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Streubomben

© dpa

Abkommen: 100 Staaten ächten Streubomben

In Folge der breiten Empörung über Israels Kriegsführung mit Streubomben im Libanon-Krieg haben am Mittwoch an die 100 Staaten eine Konvention zum weltweiten Verbot von Streumunition unterzeichnet. Außenminister Frank-Walter Steinmeier sprach von einem "Meilenstein auf dem Weg der internationalen Rüstungskontrolle".

Der elf Jahre alte Hussein Sultan braucht keine Erklärungen zu Streubomben und warum man sie ächten muss. 2006 trat der Junge in seinem Heimatdorf Sawaneh im südlichen Libanon auf eine von israelischen Flugzeugen abgeworfene Splitterbombe. Sein bester Freund Hassan starb sofort. Hussein hat seitdem chronische Atembeschwerden, weil kleine Splitter der heimtückischen Waffe in seine Kinderlunge eingedrungen sind.

Nun wurden Streubomben von über 100 Staaten offiziell geächtet - aber es wird noch sehr lange dauern, bis die Waffen tatsächlich aus der Welt sind. Hussein beispielsweise sagt zu der feierlichen Vertragsunterzeichnung im Osloer Rathaus: "Das ist doch sinnlos, wenn Israel und die USA nicht unterschreiben." Tatsächlich bleiben außerdem mit Russland, China, Indien und Pakistan weitere der wichtigsten Produzenten und Anwender außen vor.

Streubomben liegen im Kosovo, im Irak, in Libanon, Georgien und Afghanistan

Die Geschichte der "Cluster Bombs" reicht bis in den Zweiten Weltkrieg zurück. Die deutsche Wehrmacht packte verschiedene Typen von Sprengkörpern dutzendweise in große Behälter, die sich dann in der Luft öffneten. Die Sprengbomben - zur besseren Tarnung schmutzig gefärbt - wurden so breit über das Einsatzgebiet verteilt.

Nach Kriegsende wurde die Technologie insbesondere von den USA und der Sowjetunion weiterentwickelt. Heute tragen die Bomben zum Teil hunderte "Bombletts" in sich, wie die Sprengsätze verharmlosend genannt werden. In jüngster Zeit wurden sie im Kosovo, im Irak, im Libanon und auch in Georgien abgeworfen. Niemand weiß, wie viele Streubomben in Afghanistan, dem weltweit am schlimmsten betroffenen Land, herumliegen und die Zivilbevölkerung auf Jahrzehnte gefährden.

Kinder verlieren Arme und Beine, weil sie die Bomben für Spielzeug halten

Streubomben explodieren beim Aufprall nicht und können so praktisch ganze Landstriche auf Dauer verminen. Von Kindern werden die faustgroßen Blindgänger oft für Spielzeug gehalten. "Ich habe die schreckliche Wirkung dieser Waffen gesehen, als ich für das Rote Kreuz gearbeitet habe", sagt der norwegische Außenminister Jonas Gahr Støre, Gastgeber der Osloer Konferenz. "Kinder, die ihre Beine verlieren, und Bauern, die ihre Felder nicht mehr bestellen können."

Die internationale Ächtung der Streubomben durch die Konvention wird von Hilfsorganisationen wie "Handicap International" begrüßt. Handicap-Sprecherin Eva-Maria Fischer sprach in Oslo von einem "sehr großen internationalen Erfolg". Sie will das Argument der fehlenden Schlüsselländer nicht uneingeschränkt gelten lassen: "Immerhin steht mit Großbritannien jetzt einer der drei früher wichtigsten Streubomben-Anwender voll hinter der Ächtung." Fischer kritisiert von den USA durchgesetzte Ausnahmebestimmungen. So dürfen die Unterzeichner weiterhin mit Ländern zusammenarbeiten, die Streubomben einsetzen - zum Beispiel die Bundeswehr mit den Streitkräften der USA.

Es gibt aber auch die Hoffnung, dass durch die weltweite Ächtung der Druck auf die Nicht-Unterzeichnerstaaten so steigt, dass sie irgendwann doch mitmachen. Als Vorbild gilt dabei das "Ottawa- Abkommen" zum Verbot von Anti-Personen-Minen von 1997, das seine Wirkung erst nach und nach entfaltete. Die "Internationale Kampagne für das Verbot von Landminen" wurde dafür 1997 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. (sba/dpa)

Christoph Sator, Weedah Hamzah[dpa]

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