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Piraten

© dpa

Abkommen: EU kann Piraten an Kenia übergeben

Die deutsche Fregatte "Rheinland-Pfalz" hat vor wenigen Tagen neun Piraten dingfest gemacht - und erst einmal nicht gewusst, wohin mit ihnen. Nun gibt es ein Abkommen, das alles regeln soll. Und dennoch bleibt die Zukunft der neun Männer unklar.

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Die Europäische Union und Kenia haben ein Übergabeabkommen für im Golf von Aden festgenommene Piraten vereinbart. Damit ist der Weg frei für ein rechtsstaatliches Verfahren gegen die neun von der deutschen Marine auf hoher See aufgebrachten Freibeuter. Nach Tagen totaler Ungewissheit im Umgang mit den Piraten ein Durchbruch – doch das weitere Schicksal der Seeräuber blieb auch am Freitag unklar. Denn das Abkommen mit Kenia bedeutet keineswegs zwangsläufig, dass die von der Bundeswehr am Dienstag Festgenommenen tatsächlich an die kenianischen Behörden übergeben werden. Was mit den Piraten passiere, hänge vielmehr davon ab, ob die für Straftaten auf See zuständige Staatsanwaltschaft Hamburg, die am Mittwoch ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen versuchten Angriffs auf den Seeverkehr eingeleitet hatte, einen Haftbefehl erlasse. In diesem Fall würden Bundespolizisten die neun Piraten in Dschibuti übernehmen und nach Hamburg bringen.

Die deutsche Fregatte "Rheinland-Pfalz" war Anfang der Woche im Golf von Aden dem Frachter "MV Courier" zur Hilfe geeilt, der von Piraten unter Feuer genommen wurde. Deutsche Soldaten überwältigten die Seeräuber und nahmen sie in Gewahrsam. Dort bleiben sie nun bis auf weiteres. Die Fregatte "Rheinland-Pfalz" sei im Rahmen der EU-Antipiratenoperation "Atalanta" auf dem Weg zur kenianischen Hafenstadt Mombasa, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. Dort werde es am kommenden Dienstag erwartet. Die Bundeswehr habe alle ihr verfügbaren Beweismittel an die Staatsanwaltschaft übergeben, sagte Ministeriumssprecher Volker Blasche dem Tagesspiegel: Namen der Piraten, Radardaten, Bilder, Zeugenaussagen der beteiligten deutschen Soldaten, Vernehmungsprotokolle.

EU-Recht: Piraten dürfen bis zu wölf Tage festgehalten werden

Alles Weitere hängt vom Ermittlungsverfahren der Hamburger Staatsanwaltschaft ab. Die in der Regierung für den Umgang mit den Piraten zuständigen vier Ministerien für Inneres, Außen, Verteidigung und Justiz stünden in engem Kontakt, um eine Entscheidung zu treffen, sagte Außenamtssprecher Jens Plötner. Er betonte, die Staatsanwaltschaft fälle ihren Beschluss in "voller Autonomie". Deshalb lasse sich die Entwicklung nicht abschließend voraussagen. Ein Sprecher der Hamburger Behörde ließ zunächst alles offen: "Zur Frage einer möglichen Inhaftierung und Beantragung eines Haftbefehls erteilen wir keine Auskünfte im Vorfeld", sagte Wilhelm Möllers.

Für den Einsatz im Golf von Aden gilt EU-Recht. Danach dürfen Piraten bis zu zwölf Tage festgehalten werden. Sollte bis dahin keine Entscheidung für einen Haftbefehl in Deutschland vorliegen, dürften sie an kenianische Behörden übergeben werden. Die USA, Großbritannien und Frankreich haben hierfür bereits früher Abkommen mit Kenia geschlossen. Kenia ist ein Nachbarland Somalias. Aus Somalia kommen die meisten Piraten. In Kenia wächst die Sorge, dass es wegen der Zusammenarbeit mit dem Westen im Antipiratenkampf zu Racheterrorakten aus dem Nachbarland kommen könnte.

"Damit ist die Tür geöffnet, dass Piraten in der Region verurteilt werden können", sagte ein EU-Diplomat mit Blick auf das am Freitag in Nairobi zwischen dem kenianischen Außenminister Moses Wetangula und der tschechischen Botschafterin Margita Fuchsova unterzeichnete Abkommen. In den rund zweimonatigen Verhandlungen habe die EU insbesondere darauf bestanden, dass Kenia die Grundsätze der Europäischen Menschenrechtskonvention einhält, wonach Folter verboten ist und ein gerechter Prozess gewährleistet werden muss, hieß es in Brüssel. Kenia sichert in der Vereinbarung zu, dass jeder der Piraten "Anspruch auf ein Urteil innerhalb angemessener Frist oder auf Entlassung" habe. Nach den Angaben eines EU-Diplomaten gelte das Abkommen ab sofort, auch wenn es noch von einigen EU-Mitgliedstaaten ratifiziert werden müsse.

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