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Politik: Abkehr von Maximalpositionen?

Der Abgeordnete Scheich Fadl fordert von Israel die Anerkennung Palästinas

Scheich Fadl Salih Hamdan ist viel beschäftigt. Der gedrungene Mann in brauner Lederjacke und Cordhose nimmt Glückwünsche zu seinem Einzug in das neue palästinensische Parlament entgegen. Und Scheich Fadl kennt viele Leute, denn er leitet die Ain-Moschee in Ramallah. Der 53-jährige Vater von sieben Kindern ist einer der vier Direktkandidaten, welche die Hamas in der „Verwaltungshauptstadt“ der Westbank durchbrachte. Während er auf den Wahlplakaten unerbittlich aussieht, ist er im Gespräch umgänglich und wirkt eloquent und pragmatisch. Ob seine Ansichten zum Umgang mit Israel die Mehrheitsmeinung in der islamistischen Bewegung sind, ist fraglich. Aber sie repräsentieren eine Strömung innerhalb der Organisation, die Israels Existenz nicht anerkannt hat und damit den Westen vor die Frage stellt, ob er die neue Palästinenserregierung weiterhin finanziell unterstützen soll.

Die Frage sei doch, wer wen anerkennen müsse, sagt Scheich Fadl in einer für westliche Ohren ungewohnten Logik. „Israel existiert. Sie brauchen unsere Anerkennung dazu nicht. Die Israelis dagegen sollten uns anerkennen und unser Land verlassen.“ Das Problem sei, dass zwölf Jahre Verhandlungen keine Ergebnisse gebracht hätten: Israel habe nach wie vor die totale Kontrolle über palästinensisches Land und Leute. Aber Israel tue so, als sei die Besetzung vorbei und ein Friedensprozess im Gang. Dennoch schließt Scheich Fadl Verhandlungen nicht grundsätzlich aus. „Aber sie müssen anders sein und unsere Rechte anerkennen.“

Der Scheich behauptet, dass Hamas nicht die Zerstörung Israels plane. Gibt er sich also mit einem Palästinenserstaat in den Grenzen von 1967 zufrieden? „Wir müssen auch über die 6,5 Millionen Flüchtlinge sprechen und die UN-Resolutionen umsetzen“, sagt er. Das klingt, als ob sich Hamas davon verabschiedet hat, das historische Palästina wieder unter „muslimische Kontrolle“ zu bringen, so wie es in der Charta von 1988 heißt. Auf die Bemerkung, dass Israel sich weigert, mit Hamas zu verhandeln, bevor die Bewegung die Existenz Israels formell anerkannt habe, meint der Scheich: „Das ist ihr Problem. Wenn sie mir meine Rechte geben, sind wir willig.“ Israel solle einfach die Besetzung beenden. „Alles was wir verlangen, ist die Umsetzung von minimaler Gerechtigkeit.“

Der für seine radikalen Töne bekannte Hamas-Führer Mahmud az Zahar in Gaza hatte in einem CNN-Interview erklärt, Hamas werde erst über die Anerkennung Israels entscheiden, wenn Israel deutlich erklärt habe, wo seine Landesgrenzen verliefen. Die Errichtung eines palästinensischen Staates in den Grenzen von 1967 sei denkbar. Doch ob dies eine endgültige Lösung für ihn sei, machte Zahar nicht deutlich. Nach Ansicht von Scheich Fadl liegen die Aussagen Zahars und seine eigenen nicht weit auseinander. Es gebe nur „Unterschiede im Stil“.

Hamas wurde von vielen Palästinensern vor allem gewählt, weil sie die zehnjährige Alleinherrschaft der Fatah beenden wollten. Eine Mehrheit der Palästinenser hat sich längst mit der Existenz Israels abgefunden und fordert nur einen eigenen Staat in den Grenzen von 1967. Laut einer neuen Umfrage sind 73 Prozent der Palästinenser für eine Änderung der Hamas-Charta in dieser Hinsicht.

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