lästig, von den höchsten Gerichten dagegen als geltendes Recht angesehen wurde. In die Schlagzeilen gelangte MacLean mit einem Urteil im Januar 2001. Danach soll Prostitution nicht sittenwidrig sein – ein Umsturz in der Rechtsprechung, der allerdings noch den Weg durch die Instanzen nehmen muss. MacLean selbst sah dies immer undramatisch, als Anpassung an die Wirklichkeit. So undramatisch wie auch jetzt seinen Kampf mit dem Kuratorium. „Das war kein Grund, sich zu trennen“, sagt er und klingt fast so, als wolle er zum Bleiben überredet werden.

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